Über 150 Unternehmen und Marken haben sich im Zuge der #ZusammenGegenCorona-Kampagne zusammengeschlossen und rufen gemeinsam zum Impfen auf. Denn: Wo die Politik versagt, muss die Wirtschaft ran. Mal wieder.
Slogans und Claims werden hierfür instrumentalisiert, indem der Begriff "Impfen" eingebaut und damit eine neue Botschaft kreiert wird. "Impfen lohnt sich." Initiator der Werbeaktion ist die Agentur Antoni, der Grundgedanke: Marken haben nicht nur Reichweite, sondern auch Einfluss. Und das trifft es auf den Punkt. Marken schaffen emotionale Bindungen, Vertrauen und nicht zuletzt Orientierung. All die Dinge, die unsere gespaltene und rätselnde Gesellschaft jetzt sucht und braucht, um ins Handeln zu kommen.
Es zeigt, welche Macht Marken in unserer Gesellschaft haben und welche Machtlosigkeit derweil die Politik hat. Das Credo IMAGE. MACHT. ERFOLG zeigt, wie es gehen kann, wenn eine Unternehmensphilosophie für etwas steht und damit Haltung zeigt. Es schweißt augenscheinlich zusammen, sorgt für Dynamik, was mit leeren Floskeln der Politik nicht zu schaffen war. Eine Kampagne, die den Ehrenkodex "Einer für alle, alle für einen." aufleben lässt und Momentum schafft. Zumindest für ein "Jetzt".
"Impfen lohnt sich." Jedenfalls für die Unternehmen, die Teil der Kampagne sind. Wirklich? Zumindest bei den Impfbefürwortern unserer Gesellschaft. Denn bei allen Chancen gibt es auch Risiken. Denn es gibt auch nach wie vor eine nicht unbeachtliche Zahl an Menschen, die der Corona-Impfung kritisch gegenüberstehen. Und dies sind auch Konsumenten. Hier wird sich das Wir-Gefühl und die Identifikation mit den teilnehmenden Unternehmen in Grenzen halten. Wer Marken und Unternehmen führt, muss auch in die Zukunft schauen, und was passiert, wenn sich in den kommenden Jahren doch herausstellt, dass die Corona-Impfung bei einigen Menschen Spätfolgen entwickelt? Ein Thema, über welches ungern gesprochen wird. Denn wer beschäftigt sich schon gerne mit Glaskugel-Lesen. Aber wie heißt es so schön – nach der Kampagne ist vor der Kampagne.
Fakt ist: Nichts stellt die Gesellschaft, das freundschaftliche und familiäre Miteinander derart auf die Probe, wie die aktuelle Corona-Pandemie. Impfen oder nicht. Fragen über Fragen, gepaart mit Ängsten und Unsicherheiten. Und der ein oder andere fragt sich, suchen wir nicht den Sinn im Unsinn? Und je nach Perspektive heißt die Antwort stets "ja". Und doch bedeutet das "Ja", je nach Perspektive, etwas anderes.
Fakt ist aber auch: Für Marken ist es ein strategischer Schachzug, das eigene Image über ein brisantes bzw. aktuelles Thema zu fördern und mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Die digitale und kommunikative Vernetzung bringt dabei die Markenwelt auf Touren. Marken haben derweil die verantwortliche Aufgabe, die Gestalter des neuen Werte- und Wirtschaftssystems zu sein. Ein massives Überangebot lässt die gute alte Markentreue schwinden und zahlreiche Unternehmen beschweren sich. In Zeiten, in denen Marken und Unternehmensgesichter immer mehr verwässern, ist das Thema "Haltung und Werte in Unternehmen" zur Bildung einer neuen und zukünftigen Kunden- und Mitarbeitergeneration essentiell. In schnelllebigen Zeiten suchen junge Generationen Orientierung und Vertrauen. Unternehmen, die dies bieten, schaffen bereits jetzt die Grundlage einer neuen Kundengeneration und binden junge Käufergruppen an sich und ihr Unternehmen. Hat der potentielle Kunde Vertrauen gefasst, hilft ihm dies bei der Kaufentscheidung. Somit werden die Unternehmenswerte, sogenannte Soft-Facts, zu kaufentscheidenden und umsatzrelevanten Hard-Facts. Unternehmen mit einer starken Werte-DNA können somit Umsatz- und Wertsteigerungen um bis zu 50 Prozent erzielen.
Erfolgreiche Marken der Zukunft haben es verstanden. Sie zeigen Haltung und schaffen ein Identifikationsangebot. Die Menschen haben in Zeiten von höher, schneller und weiter ein zunehmendes Bedürfnis nach Orientierung und Vertrauen. Zahlreiche Unternehmen haben es verpasst, die eigene Unternehmenskultur und kommunizierte Marken-DNA dem radikalen Wandel der Gesellschaft sowie der Märkte anzupassen.
Sie tun es alle. Was genau? Unternehmen und Marken reden über Ihre Produkte und verschwinden damit in der Austauschbarkeit und werden irrelevant. Dabei ist bereits weit vor Corona ganz klar, in einem immer härter umkämpften Markt mit Preis- und Produktgleichheit wird die Haltung eines Unternehmens immer mehr zur alles entscheidenden Wirtschaftskraft. Das heißt im Klartext, Konsumenten kaufen weniger das Produkt als vielmehr das Gefühl, das beim Kauf entsteht oder durch das Produkt erworben wird.
Fazit: BrandBoost in Zeiten der Corona-Pandemie
Die eigene Marke in Verbindung zu aktuellen, gesellschaftlichen Themen zu setzen, ist eine Chance, kurzfristig einen massiven Aufmerksamkeits- und Identifikations-Boost zu erzielen. Für das Image der eigenen Marke darf man auch gerne einmal unter die Gürtellinie gehen – wie der deutsche Autovermieter Sixt im Wahlkampf 2021 erneut deutlich gemacht hat. Über dem Slogan "Sie verwenden ungern eigenes?" ist Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock mit nach unten gezogenen Mundwinkeln zu sehen. Im Hintergrund ein Mietwagen der Münchner Autovermietung. Die Reaktion der Community ist auch hier gespalten. Die einen befürworten das gewagte Kampagnen-Management der Münchner, andere verurteilen die politisch geladenen Werbemaßnahmen. Doch Vorsicht, Aktionen wie diese bieten allerdings auch Risiken und ersetzen keinen nachhaltigen und eigenen Marken-Aufbau.
Autorin:
Nadine Dlouhy ist mehrfach ausgezeichnete Top-Expertin für strategische Markenentwicklung und Positionierung. Als CEO der BrandLite GmbH unterstützt sie Unternehmen dabei, Marken digital sichtbar und erlebbar zu machen. Zudem ist sie als Dozentin an der Hochschule Fresenius University of Applied Science tätig – ihre Schwerpunkte liegen hier mitunter im Bereich "Digitale Innovation" und "Strategisches Management".Mit Ihrem Buch "Think Innovation - der Management-Ratgeber" ist sie Amazon-Bestseller-Autorin und zählt zu den Top10 Coaches in D/A/CH. Regelmäßig wird Nadine Dlouhy von renommierten Medien, wie z.B. N-TV, FOCUS, W&V, WDR u.v.m. als Expertin interviewt.