Kommentar

Bankenunion – Fluch oder Segen?


Bankenunion – Fluch oder Segen? News

Die Entwicklungsdynamik der letzten Jahrzehnte in der Finanzindustrie war atemberaubend und hat im Zuge der Finanzmarktkrise seit 2007, das heißt seit nunmehr rund fünf Jahren, die Volkswirtschaften der USA und Europas "at risk" gestellt. Ohne das couragierte Eingreifen der Politik – koordiniert von den G20 und dem Financial Stability Board – hätten wir die Kernschmelze des globalen Wirtschaftslebens gesehen. Wir standen am Abgrund.

Es muss deshalb alles getan werden, um den modernen Leviathan zu zähmen. Im Mittelalter stand dieser noch für Chaos, Unordnung und Sündhaftigkeit, in der neuzeitlichen Mythologie eines Thomas Hobbes für die Allmacht des Staates. Heute erscheinen die Finanzmärkte allmächtig und treiben die Nationalstaaten vor sich her. Die von der US-Subprime-Krise und dem Zusammenbruch von Lehman-Brother ausgelöste Finanzmarktkrise führte zu einer Vielzahl von Bankpleiten in den USA und in Europa. Nur durch massive Beihilfen der öffentlichen Hand und damit der Steuerzahler konnte der volkswirtschaftlich unverzichtbare Finanzsektor erhalten werden.

Über Jahre hinweg haben Investmentbanker und Händler die Gewinne genutzt, um Millionengehälter "einzusacken". Nun mussten die Verluste vom Steuerzahler übernommen werden. Wir sollten aber dabei nicht vergessen, dass Systemrelevanz bzw. "too big to fail" in Kombination mit laxer Aufsicht zum "Moral Hazard" geradezu eingeladen haben.

Von der Finanz- zur Staatsschuldenkrise

Die Konjunktur brach im Zuge der allgemeinen Verunsicherung im Jahr 2009 in Europa und den USA massiv ein. Bankenrettung und das notwendige Gegensteuern durch "Deficit Spending" trieb die Staatsschulden insbesondere in den südeuropäischen Ländern auf neue Höchststände. Hier hatte man zuvor schon – durch niedrige Zinsen animiert – mit hohen Lohnsteigerungen und ungebremsten Staatsausgaben allenthalben über seine Verhältnisse gelebt und in Spanien zudem ein Immobilienpreisblase zugelassen.

Die Ergebnisse sind bekannt: Griechenland, Irland und Portugal mussten im Jahr 2010 durch Einsatz des Rettungsschirm EFRF mit zusammen fast 300 Mrd. Euro gerettet werden, Griechenland stolpert von der einen Rettungsmaßnahme in die nächste. Und auch ein privater Schuldenschnitt von rund 100 Mrd. Euro hat bisher wenig bewirkt.

Spanien und Italien mussten – aufgrund des Vertrauensverlustes an den internationalen Kapitalmärkten – temporär hohe Zinsaufschläge - in der Spitze von bis zu fünf Prozent  - bezahlen, diese Credit Spreads belasteten nicht nur den Staatshaushalt sondern auch deren Realwirtschaft .

Massiver Rekapitalisierungsbedarf

Dagegen hat Deutschland als Fluchtburg und einziges im Euroraum verbliebenes großes AAA-Land bis heute rund 60 Mrd. Euro an Zinsen eingespart und zählt damit zu den Krisengewinnern.

Der erste Stresstest der Anfang 2011 an den Start gegangenen europäischen Bankaufsichtsbehörde EBA, die zuständig für das "rule book", aber nicht die operative Bankenaufsicht ist, erbrachte für die Zielgröße neun Prozent Kernkapital nach Stress für die gut 60 größten europäischen Kreditinstitute einen beachtlichen Rekapitalisierungsbedarf von 115 Mrd. Euro, davon 13 Mrd. Euro für deutsche Banken.

Kurz darauf wurde für eine Vielzahl spanischer Regionalbanken ein zusätzlicher Rekapitalisierungsbedarf von insgesamt bis zu 100 Mrd. Euro identifiziert. Diese nachgelagerte Erkenntnis war für die Reputation der EBA nicht gerade förderlich. Heute geht man erfreulicherweise nur noch von 50 Mrd. Euro Rekapitalisierungsbedarf für die kleineren Spanischen Banken aus.

Sind das nun überraschend große Beträge? Keinesfalls, wenn man bedenkt, dass die Total Assets/Liabilities der Euro-Banken insgesamt 35.000 Mrd. Euro ausmachen. Die Bankschulden der 17 Eurostaaten machen somit mehr das 3-fache aller Euro-Staatsschulden von rund 10.000 Mrd. Euro aus; auf Deutschland entfallen hiervon rund 25 Prozent. Und hierbei ist die Konzentration auf wenige Institute groß: auf die 50 größten Banken entfallen 21.000 Mrd. Euro, d. h. rund 60 %. Nimmt man noch weitere 150 große Institute hinzu, dann entfallen auf die 200 größten Banken gar 95 Prozent aller Aktiva, wogegen auf die knapp 6.000 kleineren Institute der Eurozone nur 5 Prozent der Aktiva entfallen.

Intransparente Kreditvergabe  und  makroökonomische Risiken

Die Statistik der Kreditvergabe der EU-Länder nach Kreditzweck/Kundengruppen ist wenig transparent, insofern gibt es auch kaum brauchbare Statistiken zur privaten und gewerblichen Immobilienfinanzierung. In Spanien soll es zur Zeit notleidende Immobilienfinanzierungen von mindestens 150 Mrd. Euro geben. Ich schätze das tatsächliche Volumen um ein Vielfaches höher ein. Davon ausgehend, dass ein Finanzierungsvolumen von 150 Mrd. Euro bei 100 Prozent und mehr Beleihung ausläuft und noch nicht wertberichtigt wurde, führt jeder weitere Vermögenswertverfall in gleicher Höhe zu  Abschreibungen. Zusätzlich 30 Prozent Wertverfall führt auf dieses Volumen zu einem Abschreibungsbedarf von 45 Mrd. Euro bei den finanzierenden Banken. Und in 2011 und 2012 sind die Immobilienwerte in Spanien geradezu eingebrochen und haben sich vielerorts halbiert.

Ich würde deshalb nicht ausschließen, dass uns von spanischen Banken noch manche Überraschung zu Ohren kommen wird. Wir benötigen deshalb dringend transparente – nach einheitlichen Kriterien – aufgestellte Kreditstatistiken der EU- und Euro-Länder , damit die EBA und die EZB-Bankenaufsicht die Banken auf die  Angemessenheit der gebildeten Risikovorsorge überprüfen können, um zukünftig  solche Überraschungen zu vermeiden. Ich möchte nicht ausschließen, dass in den nächsten Jahren im Zuge der Schaffung von Transparenz noch ein beachtlicher Rekapitalisierungsbedarf von Banken einzelner Länder (insb. in Spanien w/Einbruch  der privaten Immobilienmärkte) zu Tage treten dürfte.

Es wird  viel über die Risiken des Investment-Banking und von Handelsgeschäften gesprochen. Sowohl die Subprime-Krise der USA als auch die Bankenkrise in Spanien resultieren aber aus Risiken der privaten Baufinanzierung, allerdings ist es den USA gelungen, ihre Risiken zu internationalisieren. Mit Hilfe der Investment-Banken wurden komplexe Verbriefungen aus diesen privaten Baufinanzierungen konstruiert, um auch "stupid banks" aus Europa am Risiko teilhaben zu lassen.

Nur wenn wir zukünftig solche makroökonomischer Wirkungszusammenhänge besser verstehen, kann es uns gelingen, Finanzkrisen und deren Effekte auf die Realwirtschaft zu begrenzen. Insofern ist neben der EZB-Geldpolitik und der EZB-Bankaufsicht auch der  bei der EZB angesiedelte European Systemic Risk Board(ESRB) so wichtig. Alle drei Organe müssen für einen regen Gedankenaustausch Sorge tragen. Getrennte und klare  Verantwortlichkeiten verbunden mit guter Kommunikation; letztere hängt auch von räumlicher Nähe ab.

Auf dem Weg zu einer besseren europäischen Bankenregulierung

Jetzt endlich wurde der Wunsch nach einer besseren europäischen Bankenregulierung, die zu einer Entkoppelung des Teufelskreises Banken- und Staats-Solvenz (und Insolvenz) führt, laut. Eigentlich nichts Neues, denn bereits mit der Einführung des Maastricht-Vertrages von 1992 haben Wissenschaftler eine Reform der Europäischen Bankenregulierung angemahnt und wiederholten diese Forderung im Rahmen des De-Larosiere-Report aus dem Jahr 2009.

Aber Mammutprojekte werden in Europa wohl nur in der Krise – wenn die Not am größten ist – angepackt. So erklären die 17 Eurostaaten, denen durch die gemeinsame Währung die nationalen Ausgleichsmechanismen Wechselkursanpassung und Zinspolitik abhandengekommen sind, auf ihrer Gipfelerklärung vom 29. Juni 2012: "[...] Die Kommission wird in Kürze auf Grundlage von Artikel 127 Absatz 6 (des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) Vorschläge für einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus unterbreiten. Wir ersuchen den Rat, diese Vorschläge dringend bis Ende 2012 zu prüfen."

Sobald unter Einbeziehung der EZB ein wirksamer einheitlicher Aufsichtsmechanismus für Banken des Euro-Währungsgebietes eingerichtet worden ist, hätte der ESM nach einem ordentlichen Beschluss die Möglichkeit, Banken direkt zu rekapitalisieren.

Zentrale Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB

Im September 2012 hat EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier für die EU-Kommission die Pläne zu einer "Bankenunion" vorgestellt, übrigens in Übereinstimmung mit dem EZB-Präsidenten Mario Draghi. Die Europäische Kommission hat diese Vorschläge für eine Verordnung des Rates (Regulation, also keine Umsetzung in nationales Recht erforderlich) am 12. September 2012 veröffentlicht:

Zentraler Bestandteil ist eine einheitliche Bankenaufsicht in den 17 Euro-Ländern durch die Europäische Zentralbank (EZB). Notleidende Banken sollen zukünftig direkt – also ohne Umwege über die Regierungen – Geld aus dem Rettungsfonds ESM erhalten (damit Schaffung einer europäischen Soffin). Später sollen auch die Sicherungssysteme für die Einlagen Europäischer Sparer von einer gemeinsamen Einlagensicherung ersetzt werden. Die nationalen Fonds zur Abwicklung notleidender Banken sollen auf Europäischer Ebene koordiniert werden.

Die zentrale Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank wird ihre Arbeit frühestens im März 2014 aufnehmen und sich in der unmittelbaren Überwachung auf rund 150 bis 200 große Banken beschränken, rund 30 entfallen davon auf Deutschland. Darauf haben sich am 13. Dezember die EU-Finanzminister verständigt. Sollte die dazu erforderliche EU-Verordnung nicht bis zum März kommenden Jahres verabschiedet werden können oder braucht die EZB mehr Zeit zum Aufbau ihrer Bankenaufsicht ist eine weitere Verzögerung nicht auszuschließen.

Allerdings soll es eine Ausnahme dafür geben, dass die EZB bereits früher die direkte Aufsicht über ein Institut übernehmen kann: Wenn der Euro-Rettungsfonds ESM mit einem einstimmigen Beschluss einen entsprechenden Antrag stellt. Der neue, zentralisierte Aufsichtsmechanismus ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass eine Bank aus dem ESM unter bestimmten Bedingungen rekapitalisiert werden kann.

EZB-Bankenaufsicht nur für Banken mit einer Bilanzsumme von mindestens 30 Milliarden Euro

Nach dem Beschluss der Finanzminister wird die EZB die Aufsichtsverantwortung für Banken übernehmen, die eine Bilanzsumme von mindestens 30 Milliarden Euro haben oder für mehr als 20 Prozent der Wirtschaftsleistung ihrer Heimatländer aufkommen, oder mit Blick auf kleinere Länder, es sich um die drei größten Banken des Landes handelt. Alle anderen Banken bleiben unter der Aufsicht der nationalen Aufseher. Allerdings soll die EZB die nationalen Aufseher im Auge behalten und das Recht erhalten von sich aus einzugreifen.

Die zentrale Aufsicht gilt für alle Euro-Staaten. Sie steht auch Ländern, die die Gemeinschaftswährung nicht eingeführt haben,  offen. Bei der EZB wird ein Aufsichtsgremium eingesetzt, dessen Vorsitzender von den EU-Regierungen bestimmt wird, ebenso sein Stellvertreter, der aus dem Kreis der sechs EZB-Direktoren kommen soll. Die EZB wird vier weitere Mitglieder in dieses Entscheidungsgremium entsenden. Die Entscheidungen sollen mit qualifizierter Mehrheit auf der Basis der Stimmengewichtung im Ministerrat getroffen werden. Danach hat etwa Deutschland 29 Stimmen und Frankreich 27.

Für Streitfälle wird ein Vermittlungsausschuss eingerichtet, in den jeder an dem Aufsichtssystem teilnehmende Mitgliedstaat einen Vertreter entsendet, die EZB aber nicht vertreten sein darf. Entscheidungen des EZB-Aufsichtgremiums können vor dem Europäischen Gerichtshof angefochten werden.

Die Entscheidung der Finanzminister ist noch kein formaler Beschluss. Damit die Gesetzgebung zur Schaffung des neuen Aufsichtsmechanismus in Gang kommt, muss über beide dafür erforderlichen Verordnungen zunächst mit dem Europäischen Parlament verhandelt werden. Die Abgeordneten haben zwar keine Mitsprache über die neuen Kompetenzen für die EZB, wohl aber über Änderungen an der Verordnung zur Europäischen Bankenaufsicht EBA, die für die Banken aller 27 EU-Staaten zuständig ist.

Die Bankenaufsicht gilt als erster Schritt hin zu einer Bankenunion mit gemeinsamen Abwicklungsfonds. Die beiden EU-Gesetzgeber verhandeln derzeit noch über harmonisierte Regeln der nationalen Abwicklungsfonds und der Einlagensicherungssysteme sowie über neue Vorgaben zur Eigenkapitalausstattung der Banken Basel III, CRR und CRD IV werden demnach ebenso verzögert um ein Jahr ab Anfang 2014 in Kraft treten.

Rechenschaft der neuen EZB-Bankenaufsicht

Die EZB entscheidet zukünftig über Banklizenzen und deren Entzug, über Fusionen und Verkäufe von Geschäftsbereichen sowie die Kapital-und Liquiditätsausstattung der von ihr unmittelbar beaufsichtigten rund 150 bis 200 größten Euro-Banken. Sie kann auch Strafen und Geldbußen aussprechen. Hierbei muss die EZB ihre Aufsichtsaufgaben in völliger Unabhängigkeit ausüben können und gleichzeitig in vollem Umfang für ihre Maßnahmen rechenschaftspflichtig sein.

Wie ist es nun um diese Rechenschaft bestellt? Nun, die EZB hat jedes Jahr dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und der Eurogruppe einen Bericht über die Wahrnehmung der durch Verordnung an die EZB übertragenen Aufgaben vorzulegen. Der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der EZB kann angehört werden. Ob allerdings die EZB mündlich oder schriftlich auf Fragen antwortet, die das Europäische Parlament oder die Euro-Gruppe stellen, bleibt der EZB überlassen.

Die EZB soll mit angemessenen Ressourcen ausgestattet werden, hierbei dürfte sie sich auch Mitarbeiter der nationalen Aufsichtsbehörden bedienen, denn "im Interesse einer wirksamen Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben sollte die EZB über angemessene Ressourcen verfügen." Da der EZB-Haushalt nicht Bestandteil des Haushalts der Europäischen Union ist, muss die EZB selbst für die Abdeckung ihrer Kosten aus der Bankenaufsicht sorgen, wobei die Kosten im Wesentlichen von den beaufsichtigten Banken in Form von Gebühren selbst zu übernehmen sind. Wie das konkret ausgestaltet werden soll, ist mir nicht bekannt.

Was bleibt für die nationalen Aufsichtsbehörden?

Was bleibt für die nationalen Aufsichtsbehörden, außer der Tatsache, dass sie weisungsgebunden gegenüber der EZB verantwortlich für die Bankenaufsicht der rund 6.000 kleineren Banken mit einer Bilanzsumme von unter 30 Mrd. Euro zuständig sind? Nun, Verbraucherschutz, die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten aus Drittländern, die eine Zweigstelle in der EU errichten und die Überwachung von Zahlungsdienstleistungen sowie kleineren Instituten, wie etwas Volksbanken oder Sparkassen. Sonderlich attraktiv scheint mit das Berufsbild eines Mitarbeiters bei der BaFin im Vergleich zur EZB-Bankenaufsicht dann nicht mehr zu sein. Es dürfte so ein Leichtes sein, gute Mitarbeiter für die EZB-Bankenaufsicht abzuwerben.

Selbstverständlich soll und muss für eine leistungsfähige Bankenunion die EZB auch mit der Beaufsichtigung der Banken im Rahmen der Capital Requirement Directive (CRD4) beauftragt werden. Hier geht es um Fragen der Säule 2 von Basel 3, das heißt der Vorhaltung von internem (ökonomischen) Kapital, von geeigneten internen Organisationsstrukturen der Banken und der Corporate-Governance-Regeln. Bei Unzulänglichkeiten soll die EZB geeignete Maßnahmen ergreifen können, einschließlich der Festlegung besonderer Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen. Deren Umsetzung wird sie weisungsgebunden den nationalen Aufsichtsbehörden überlassen.

Wie sieht die Arbeitsteilung der EZB mit der EBA aus?

Die EBA soll weiterhin den Auftrag haben, für das Single Rule Book technische Standards, Leitlinien und Empfehlungen zu erstellen, aber "[...] um die Kohärenz zwischen den der EZB übertragenen Aufsichtsaufgaben und der Beschlussfassung innerhalb der EBA sicherzustellen, soll die EZB in Angelegenheiten, die in ihre Zuständigkeit fallen, die Abstimmung der Vertreter der Behörden der teilnehmenden Mitgliedsstaaten auf einen gemeinsamen Standpunkt koordinieren."

Damit  die EBA nicht  zu einer leeren Hülse wird, die von der EZB bestimmt wird, haben die Finanzminister am 13. Dezember entschieden, dass die 10 Nicht-Euro-Banken in ihrer Mehrheit ebenso EBA-Entscheidungen zustimmen müssen. Ich vermute aber, dass die EZB-Bankenaufsicht allein schon von den personellen Ressourcen her Taktgeber auch bei der EBA wird, zumal sich die  Strukturen einer für die Effektivität auch notwendigen stringenten Bankaufsicht durch die EZB klar abzeichnen. Es verwundert mich nicht, dass die Widerstände, die sich in der Wissenschaft, der Deutschen Bundesbank und den Volksbanken und Sparkassen bzw. deren Verbänden in Deutschland gegen die Bankenunion formiert haben, beachtlich waren und sind.

Nachfolgend werde ich mich noch der Frage widmen, ob es hier um "best practice" oder mehr um opportunistische Gründe handelt. Hierbei ist es notwendig, sich mit den Grundfragen des Konzeptes für eine leistungsfähige Bankenunion auseinander zu setzen.

Welche Zielsetzung steht hinter einer Bankenunion?

Welche Zielsetzungen werden also mit der Schaffung einer Bankenunion für die Eurozone in Verbindung gebracht? Unstrittig soll Hauptzielsetzung sollte sein, die negative Rückkopplungsschleife zwischen Bankenrisiko und Staatsrisiko zu kappen. Zukünftig sollen hieraus resultierende systemische Krisen möglichst ganz vermieden oder zumindest abgeschwächt werden. Aber auch die negative Rückkopplung zwischen Bankenkrise und nationaler makroökonomischer Krise steht im Fokus.

Eine Gefährdung des Euro soll durch Kappung dieser Rückkopplung ausgeschlossen werden. Eine Bankenunion schafft ein "Level-playing-Field" für alle Euro-Banken und wirkt der gefährlichen Tendenz einer Renationalisierung der Europäischen Bankenmärkte entgegen. Auch die Transparenz, Überwachung und Steuerung makroprudentieller Risiken lässt sich hierdurch verbessern. Und natürlich können als angenehmer Nebeneffekt die nationalen Politiker, wenn es schief geht nun sagen, dass die EZB bei der Aufsicht versagt hat.

In den Euroländern wurden die Staatsbonitäten durch nationale Bankenkrisen insbesondere von den Ländern beeinträchtigt, die bereits eine hohe Staatsverschuldung (wie Italien) hatten oder über andere strukturellen Defizite verfügen (beispielsweise verkrusteter Arbeitsmarkt, hohe Privatverschuldung durch AssetBubble im Residential Mortgage-Bereich wie in Spanien). Insbesondere in den Südeuropäischen Ländern leiden deshalb die Volkswirtschaften unter zu hohen Zinsen.

Steigende Credit Spreads tangieren eben nicht nur die Refinanzierung des Staates sondern auch die Realwirtschaft. Soweit Staatshaushalte nicht mehr für die Refinanzierung ihrer systemrelevanten Banken einstehen müssen, wird der Teufelskreis auch an dieser Stelle gekappt. Aber Banken halten eben im großen Umfang – auch aus Gründen ihrer Liquiditätsversorgung – nationale Staatstitel, zumal diese unverständlicherweise immer noch nicht mit Eigenkapital zu unterlegen sind. Gerade dadurch wurden Banken durch den Regulator erst so richtig in die Staatsfinanzierung hineingetrieben; übrigens genau das gleiche geschah vor rund 30 Jahren beim Investmentbanking und den Handelsprodukten. Durch die Zulassung interner Marktrisikomodelle durch die Baseler Bankenaufsicht, wurden die Banken in diesen Finanzbereich mit geringer Kapitalunterlegung hineingetrieben. Und es ging ja auch lange genug gut. Eine risikoadäquate Eigenkapitalunterlegung – orientiert am tatsächlichen Gesamtrisiko – fand im Marktrisiko leider nicht statt.

Das Bild des gierigen Bankers

Jetzt schwingt das Pendel zurück. Aber auch Autofahrer müssen charakterlich nicht verdorben sein, nur weil diese jahrzehntelang den Verkehrsschildern folgten?

Ich meine es gehört zu einer sachgerechten Diskussion, dass man die Verantwortlichkeiten klar benennt. Bankmanager haben in diesem Veränderungsprozess sicher viele Fehler gemacht, ich rechne mich auch dazu. Aber ich bitte auch die Politik und die Regulierung fair zu bleiben und sich nicht politisch mit dem Bild des "gierigen Bankers" rein zu waschen. Es ist der Regulator, der für die richtigen Rahmenbedingungen zu sorgen hat. Den Sittenverfall der Investmentbanker haben die Industriestaaten nicht nur hingenommen, es war sogar lange Zeit  "sexy" und wurde öffentlich gefördert, moderne komplexe Verbriefungen zu machen und sich im Derivathandel zu engagieren.

Übrigens würde bei der Einführung von Eurobonds sowohl der die Realwirtschaft beeinträchtigende "Credit Spread" entfallen als auch das Nationalstaaten-Risiko in den Liquiditätsbeständen der Banken. Europa ist doch ohnehin eine Haftungsgemeinschaft oder hat Deutschland wirklich eine Chance ohne Europa politisch und wirtschaftlich zu überleben? Meines Erachtens nicht.

Die 4 Elemente einer leistungsfähigen Bankenunion

Welche 4 Elemente sind nun für die Umsetzung einer leistungsfähigen Bankenunion nötig, um den Teufelskreis zwischen  Staats- und Bankenrisiko zu durchbrechen?

1. Eine leistungsfähige supranationale Aufsicht, die zumindest für die Eurozone die Standards setzt und erforderlichenfalls Durchgriffsrechte auf jedes Institut hat.

Denn auch die Ansammlung kleiner Institute mit spezifischen Geschäftsmodellen und korrelierten Zielgruppen kann hohe systemische Risiken auslösen, ich erinnere an die Savings-and-Loan-Bank-Krise in den USA. Zudem kann man nur bei einer starken und leistungsfähigen europäischen Bankenaufsicht es rechtfertigen, dass andere Euro-Länder wie Deutschland für Bankobligen von Drittstaaten haften sollen.

2. Eine Bankenunion erfordert ein System supranationaler Einlagensicherung, die den nationalen Bank-Run glaubwürdig verhindern kann und im Bedarfsfall die Lasten auf viele Schultern verteilt.

Allerdings sind die Einlagensicherungssysteme der Euro-Staaten stark divergierend und können nur schwer in ein gemeinsames System eingebracht werden. Deshalb hat man das Thema auch zurück gestellt.

3. Es bedarf suprationaler Regeln zur Abwicklung gescheiterter Banken, damit diese europaweit nach einheitlichen Standards erfolgen kann.

Die Bankenabwicklung sollte im Land A nicht mehr kosten als im Land B. Und durch "Banktestamente" (BaFin fordert jetzt auch sog. "Living Will's") und andere Vorschriften an gefährdete und gefährliche Institute (Stichworte: Likanen-Report, Sifis) sollen die Risiken der Bankpleiten konsequent reduziert werden. Und das ist gut so.

4. Notwendig ist auch ein gemeinsamer Rettungs-und Abwicklungsfonds für Banken, wodurch die Kosten nicht mehr allein den Nationalstaaten aufgebürdet werden.

Wo stehen wir jetzt bei der "Bankenunion und was bleibt noch zu tun?

Glücklicherweise  befindet sich die EU bzw. die Euro-Zone bei diesen vier wesentlichen Bestandteilen der Schaffung einer Bankenunion nicht mehr im "stadium nascendi".

Ad 1: Die gemeinsame EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA ist ab Anfang 2011 aktiv und wird durch die kurzfristig zu erwartende Verabschiedung des "Single Rule Book" (CRR und CRD 4) noch gestärkt. Nun ist Anfang Dezember der Beschluss des EU-Rates zur Bündelung der Bankenaufsicht der Euro-Länder bei der EZB gefallen. Die nationalen Parlamente werden wohl zustimmen. Dadurch erlangt die Regulierung unmittelbar Gesetzeskraft und bedarf keiner Überführung mehr in nationale Gesetze.

Ad 2: Dank EU-Rechtsvorschriften sind die Bankeinlagen in allen Mitgliedsstaaten bis 100.000 Euro gesichert.

Ad 3: Am 6. Juni 2012 wurde der Kommissionsvorschlag zu den Sanierungs- und Abwicklungsinstrumenten von Krisenbanken angenommen, allerdings muss der Rat noch zustimmen. Bereits bisher nimmt die EU-Kommission durch die Kontrolle staatlichen Beihilfen de facto die Rolle einer Krisen-und Abwicklungsbehörde ein und orientiert sich einerseits an der Wiederherstellung der Existenzfähigkeit der Bank, andererseits versucht sie, Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Beihilfen entgegen zu wirken.

Ad 4: Mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), der im Oktober 2012 wirksam wurde, stehen dem Fonds  Mittel von insgesamt 500 Mrd. Euro zur Verfügung (Haftungsrahmen 700 Mrd. Euro), diese können auch zur Bankenrettung eingesetzt werden. Das Regularium für diese im Entstehen begriffene europäische Soffin muss in den nächsten Monaten noch geschaffen werden. Immerhin haben die Euro-Regierungschefs im Dezember 2012  auf Vorschlag des EU Währungskommissars Olli Rehn und des EZB-Präsidenten Mario Draghi beschlossen, dass in 2013 für die Eurozone ein gemeinsamer Fonds zur Abwicklung maroder Banken geschaffen wird. Das System der Abwicklung von Banken soll etabliert sein, wenn das neue Banken-Kontrollsystem startet (also vor dem 1. März 2014).

Die Beiträge für diesen  neuen Euro-Banken Abwicklungsfonds sollen vom Finanzsektor selbst erbracht werden, öffentliche Mittel sollen nur als "Backstop" dienen (Bereitstellung beispielsweise über ESM ) und müssen mittelfristig haushaltsneutral sein; d. h. nachträglich hat ein Ausgleich durch Bankenabgaben zu erfolgen. Bei der Schaffung des Bankenabwicklungsmechanismus auf Ebene der Euro-Länder dürfte über die Frage, ob hier alle 6.000 Euro-Banken einbezogen werden oder nur solche, die unter der direkten Aufsicht der EZB stehen, wohl wiederum heftig gerungen werden.

Keine Frage: Die Währungsunion der 17 Euro-Staaten führt ohne Einführung einer Bankenunion zu einer prozyklischen Fiskalpolitik, im Zuge gehen die Banken und Staaten der schwächeren Nationen gemeinsam unter. Nur mit einer Bankenunion ist eine antizyklische Fiskalpolitik möglich und das System besitzt zudem eine größere Schockabsorption durch den Ausgleichsmechanismus der Bankenunion und die Liquiditätsversorgung der Banken durch die EZB. Kreditversorgung und Konjunktur lassen sich so besser aufeinander abstimmen.

Am Bespiel des Bundesstaates USA lässt sich zeigen, dass ein schwächerer Staat (wie beispielsweise Kalifornien) bei optimalen Bankstrukturen nur einen geringen Einfluss auf die Realwirtschaft und die Solvenz der Banken Kaliforniens hat; da diese der FDIC und dem US-Government und nicht dem Staat Kalifornien unterstellt sind.

Bankenunion: welche Probleme werden uns die nächsten Jahre begleiten?

Bankenprobleme rechtzeitig zu erkennen und zu begrenzen erfordert – wie Spanien und Irland überdeutlich zeigten – eine wirksame europäische Bankenaufsicht. Und hier ist man mit dem Barnier-Vorschlag auf einem guten Weg, der hoffentlich nicht noch im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens verwässert wird. Denn nur eine starke Bankenunion kann im Interesse Deutschlands liegen, das für Fehlentwicklungen am stärksten gefordert sein wird, die "Zeche" zu bezahlen. Wir müssen wissen: wenn wir Sonderrechte fordern, dann  wollen die anderen Länder diese auch haben und die EZB-Bankenaufsicht wird dadurch geschwächt.

Aber die Schaffung einer Bankenunion wirft eine Vielzahl von weiteren Fragen auf, für die eine Lösung gefunden werden muss. Ich möchte auf sieben Punkte eingehen:

1. Moral Hazard

Hier geht es um das in Banken beliebte Spiel, wonach in guten Zeiten das Management die hohe Gewinne für sich und seine Aktionäre beansprucht und in schlechten Zeiten der Staat und damit der Steuerzahler für die Ausfälle gerade stehen soll.

Bei der Schaffung einer Bankenunion gibt es sogar zwei Moral Hazard Probleme; eines ex ante und eines ex post.

Ex ante: Es besteht das Problem, dass unterschiedlich gesunde Banken in das System der Bankenunion eingebracht werden. Für schwächere Banken ist selbstverständlich das Ausfallrisiko höher und sollte zumindest durch einem höheren (laufenden) Beitrag in den Restrukturierungsfonds kompensiert werden. Soweit der ESM zunächst herangezogen werden soll, wäre dies natürlich nicht der Fall, da zunächst  keine Differenzierung der Garantiehaftung nach der Bankenbonität vorgenommen wurde.

Deutschland partizipiert an den Ausfallrisiken mit beachtlichen 190 Mrd. Euro; und sollten mit den Fondsmitteln in der nächsten Zeit nur ausländische Banken mit den ESM-Mitteln restrukturiert werden müssen, dann begehen die anderen Euro-Länder gegenüber Deutschland "Moral Hazard".

Ex Post: Es besteht das Problem, dass es auch nach Schaffung der Bankenunion einen fortdauernden nationalen Einfluss auf die Banken geben wird. die Banken sollen eben vorrangig den Interessen der nationalen Wirtschaft dienen: beispielsweise durch eine großzügige Kreditvergabe, die die Wirtschaft temporär ankurbelt. Die später entstehenden erhöhten Ausfallrisiken sind dann ja von allen Ländern der Bankenunion mit zu tragen.

Die Kosten von Fehlentwicklungen in der Euro-Bankenindustrie sind hoch, denn die Bankschulden sind  in der Euro-Zone mit rund 35.000 Mrd. Euro fast dreimal so hoch wie die Staatsschulden, dagegen beträgt die Relation in den USA nur 0,8. Fehlentwicklungen in dem Bankensystems kosten in Europa somit deutlich mehr Geld als in den USA. Und es wäre deshalb auch wünschenswert, wenn die klassische Bankfinanzierung in Europa stärker von der Kapitalmarktfinanzierung ersetzt würde.

Wollen wir aber noch Banken, die stark im Investmentbanking sind? Ist es denn vertretbar, dass die Steuerzahler der noch soliden Euro-Länder für die Rettung von Banken in maroden Euro-Ländern in die Haftung genommen werden? Und dies ohne, dass die betroffenen Staaten für Ihre Banken zukünftig noch spezifische Haftungsrisiken tragen? Und führt die Vergemeinschaftung der Bankenrisiken nicht zur Zwietracht unter den europäischen Ländern, da die schwächeren Staaten versuchen werden, die Haftungssummen zu vergrößern und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme aufzuweichen? Hier stellt sich nicht nur eine moralische Frage, sondern auch, ob mit Einführung der Bankenunion nun ein weiterer Spaltpilz in die Eurozone gebracht wird. Auf jeden Fall brauchen wir eine starke Bankenaufsicht durch die EZB ohne "Wenn und Aber", um genau diese Situation nicht eintreten zu lassen.

2. Welche Aufsichtsphilosophie ist zukunftsorientiert ?

Hier gibt es drei denkbare Ansätze:

a) regelbasiert: analog BaFin mit dem Nachteil, dass hiermit eigentlich nur eine vergangenheitsorientierte Aufsicht am geronnenen Abschluss der Banken möglich ist. Risiken entstehen aber nur in der Zukunft.

b) Risikoorientiert, beispielsweise durch die Forderung nach der Bildung von zusätzlicher Risikovorsorge für schwächere Portfolien. Diesen in Spanien praktizierte Ansatz, der zumindest für die beiden spanischen Großbanken die Ausfallrisiken gut unter Kontrolle brachte, würde ich präferieren.

c) Geschäftsmodellorientiert: hier müsste die Bankenaufsicht Einfluss nehmen auf die Geschäfts- und Risikostrategie der Bank , um "through the Cycle" die Volatilitäten zu begrenzen.

3. Restrukturierungsfonds/-regeln

Die Idee sich undifferenziert des ESM zu bedienen ist für Länder mit schwachen Banken die beste Lösung, benachteiligt dagegen Deutschland massiv. Zumindest für die Zukunft sollten deshalb bonitätsorientierte Beiträge der Banken für den ESM vereinbart werden.

Die EZB muss wirksame Durchgriffsrechte bei schwachen und insolventen Banken erhalten. Im Rahmen eines harmonisierten  Europäischen Banken-Restrukturierungsrechts  muss die Rekapitalisierung schwächer Banken durch Ablösung der bisherigen Anteilseigner und Umwandlung von Bankschulden in Eigenkapital durchgesetzt werden. Dies erfordert ein einheitliches Europäisches Restrukturierungsverfahren und klare Regeln der Vergabe von neuen Eigenmitteln durch den ESM. Zielsetzung muss sein, dass die ESM die Banken so erfolgreich restrukturiert, dass sie später einmal mit Gewinn die Anteile wieder verkaufen kann.

Da Bankenrestrukturierungen  zunächst sehr kostspielig sein können und ein Zugriff der EZB in die Budgets der Nationalstaaten nicht möglich ist, muss vorher geregelt werden, von wem die Lasten zu tragen sind. Ist die Bankpleite erst da, setzt ein Bargaining-Prozess um Beiträge ein, der den Zusammenhalt der Eurostaaten belasten könnte.

Eine Vereinheitlichung von Bankabwicklungsregeln nimmt Einfluss auf die nationalen Isolvenz-, Arbeits-und Steuergesetze. Wie und wann wird dieser Rechtskonflikt gelöst?

4. Umsetzung der Bankenunion und Arbeitsteilung EZB-Bankenaufsicht mit nationaler Bankenaufsicht

Würden  nur die 20 bis 25 größten europäischen Banken direkt von der EZB überwacht, wäre die Risikowahrnehmung der EZB aus meiner Sicht stark eingeschränkt. Bei der direkten Aufsicht der rund 150 bis 200 größten europäischen Banken hat die EZB dagegen bis zu 95 Prozent der Assets der Euro-Banken unter ihrer direkten Kontrolle. Dann verblieben zwar immer noch rund 6.000 Banken unter der nationalen Bankenaufsicht, aber mit überschaubaren Assets. Aber die EZB muss die Aufsicht über die Europäischen Sifis auch leisten können. Binnen Jahresfrist wird eine völlig neue Organisation für die EZB-Bankenaufsicht geschaffen. Dies dürfte für alle, die hieran mitwirken, eine faszinierende Aufgabe sein.

Der Transformationsprozess in der Bankenaufsicht durch Schaffung einer Bankenunion unter Führung der EZB muss sorgfältig überwacht werden, "black holes", d. h. ein Aufsichtsvakuum darf es zu keiner Zeit geben. Wie überhaupt die Schaffung von Zahlentransparenz und Vergleichbarkeit bei den europäischen Banken nun endlich angegangen werden muss. Die Gefahr eines Aufsichtsvakuums wird umso größer, je genauer die Politik glaubt, der EZB hierbei Vorschriften machen zu müssen.

Genauigkeit vor Schnelligkeit kann insofern die Aufsichtsrisiken sogar vergrößern. Es wäre sicher besser, die Details der Umsetzung und Arbeitsteilung mit den nationalen Aufsichtsbehörden der EZB  weitgehend selbst zu überlassen. Ich bin sicher, dass hier sachgerechte Lösungen gefunden würden.

5. "national bias"

Hier ist die EZB als neue Bankaufsichtsbehörde im Rahmen der Zuständigkeit für den Pillar 2 gefordert, diesen "bias" so klein wie möglich zu halten.

a) Da Euro-Banken derzeit im großen Umfang nationale Staatsanleihen zur Liquiditätsversorgung halten, muss dieser Bestand zur Entkoppelung von den nationalen Staatsrisiken begrenzt oder mit Diversifikationsauflagen versehen werden.

Grundsätzlich sollte durch eine angemessene EK-Unterlegung die Bedeutung der Staatstitel an den Bankbilanzen deutlich zurück gedrängt werden.

b) Bankrisiken resultieren im großen Umfang aus länderspezifischen Credit Risks. Das sind neben den Staatsrisiken natürlich die Finanzierung von lokalen Assets (insbesondere Real Estate) und anderen national korrelierten Risiken bei Privat- und Firmenkunden (beispielsweise über die Branche oder Region, wenn ein großer Arbeitgeber insolvent wird). Diese Besonderheiten darf auch eine supranationale Bankenaufsicht nicht negieren.

Durch die Renationalisierung der Bankenportfolios haben sich die Korrelationsrisiken auf der Assetseite der Banken erhöht. Es ist somit anzustreben, die Bankenportfeuilles wieder stärker über die ganze Euro-Zone hinweg zu streuen, aber ohne hierdurch die großen Banken noch stärker wachsen zu lassen. Das ginge aber nur bei der Spezialisierung auf Kundengruppen, Produkte oder Assetklassen, wodurch nun aber die Korrelationsrisiken von dieser Seite ansteigen. Wie auch immer, eine schwierige Aufgabe.

c) Begrenzt die EZB im Rahmen ihrer Geldpolitik die mittelfristigen Credit Spreads nimmt sie Einfluss auf die Marktkräfte, die wichtige Signale über Bonitätsveränderungen darstellen. Zudem kann hierdurch einer laxen Fiskalpolitik Vorschub geleistet werden. Eigentlich sollte die EZB mit ihrer Geldpolitik nicht versuchen, die Marktwahrnehmung für Bonitätsveränderungen zu beeinflussen. Je stärker die EZB in der Bankaufsicht wird, umso mehr sollte sie in der Geldpolitik auf die Beeinflussung von Credit Spreads verzichten können.

6. Überwachung "through the Cycle"

Nur eine starke mikro- und makroprudentielle Aufsicht kann Fehlentwicklungen frühzeitig erkennen und rechtzeitig gegensteuern. Die Steuerung "Makroprudentielle Risiken", die häufig durch nationale Fehlentwicklungen verursacht sind, erfordert aber auch gezielte Eingriffe in nationale Bankensysteme bzw. deren Portfoliogenerierung durch die EZB. Hierdurch sind Konflikte mit den Nationalstaaten vorprogrammiert. Die Herausforderung für die Unabhängigkeit der EZB in der Bankenaufsicht wird mindestens so groß wie bei der Geldpolitik.

7. Räumliche Ansiedlung der EZB-Bankenaufsicht

Die Unabhängigkeit der Entscheidungen zur Geldpolitik und der Bankenaufsicht durch die EZB muss ohne "Wenn und Aber" gewahrt werden. Dennoch sollte  zwischen beiden Aktivitäten auch im Tagesgeschäft ein reger Gedankenaustausch stattfinden; natürlich auch mit dem ESRB, der ebenso bei der EZB in Frankfurt angesiedelt ist.

Die wohl temporär angedachte räumliche Trennung zwischen EZB-Geldpolitik und EZB- Bankenaufsicht zwecks Wahrung der Unabhängigkeit, halte ich deshalb schon aus Kommunikationsgründen für kontraproduktiv. Es stand wohl auch zur Diskussion, dass die EZB-Bankenaufsicht nach Paris gehen sollte. Der Sache wäre das sicher nicht förderlich gewesen. Nicht nur weil Frankreich aktuell wirtschaftlich und strukturell schwächelt und dabei über einige große systemrelevante Banken verfügt, die einer strengen unabhängigen Überwachung bedürfen. Die Franzosen nahmen es auch mit der Unabhängigkeit der Geldpolitik und der Bankenaufsicht nie so genau wie die Deutschen. Und ich bin sicher, in Paris wäre der politische Einfluss auf die EZB-Bankenaufsicht ungleich größer als in Frankfurt.

Für uns Deutsche, die bei einer politisch beeinflussten schwachen Bankenaufsicht am Ende für ganz Europa die Zeche bezahlen müssten, muss es "conditio sind qua non " sein, dass die EZB-Bankenaufsicht in Deutschland angesiedelt wird, und wenn unter dem Dach der EZB dann eben auch in Frankfurt, wo denn sonst? Denn wir tragen in Deutschland mit Abstand die größten Haftungsrisiken für die Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB.

Auch für die Vielzahl der deutschen kleineren Banken aus dem Sparkassen- und Volksbankenbereich ist natürlich eine Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB mit einem Dienstsitz in Frankfurt und Weisungsrecht gegenüber der BaFin angenehmer als wenn die Leitlinien zukünftig aus Frankreich kämen.

Die Schaffung einer leistungsfähigen Bankenunion für die Eurostaaten ist das Bohren eines dicken Brettes. Cross-Border-Banking ist für die Schaffung eines Europäischen Binnenmarktes aber unabdingbar und deshalb muss auch die operative Bankenaufsicht in Europa zentralisiert werden. Das schafft  bei den Investoren in europäische Bankaktien wieder Vertrauen. Bei der EZB in Frankfurt sehe ich die Rahmenbedingungen als gegeben an, eine leistungsfähige Europäische Bankenaufsicht aufzubauen. Eine national ausgerichtete Banken-Regulierung fördert dagegen den Teufelskreis aus Bank- und Staatsrisiken, treibt auf Dauer die Euroländer auseinander und vernichtet den Euro. Das wollen wir doch sicher alle nicht.

Bankenunion: Ein unabdingbarer Pfeiler für einen gemeinsamen Finanz- und Binnenmarkt, aber reicht das?

Entweder muss konsequent ein integriertes Europäisches Finanzsystem mit dem Verlust nationaler Souveränitätsrechte geschaffen werden(Bankenunion) oder der Europäische Bankenmarkt wird sich weiter renationalisieren, was der Idee eines gemeinsamen europäischen Finanzmarktes absolut zuwider läuft. Nicht vergessen dürfen wir allerdings, dass die Bankenunion keinesfalls die Lösung aller europäischen Probleme darstellt. Weiterhin müssen Staatshaushalte saniert werden, für die Haushaltsdisziplin der Zukunft brauchen wir den Fiskalpakt. Die Konjunktur muss durch gezielte Wachstumsprogramme und die Beseitigung von Verkrustungen, beispielsweise am Arbeitsmarkt, belebt werden.

Dennoch ist die Bankenunion ein unabdingbarer Pfeiler bei der Schaffung eines gemeinsamen Marktes der Euroländern und hoffentlich auch bald den anderen 10 Nicht-Euro-Staaten.

Bringt uns die Bankenunion Fluch oder Segen? Das wird sich zeigen. Ein Fluch wird die Bankenunion, wenn eine halbherzige Umsetzung erfolgt, die beispielsweise der EZB Fesseln bei der Bankenaufsicht anlegt oder durch "national bias" und "Moral Hazard" das System in Misskredit gebracht wird. Wenn wir Deutschen aus dem System Zahlmeister für ganz Europa werden, werden wir diesem schnell überdrüssig. Ein Segen wird die Bankenunion nur dann, wenn die Eurozone sich hin zum Bundesstaat mit einer einheitlichen Fiskal- und Wirtschaftspolitik also vom Staatenbund zum Bundesstaat entwickelt. Leider sind wir davon noch weit entfernt. Europas Einfluss in der Welt wird marginalisiert, wenn wir in den nächsten zehn Jahren das nicht schaffen sollten.


Wolfgang Hartmann, FIRMAutor:

Wolfgang Hartmann
ist Vorstandsvorsitzender des Frankfurt Instituts für Risikomanagement und Regulierung (www.firm.fm).

Zielsetzung von FIRM ist es, einen Beitrag zu an internationalen Standards orientierten "best practice" im Risikomanagement und der Regulierung des deutschen und des europäischen Finanzsektors zu liefern. Ermöglicht werden soll dies durch eine praxisorientierte an hohen wissenschaftlichen Ansprüchen orientierte Förderung von Forschung und Lehre und dem Aufbau geeigneter Netzwerke und Kommunikationsplattformen.

Beim Fokus auf das Risikomangement und die Regulierung setzt sich FIRM für die Schaffung optimaler Rahmenbedingungen für einen die Realwirtschaft stärkenden Finanzsektor ein. Alle Aktivitäten von FIRM erfolgen gemeinnützig, d. h. unentgeltlich.



[Der Text basiert auf einem Vortrag von Wolfgang Hartmann beim Börsenlunch in der Repräsentanz der Deutschen Börsein Berlin am 12. Dezember 2012. Die RiskNET Redaktion dankt Wolfgang Hartmann für die Erlaubnis, den Text in einer redaktionell überarbeiteten Form auf dem Kompetenzportal RiskNET zu veröffentlichen]

 

[Bildquelle oben: © akf - Fotolia.com]

Kommentare zu diesem Beitrag

Redaktion RiskNET /16.01.2013 17:49
+++ Kein Schwenk in Position der Regierung zu Trennbanken +++

Bundesfinanzministerium (BMF) und Unionsfraktion haben die Einschätzung zurückgewiesen, die Koalition habe ihre Position zur Reform der Bankenlandschaft verändert und freunde sich mit der Schaffung eines Trennbankensystems an. "Es gibt keinen Schwenk in der Position der Bundesregierung", sagte ein BMF-Sprecher. Das, was als Schwenk interpretiert werde, sei "ständige Sprache der Union", betonte ein Fraktionssprecher.

BMF-Sprecher Johannes-Blankenheim sagte zu Dow Jones Newswires, das Ministerium habe schon anlässlich der Vorstellung des Liikanen-Reports zur Reform des Bankensektors zum Ausdruck gebracht, "dass wir die Vorschläge zur Stabilisierung der Finanzmärkte begrüßen". Es werde mit Nachdruck daran gearbeitet, die Umsetzung der Empfehlungen dieser europäischen Expertenkommission um den finnischen Notenbankchef Erkki Liikanen auf europäischer und nationaler Ebene voranzubringen.

"Die Liikanen-Vorschläge sind ein wichtiger Beitrag zur weiteren Stabilisierung der Finanzmärkte", betonte der Sprecher. Sie bestätigten, dass sowohl national mit dem deutschen Restrukturierungsgesetz wie auch europäisch bereits die richtigen Weichen gestellt worden seien. "Unser Ziel war und ist es weiterhin, Bankrisiken besser als bisher voneinander abzuschirmen, die Haftung zu erhöhen, die Komplexität von Banken zu reduzieren und die Abwicklung von Banken im Bedarfsfall zu erleichtern", hob er hervor. Entscheidend bei der Reduzierung der Risiken für den Bürger und Steuerzahler sei dabei "die wirtschaftliche Trennung der Risikosphären", woran weiter mit Nachdruck gearbeitet werde.

Die Koalitionsfraktionen wollen am Donnerstag in einem Antrag die Regierung auffordern, "zu prüfen, inwieweit die Vorschläge der hochrangigen Expertengruppe bei der EU-Kommission unter Leitung des finnischen Notenbankpräsidenten Liikanen zur Abschirmung von Risiken innerhalb von Banken geeignet sind, die Komplexität von Banken zu reduzieren und die Abwicklung von Banken im Bedarfsfall zu erleichtern und die Umsetzung geeigneter Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene voranzubringen."

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will die Vorstellungen der Koalition dazu am Donnerstag im Bundestag vorstellen. Mit dem Antrag, in dessen Entwurf Dow Jones Newswires Einblick hatte, reagiert die Koalition auf einen anderen Antrag der Opposition. Das Handelsblatt hatte berichtet, die Koalition freunde sich damit mit der von der SPD propagierten Trennbanken-Idee an.
Redaktion RiskNET /16.01.2013 18:02
+++ Bankenverband weist Vorschlag zu Trennbankensystem scharf zurück +++

Die deutschen Banken haben alarmiert auf ein Vorhaben der Regierungsfraktionen reagiert, Vorschläge für eine Trennung von Einlagen- und Investmentgeschäft der Banken zu prüfen. Aus der Unionsfraktion wurde allerdings betont, es gebe keinen Schwenk in der Position der Koalition zum so genannten Liikanen-Bericht, der eine solche Trennung vorsieht.

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) betonte, unter anderem verminderten die höheren Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen und das Restrukturierungsgesetz bereits die Risiken. "Die von den Fraktionen geforderte Prüfung der weitergehenden Vorschläge der Liikanen-Gruppe, insbesondere zur Abtrennung der Handelsaktivitäten, wird jedoch keine weitere Verbesserung bringen", betonte BdB-Präsident Andreas Schmitz.

Das Abtrennen der Handelsaktivitäten wirke sich im Gegenteil "insbesondere negativ auf das Kreditgeschäft" aus. "Die deutsche Wirtschaft braucht das bisherige Universalbankensystem, das sich auch in der Krise bewährt hat", sagte Schmitz zu Journalisten.

Die Koalitionsfraktionen wollen am Donnerstag in einem Antrag die Regierung auffordern, "zu prüfen, inwieweit die Vorschläge der hochrangigen Expertengruppe bei der EU-Kommission unter Leitung des finnischen Notenbankpräsidenten Liikanen zur Abschirmung von Risiken innerhalb von Banken geeignet sind, die Komplexität von Banken zu reduzieren und die Abwicklung von Banken im Bedarfsfall zu erleichtern und die Umsetzung geeigneter Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene voranzubringen."

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will die Vorstellungen der Koalition dazu am Donnerstag im Bundestag vorstellen. Mit dem Antrag, in dessen Entwurf Dow Jones Newswires Einblick hatte, reagiert die Koalition auf einen anderen Antrag der Opposition.

Der Unionsfinanzexperte Klaus-Peter Flosbach kündigte laut einem Sprecher an, nach dem Willen der Unionsfraktion solle geprüft werden, "wie das Einlagen- und Kreditgeschäft besser von den Risiken des Investmentgeschäftes abgeschirmt werden kann". Allerdings solle das in Deutschland bewährte Universalbankensystem nicht abgeschafft werden. Der Sprecher der Unionsfraktion wies Interpretationen zurück, diese vollziehe einen Schwenk hin zu einem Trennbankensystem und nähere sich damit Vorstellungen der SPD an.

Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hatte sich im September für eine Trennung von Geschäfts- und Investmentbanking ausgesprochen und dafür den Weg eines Holding-Modells ins Spiel gebracht.

Bankenpräsident Schmitz betonte, er könne solche Vorschläge "in der Praxis nicht nachvollziehen" und schrieb die Debatte in Deutschland auch dem Bundestagswahlkampf zu. "Es ist dem Zeitgeist und auch der heraufziehenden Wahl geschuldet, dass wir dieses Thema in Deutschland in epischer Breite diskutieren," sagte er. "Es ist etwas für die Galerie." Am Ende könne es dazu kommen, dass wie in Frankreich der klassische Eigenhandel separiert werde.
Judith /16.12.2012 16:13
Sehr gelungene Zusammenfassung und Darstellung der aktuellen Diskussion um die EU-Bankenunion. Leider hat die Politik Ihre ganz wesentliche (Mit-)Verursacherrolle der Finanzkrise (sowohl Subprime als auch EU-Staatsfinanzenkrise) nicht verstanden. Es ist ja auch einfacher mit dem Finger auf andere zu zeigen ;-(
Sven /16.12.2012 16:51
Der wichtigste Satz ist der: "Es ist der Regulator, der für die richtigen Rahmenbedingungen zu sorgen hat. Den Sittenverfall der Investmentbanker haben die Industriestaaten nicht nur hingenommen, es war sogar lange Zeit "sexy" und wurde öffentlich gefördert, moderne komplexe Verbriefungen zu machen und sich im Derivathandel zu engagieren." Da empfehle ich die Lektüre der Artikels "Verbriefungen aus Sicht des Bundesfinanzministeriums" von Jörg Asmussen aus der zeitschrift für das Kreditwesen ZKW aus dem Jahr 2006:

"Moderne Kapitalmarktgesetze helfen zudem den Banken, die ihr Geschäftsmodell allmählich auf ein aktives Management ihrer Portfolien umstellen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung hat das Bundesfinanzministerium (BMF) in der Vergangenheit viele Initiativen ergriffen und an vielen Stellen den Kapitalmarkt modernisiert. Dabei war uns stets wichtig, dass sich auch der Markt für Asset Backed Securities (ABS) in Deutschland stärker als bislang entwickelt. Für andere EU-Mitgliedstaaten und für die europäischen Kapitalmärkte ist der ABS-Markt mit seiner Dynamik und Vielseitigkeit geradezu zu einem prägenden Element geworden. Allmählich scheinen aber auch in Deutschland die gemeinsamen Bemühungen der Politik und der Kreditwirtschaft die erwarteten Früchte zu tragen."

Wie war das noch mit dem Bock, den man zum Gärtner macht? Viele Jahre später bauschte sich Asmussen zum großen Retter der Welt auf ;-( Wie passt das zusammen?
Daniel K. /16.12.2012 20:41
Warum liest man eigentlich nichts mehr von den grundsätzlichen Zweifeln des
wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages an der Rechtmässigkeit
der Übertragung nationaler Bankenaufsichts-Kompetenzen an die EZB und
der Nicht-Vereinbarkeit mit dem "Demokratieprinzip"?
Sven /17.12.2012 08:10
Ich empfehle die Lektüre des offenen Protestschreibens der 172 Ökonomie-Professoren vom Juli 2012:

"Liebe Mitbürger,

die Entscheidungen, zu denen sich die Kanzlerin auf dem Gipfeltreffen der EU-Länder gezwungen sah, waren falsch. Wir, Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftler der deutschsprachigen Länder, sehen den Schritt in die Bankenunion, die eine kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Eurosystems bedeutet, mit großer Sorge. Die Bankschulden sind fast dreimal so groß wie die Staatsschulden und liegen in den fünf Krisenländern im Bereich von mehreren Billionen Euro. Die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas dürfen für die Absicherung dieser Schulden nicht in Haftung genommen weden, zumal riesige Verluste aus der Finanzierung der inflationären Wirtschaftsblasen der südlichen Länder absehbar sind. Banken müssen scheitern dürfen. Wenn die Schuldner nicht zurückzahlen können, gibt es nur eine Gruppe, die die Lasten tragen sollte und auch kann: die Gläubiger selber, denn sie sind das Investitionsrisiko bewusst eingegangen und nur sie verfügen über das notwendige Vermögen.

Die Politiker mögen hoffen, die Haftungssummen begrenzen und den Missbrauch durch eine gemeinsame Bankenaufsicht verhindern zu können. Das wird ihnen aber kaum gelingen, solange die Schuldnerländer über die strukturelle Mehrheit im Euroraum verfügen. Wenn die soliden Länder der Vergemeinschaftung der Haftung für die Bankschulden grundsätzlich zustimmen, werden sie immer wieder Pressionen ausgesetzt sein, die Haftungssummen zu vergrößern oder die Voraussetzungen für den Haftungsfall aufzuweichen. Streit und Zwietracht mit den Nachbarn sind vorprogrammiert. Weder der Euro noch der europäische Gedanke als solcher werden durch die Erweiterung der Haftung auf die Banken gerettet; geholfen wird statt dessen der Wall Street, der City of London – auch einigen Investoren in Deutschland - und einer Reihe maroder in- und ausländischer Banken, die nun weiter zu Lasten der Bürger anderer Länder, die mit all dem wenig zu tun haben, ihre Geschäfte betreiben dürfen.

Die Sozialisierung der Schulden löst nicht dauerhaft die aktuellen Probleme; sie führt dazu, dass unter dem Deckmantel der Solidarität einzelne Gläubigergruppen bezuschußt und volkswirtschaftlich zentrale Investitonsentscheidungen verzerrt werden."

[unterzeichnet von 172 Ökonomie-Professoren]
Judith /17.12.2012 08:55
Im Ergebnis werden BaFin und die nationalen Aufsichtsbehörden zu Handlangern der EZB. Nun ja, immerhin bleibt ihnen die Aufsicht über die Versicherer. Aber auch dort ringt EIOPA um immer größere Macht. Leider ist das geplante Konstrukt alles andere als ausgereift.Viele rechtliche Fragen sind weiterhin ungeklärt.
RiskNET Redaktion /19.12.2012 12:24
+++ Experten kritisieren Bankenaufsicht als unvereinbar mit EU-Recht +++

Nach Einschätzung der Experten des Centrums für Europäische Politik (CEP) sind die vergangene Woche beschlossenen Pläne für eine gemeinsame Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht mit EU-Recht vereinbar. "Eine umfassende Bankenaufsicht durch die EZB ist mit EU-Recht auch nach dem Modell, das die Minister nun vorschlagen, nicht vereinbar", sagte Bert van Roosebeke, Leiter des Fachbereichs Finanzmarktregulierung beim CEP, der Zeitung Die Welt. So dürften laut den Europäischen Verträgen der Zentralbank nur begrenzte und genau festgelegte Aufsichtsaufgaben übertragen werden, nicht aber die vollständige Bankenaufsicht.

Juristische Probleme sieht Roosebeke auch bei der strikten Trennung zwischen verschiedenen Aufgaben der EZB, wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sie angekündigt hat. "Die EZB bräuchte tatsächlich eine chinesische Mauer zwischen Bankenaufsicht und Geldpolitik. Es darf sie aber nicht geben, ohne dass die EU-Verträge geändert werden", sagte van Roosebeke. Das Fazit des europapolitischen Thinktanks: Entweder ist die Trennung nicht wasserdicht - oder sie verstößt gegen geltendes Recht.

Das gilt auch für den "Vermittlungsausschuss", der nach den Plänen der Finanzminister das faktisch letzte Wort in Streitfragen zwischen Aufsicht und EZB-Rat haben soll: "Jede wichtige Entscheidung der EZB muss vom EZB-Rat getroffen werden. Ein Letztentscheidungsrecht für einen Vermittlungsausschuss sieht der EU-Vertrag nicht vor", sagte der Europa-Experte weiter.
JENS /23.12.2012 08:11
Aus meiner Sicht ist die Bankenunion alles andere als ausgereift. Es fehlt schlicht und einfach die Rechtsgrundlage, die insbesondere sicherstellt, dass es eine klare Grenze zwischen Geldpolitik und Aufsichtspolitik gibt. Hierzu müssten zunächst mal die EU-Verträge angepasst werden.
Daher sieht das Ergebnis heute so aus, dass es zwar 3 Gremien bei der Bankenaufsicht geben wird, die aber in Teilen eher an die Rolle von "Frühstücksdirektoren" erinnern. Wie kann es sein, dass der EZB-Rat zwar Beschlussvorlagen an- und ablehen darf - aber keine Vorlagen verändern darf? Und umgekehrt entscheidet dann - nach Eskalation - der Vermittlungsausschuss mit einfacher Mehrheit. Wie soll dann eine solche Entscheidung bindend sein? Das passt nicht zum derzeitigen EU-Recht.
Fazit: Erst mal die Hausaufgaben erledigen und dann eine saubere Lösung umsetzen. Ziel muss eine bessere Aufsicht sein und nicht eine Hauruck-Aktion ...
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