Wie Putins Oligarchen, die Mafia und Terroristen die westliche Demokratie angreifen

Dreckiges Geld


Andreas Frank / Markus Zydra (2022): Dreckiges Geld: Wie Putins Oligarchen, die Mafia und Terroristen die westliche Demokratie angreifen, 256 Seiten, Piper Verlag, München 2022. Book Review

Geldwäsche ist eine äußerst lukrative Schattenindustrie. Drogen, Prostitution, Menschenhandel, Raub, Terror und Umweltverbrechen. Sie lohnen sich vor allem, weil Kriminelle die Herkunft schmutziger Erträge verschleiern können. Und spätestens nach der Lektüre von "Dreckiges Geld" von Andreas Frank und Markus Zydra sollte deutlich werden, dass Deutschland ein wahres Paradies für Geldwäscher ist. So sollen allein in Deutschland jedes Jahr rund 100 Milliarden schmutzige Euros gewaschen werden. Das Buch zeigt vor allem auf, wo die vielen Schwachstellen des deutschen Systems der Geldwäsche-Bekämpfung zu finden sind. So fehlt zum einen bei vielen Akteuren (u.a. Politikern aber auch Banken) ein Unrechtsbewusstsein und zum anderen kommt die Zentralstelle für Transaktionsuntersuchungen, die sogenannte Financial Intelligence Unit (FIU), ihrem gesetzlichen Auftrag nicht nach. Ein Prüfbericht des Bundesrechnungshofes zeigt die diversen Schwächen der Behörde. Doch auch Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfer und Banken aus Europa und den USA helfen dabei, dass Finanztransaktionen verschleiert werden. 

Das Buch liefert eine zugleich spannende und schockierende Einführung in die Welt des "schmutzigen Geldes". Und es zeigt vor allem auch auf, wie die Demokratien von kriminellen Akteuren unterwandert werden.

Das Buch gliedern sich in zehn Kapitel. Im ersten Kapitel "Wer hat die Geldwäsche erfunden?" lernen wir, dass Deutschland eine lange Geschichte von Schwarzen Kassen und Korruption in Politik und Wirtschaft hat. Der Kampf gegen Korruption und Geldwäsche scheint in Europa keine hohe Priorität zu genießen, wie der aktuelle Korruptionsskandal bei der EU-Kommission belegt. Die Autoren zeigen auf, dass die Politik das Wachstum der kriminellen Gegengesellschaft zumindest billigend in Kauf genommen haben. Im zweiten Kapitel "Wem gehören die Immobilien" wird deutlich, dass der deutsche Immobilienmarkt durch Intransparenz gekennzeichnet ist, da oft die Eigentümerstruktur unklar ist. Das anschließende dritte Kapitel "Wie kommt die Mafia nach Deutschland?" geht der Frage nach, wie die Mafia ihr kriminell verdientes Geld nutzt, um Politiker zu bestechen oder Wettbewerber im Markt zu unterbieten. Die Mafia agiert hierbei an den internationalen Finanzmärkten wie ein Konzern. Die Autoren zeigen auf, dass die deutsche Politik das kritische Szenario einer Unterwanderung der Gesellschaft durch die Mafia ignoriert, da das schmutzige Geld die Wirtschaft ankurbelt.

Mit der Frage "Was macht strategische Korruption so gefährlich?" beschäftigt sich Kapitel 4. So nutzen die Gegner der Demokratie Korruption als Waffe, so das Autorenduo. Außerdem skizzieren sie das Risiko einer "Schröderization" der Welt, indem europäische Ex-Politiker lukrative Jobs beispielsweise von autokratischen Staaten annehmen. Es wird deutlich, dass Korruption und die Verschleierung von Zahlungen mithilfe von Geldwäsche die zwei Seiten einer Medaille sind. 

Mit der Finanzierung eines hybriden Krieges aus verdeckten Geldflüssen setzt sich das fünfte Kapitel "Wie wird aus russischem Schwarzgeld ein hybrider Krieg?" auseinander. So werden beispielsweise Desinformationskampagnen in Europa finanziert, um die freiheitlich demokratische Grundordnung zu destabilisieren, so die Autoren weiter.

Die Autoren argumentieren, dass der Weste in Afghanistan gescheitert ist, weil die Korruption im Land sowie die Geldflüsse aus dem Land heraus nur unzureichend kontrolliert wurde. Illegale Finanztransaktionen sind ein wesentlicher Treiber für die Destabilisierung der Länder. Auch nutzen beispielsweise Terroristen zum Transfer anonymer Gelder das Hawala-Banking oder nutzen Kryptowährungen zur Verschleierung von Transaktionen oder Vermögen.

Bei der Lektüre der ersten sechs Kapitel hatte ich den Eindruck, dass Geldwäscheaktivitäten im Wesentlichen außerhalb der Industrieländer stattfinden und die Industrieländer eine "weiße Weste" hätten. Und sich diese allerhöchsten etwas intensiver mit der Vermeidung von Geldwäscheprävention beschäftigen müssten. Doch was ist mit Wirecard, den Geldwäscheaktivitäten der Banken in den vergangenen Jahrzehnten oder dem Skandal um FTX? So wurde der Chef der Kryptobörse FTX, Sam Bankman-Fried, erst vor wenigen Tagen wegen acht Vergehen angeklagt. Unter anderem auch wg. Geldwäsche. Hier geht es nicht nur um die Rolle eines passiven Akteurs, der missbraucht wurde, sondern viele Akteure in den westlichen Ländern sind Teil des Systems und Profiteur.

Die Rolle der westlichen, demokratischen Länder wird in Kapitel 7 ("Ist der Westen selbst der größte Teil des Problems") diskutiert. Die sog. "Crime Enabler", beispielsweise Anwaltskanzleien oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, unterstützen Geldwäscher und kriminelle Akteure dabei, illegal erwirtschaftete oder geraubte Vermögen sicher in anonymen Offshore-Firmen zu verstecken. Die Branche agiert wie ein "Trojanisches Pferd". Auf diese Doppelmoral der westlichen Gesellschaften weisen die Autoren deutlich hin: "Politiker verurteilen in ihren Reden die korrupten Autokraten, doch gleichzeitig bieten sie denselben in der demokratischen Welt die rechtlichen Möglichkeiten, einen sicheren Hafen für geraubte Vermögen zu bauen, etwa im US-Bundesstaat Delaware oder auf den Britischen Jungferninseln. Die Demokratien […] verkaufen den Kriminellen damit den Strick, mit dem sie uns und unser System dereinst aufhängen werden." Oder sie exportieren kriminelle Geschäftsmodelle rund um den Globus, indem Politiker sich vor den "Wirecard-Karren" oder "FTX-Karren" spannen lassen. Ja, noch schlimmer: In den USA war der FTX-Gründer Bankman-Fried der weitgrößte Spender für die Kandidaten der Demokraten im Jahr 2022. Wie CNBC.com Anfang des Jahres berichtete, könnte der Krypto-Milliardär im Jahr 2024 eine rekordverdächtige Summe von einer Mrd. USD spenden. Kritiker behaupten, dass FTX auch ein massiver Geldwäschefonds für die Demokraten war, um Hilfsgelder von Privatpersonen und Regierungsstellen, die nicht offiziell als Unterstützer der Ukraine auftreten wollen, nach Kiew zu transferieren.

Man könnte ergänzen, dass auch die diversen Korruptionsskandale im eigenen Land und der EU nicht dazu beitragen werden, dass andere Länder die demokratischen "Wertegemeinschaften" als Vorbilder betrachten werden. Und auch die Deutsche Bank taugt nicht als Blaupause, wie das achte Kapitel "Wieso ist auch die Deutsche Bank immer wieder involviert?" verdeutlicht. Viel zu lange Zeit hat die Deutsche Bank zu wenig getan, um verdächtige Kunden zu identifizieren oder dubiose Geschäftsbeziehungen zu beenden. Der Grund ist einfach: Für eine Bank ist es mitunter lukrativ, zweifelhafte Kunden zu haben. Und die Strafzahlungen stören dabei nur geringfügig.

Mit der Frage nach den Verantwortlichen in der Politik beschäftigt sich das neunte Kapitel "Wie ist das Versagen der deutschen Behörden zu erklären?". Es ist bewiesen, dass die deutsche Politik den Kampf gegen Korruption, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nicht ernst genug nimmt. Es waren erst EU-Vertragsverletzungsverfahren erforderlich, um die Bundesregierung mit zwanzig Jahren Verspätung zur Umsetzung der europäischen Vorschriften zu zwingen. Auch der Kollaps und die Vermögensvernichtung von Wirecard hätte verhindert werden können, wenn die Behörden das Unternehmen sorgsam und fachlich kompetent geprüft hätten. Stattdessen wurde Wirecard praktisch gar nicht kontrolliert, weil sich keine Behörde zuständig fühlte. Und auch andere Kontrollorgane (Aufsichtsrate, Wirtschaftsprüfer etc.) haben vor allem durch Nichtwissen und Risikoblindheit geglänzt.

Und auch die FIU kommt ihrem Auftrag nicht nach – u.a. wegen fehlender Ressourcen und unzureichender Kompetenzen. Vielmehr ermittelt seit vielen Jahren die Staatsanwaltschaft gegen die Behörde wegen des Verdachts der Strafvereitelung.
Das abschließende 10 Kapitel ("Was ist jetzt zu tun im "Geldwäscheparadies Deutschland"?) zeigt auf, dass alle Maßnahmen zur Geldwäsche- und Korruptionsprävention bereits existieren und auf dem Tisch liegen. So empfehlen die Autoren, dass die Beweislastumkehr konsequent umgesetzt wird: "Die Justizbehörden wenden ihr Recht an, verdächtige Vermögen einzufrieren, und zwar so lange, bis die Besitzer vor Gericht erklären, wie sie es verdient und wo sie es versteuert haben. Wenn ihnen dieser Nachweis nicht gelingt, sollte das Vermögen dem Staat und damit der Allgemeinheit zufallen."

Es wird deutlich, dass wir uns auf dem Weg in eine "demokratische Rezession" befinden, wenn die demokratischen Wertgemeinschaften hier nicht gegensteuern. Doch warum finden Politiker nicht endlich den Mut, sinnvolle Regeln zur Bekämpfung der Geldwäsche und Korruption umzusetzen? Oder sind sie gar Teil des Problems (siehe Einfluss von Lobbyisten auf die Politik, der aktuelle Korruptionssumpf auf EU-Ebene oder die Rolle von Olaf Scholz und anderen politischen Akteuren im Cum-Ex-Skandal oder bei Wirecard). 

So stelle ich mir am Ende die Frage, was wir in einer Gesellschaft an wirksamer Korruptions- und Kriminalitätsbekämpfung erwarten, wenn ich mir die PKW-Maut-Affäre um Andreas Scheuer, die AWO-Affäre, die Berater-Affäre um Ursula von der Leyen, die Lobbyismus-Affäre um Philipp Amthor, die Aserbaidschan-Affäre, die diversen Maskenaffären, den Wirecard-Skandal, den Cum-Ex-Skandal, den Pfizer-Impfdeal-Skandal um Ursula von der Leyen oder die aktuellen Kaili-Katar-Korruptionsskandal und viele andere Korruptionsskandale in Erinnerung rufe. Denn bekanntlich stinkt der Fisch vom Kopf her.

Fazit: In einer unterhaltsamen Art legt das Buch legt den Finger in die Wunde und zeigt auf, wie autokratische Herrschaftscliquen und Verbrechersyndikate (aber auch korrupte Politiker in den westlichen Demokratien) den Rechtsstaat unterwandern und damit die Freiheit zerstören. Leider haben in den vergangenen Jahrzehnten die Bundes- und Landesregierungen nichts Effektives getan, um diese Kriminalität zu bekämpfen. Und dies, obwohl es jede Menge Wege und Maßnahmen gegeben hätte. Wusste doch Johann Wolfgang von Goethe bereits: "Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun."

[ Source of cover photo: Piper Verlag ]
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