Studie zum Deutschen Corporate Governance Kodex

Bestätigung und Kritikpunkte am Corporate Governance Kodex


Bestätigung und Kritikpunkte am Corporate Governance Kodex News

Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) hat bislang seine Aufgabe zur Verbesserung der Unternehmensführung erfüllt. Gleichzeitig hat der Kodex das Ansehen deutscher Unternehmen im Ausland durch die Information der internationalen Kapitalmärkte über das deutsche Governance System verbessert.

Das sagt mit knapp 71% beziehungsweise gut 62% Zustimmung die klare Mehrheit der 211 vom Berlin Center of Corporate Governance (BCCG) befragten Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzenden der an der Frankfurter Börse notierten Unternehmen. Zehn Jahre nach Einführung des Deutschen Corporate Governance Kodex hat das BCCG erstmals das Kodexklima, d.h. die Einstellung der Wirtschaft zum Kodex als Instrument der Selbstregulierung gemessen. Für den Corporate Governance Report 2012 schrieb das Institut im Zeitraum vom Oktober 2011 bis Februar 2012 alle Aufsichtsratsvorsitzenden und Vorstandsvorsitzenden der 487 in Frankfurt/M. börsennotierten Unternehmen an.

"Die Haltung zum Kodex ist bei den von der Regulierung Betroffenen aufgeschlossener, als dies vor dem Hintergrund der bekannten veröffentlichten Kritik zu vermuten war. Das Kodexklima wird mit einem durchschnittlichen Wert von +29,8 auf einer Skala von -100 bis +100 Punkten insgesamt leicht positiv bewertet", so Axel v. Werder, Leiter des BCCG. Dabei liegt die Beurteilung der DAX30-, MDAX- und TecDAX-Unternehmen über dem Durchschnitt. Im Vergleich zu den befragten Vorstandsvorsitzenden stehen die Aufsichtsratsvorsitzenden dem Kodex mit wenigen Punkten leicht positiver gegenüber.

Ein klare Mehrheit (63,3%) spricht sich entgegnen der teilweise öffentlich vorgebrachten Kritik für die Beibehaltung der Regelungskompetenz bei der Regierungskommission Deutscher Corporate Governace Kodex und gegen eine Übertragung auf den Gesetzgeber aus. Allerdings regen knapp 50% der Studienteilnehmer an, dass mit Blick auf eine stärkere verfassungsrechtliche Legitimation der Kodexarbeit beispielsweise das Bundesjustizministerium durch ein eigenes Gesetz zur Einsetzung der Kodexkommission ermächtigt wird.

Kodexinhalt positiv bewertet [*) Skala von -100 bis +100 Punkte]
Abbildung: Kodexinhalt positiv bewertet [*) Skala von -100 bis +100 Punkte]

Jüngste Kodexänderungen werden begrüßt

Mit großer Mehrheit (95,1%) begrüßen die Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzenden das im vergangenen Jahr von der Regierungskommission beschlossene Konsultationsverfahren bei Kodexänderungen, das Anfang 2012 erstmals mit großer Resonanz durchgeführt wurde. Negativ auf das Kodexklima wirkt sich der von den Unternehmen verspürte starke Befolgungsdruck aus. 41% der Studienteilnehmer sehen für sich aufgrund der hohen Erwartungshaltung von sogenannten Proxy Advisors, den Medien und den Eigenkapitalgebern einen faktischen Zwang zur Umsetzung der Kodexbestimmungen. Dies steht im Gegensatz zur Aufforderung der Regierungskommission, die Flexibilität des Kodex gegenüber einem Gesetz sinnvoll sowie gut begründet zu nutzen und eine gesunde Abweichungskultur zu etablieren. Immerhin können 25,7% der Studienteilnehmer einen Erfüllungsdruck für sich nicht nachvollziehen.

Belastend für die Gesamtbeurteilung des Kodex wirkt ebenfalls die Gefahr von Anfechtungsklagen, die 41,4% der befragten Mandatsträger sehen, wenngleich eine fast gleichgroße Gruppe von 38,6% hierin kein Problem erkennt.

Ein weiterer Kritikpunkt ist für die Mehrheit der Aufsichtsräte und Vorstände die Häufigkeit der Kodexänderungen. So plädieren 51,7% für eine geringere Änderungsfrequenz. Eine klare Mehrheit (88,1%) möchte das bisherige System von Empfehlungen und Anregungen beibehalten.

Wunsch nach Verringerung der Kodexbestimmungen

Auffällig sind die immer wieder auftretenden Diskrepanzen in der Bewertung des Kodex durch die von der Kodexregulierung betroffenen Personen. So plädieren beispielsweise zwar beinahe alle Studienteilnehmer (95,5%) für eine Verringerung der Kodexbestimmungen, keine einzige Empfehlung oder Anregung wird aber von der Mehrheit der Befragten als überflüssig eingeordnet. Lediglich drei Empfehlungen und eine Anregung der insgesamt 106 Kodexbestimmungen werden von einer relativen Mehrheit (aller Voten ohne Berücksichtigung der neutralen Aussagen) als unzweckmäßig eingestuft. Hierzu zählt auch die bisherige Empfehlung, wonach Mitglieder des Aufsichtsrats neben einer festen eine erfolgsorientierte Vergütung erhalten sollen, die in diesem Jahr angepasst werden soll.

"Die Studienergebnisse zeigen insgesamt, dass in den Unternehmen 10 Jahre nach Einführung ein sehr differenziertes Bild über den Deutschen Corporate Governace Kodex vorherrscht. Einzelaspekte wie die Änderungsfrequenz oder der wahrgenommene hohe Befolgungsdruck werden zwar teilweise kritisch gesehen, die Kodexinhalte aber insgesamt recht positiv bewertet ", sagt Axel v. Werder, Leiter des BCCG. "Die Studie mit ihrer Bestätigung und den Kritikpunkten an dem Kodex und der Kodexarbeit zeigt, dass wir uns mit dem Regelwerk genau auf der Straßenmitte befinden. Es liegt in der Natur jedes Regelwerkes, dass man den einen zu viel zu schnell macht und den anderen zu wenig und zu langsam. Die Aussagen zu dem im vergangen Jahr eingeführten Konsultationsverfahren bei Kodexänderungen wie auch zu der bisherigen Empfehlung für die Vergütung von Aufsichtsräten, die wir in diesem Jahr anpassen wollen, zeigen, dass wir sowohl was die Kodexarbeit als auch die Inhalte angeht, auf dem richtigen Weg sind", so Klaus-Peter Müller, Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governace Kodex.

Zum Deutschen Corporate Governance Kodex

Die von der Bundesministerin für Justiz im September 2001 eingesetzte Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex hat am 26. Februar 2002 den Deutschen Corporate Governance Kodex verabschiedet, der über die Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG eine gesetzliche Anerkennung gefunden hat.

Mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex sollen die in Deutschland geltenden Regeln für Unternehmensleitung und -überwachung für nationale wie internationale Investoren transparent gemacht werden, um so das Vertrauen in die Unternehmensführung deutscher Gesellschaften zu stärken.

Mitglieder der Kommission sind: Klaus-Peter Müller (Vorsitzender), Prof. Dr. Dr. Ann-Kristin Achleitner, Prof. Dr. Dres. h.c. Theodor Baums, Dr. Hans-Friedrich Gelhausen, Dr. Dr. h.c. Manfred Gentz, Dietmar Hexel, Ulrich Hocker, Prof. Dr. Henning Kagermann, Max Dietrich Kley, Dr. Stefan Schulte, Christian Strenger, Daniela Weber-Rey, Prof. Dr. Beatrice Weder di Mauro, Prof. Dr. Axel v. Werder.

 

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

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