Kritik an EU-Krisenpolitik

Europa gefährden mit Finanzkrise die Weltwirtschaft


Europa gefährden mit Finanzkrise die Weltwirtschaft News

US-Amerikaner und Europäer beharken sich darüber, welche Politik die richtige ist, um der Schuldenkrise Herr zu werden. Bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Wochenende lehnten die USA einen eigenen Beitrag zu Erhöhung der IWF-Krisenmittel ab und forderten statt dessen die Europäer auf, mehr gegen die Krise zu tun. Aber die keilten zurück.

US-Finanzminister Timothy Geithner sagte, die Eurozone brauche stärkere Maßnahmen von Regierungen und EZB, um eine mögliche Verschärfung der Krise zu verhindern. "Der Erfolg in der nächsten Phase der Krisenbekämpfung wird von Europas Bereitschaft und Fähigkeit abhängen, gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank seine Instrumente und Prozesse kreativ, flexibel und aggressiv zu nutzen, um die Staaten bei der Umsetzung ihrer Reformen zu unterstützen", sagte Geithner im IWF-Lenkungsausschuss.

Was Geithner meint, ist: Die Europäer gefährden mit ihrer Finanzkrise die Weltwirtschaft, sie sollen bitte über ihren eigenen Schatten springen und ihre Probleme so entschlossen angehen, wir wie das in der Finanzkrise getan haben. Die US-Notenbank hat ihre Bilanz im Rahmen geldpolitisch motivierter Wertpapierkäufe weit deutlicher ausgedehnt als die EZB und so quasi für Nullzinsen gesorgt. Sie ist inzwischen der wichtigste Abnehmer von US-Staatsanleihen, während die EZB mehr oder weniger verschämt geringe Mengen Staatsanleihen gekauft hat und das entsprechende Programm derzeit ruhen lässt.

Vor allem EZB-Offizielle jedoch machten in Washington deutlich, dass sie die EZB aus ihrer Sicht erst einmal genug getan hat. Präsident Mario Draghi wies die Forderung nach weiteren Zinssenkungen zurück, Ratsmitglied Ewald Nowotny sagte, er sei für eine Geldpolitik der ruhigen Hand und Ratsmitglied Christian Noyer erklärte, weitere Refinanzierungsgeschäfte mit mehrjähriger Dauer seien nicht nötig, die EZB dürfe die Inflationsbekämpfung nicht aus dem Auge verlieren.

Der IWF-Lenkungsausschuss hatte den Eurozone-Staaten in seiner Abschlusserklärung ins Stammbuch geschrieben, es brauche weitere Fortschritte bei der Verbesserung der Schuldensituation und der Finanzstabilität. Mehr Vertrauen und Produktivität, eine bessere Balance innerhalb des Euroraums und in starkes Wachstum seien nur über entschlossene Strukturreformen zu haben.

Zur Erhöhung der Finanzstabilität haben die Europäer in jüngster Zeit bedeutende Beiträge geleistet. Die Euro-Rettungsfonds wurden zumindest zeitweise zusammengelegt, was ihr Volumen auf nahezu 1 Billion Euro erhöht. Zudem sagten die Europäer dem IWF zusätzliche Ressourcen zu, woraufhin andere Industrie- und Schwellenländern ebenfalls Finanzierungszusagen machten. Demnächst verfügt der IWF damit über zusätzliche Mittel von 430 Milliarden US-Dollar.

Es könnten noch mehr sein, wenn die USA als Wirtschaftsmacht Nummer Eins und größter IWF-Aktionär auch mitgezogen hätten. Taten sie aber nicht. Finanzminister Timothy Geithner begrüßte die Mittelaufstockung lediglich und verwies darauf, dass die US-Notenbank stattdessen über Swap-Geschäfte Dollar-Liquidität freigegeben und damit geholfen habe, das Finanzsystem der Eurozone wieder ans Laufen zu bringen, als es am Rande des Kollaps stand.

Dadurch, dass die USA dem IWF keine weiteren Mittel zur Verfügung stellen, verlieren sie nun auch ihren Status als größter Geldgeber des Fonds. Diese Rolle hat künftig Japan inne, wo im Oktober auch die das nächste Treffen des IWF-Lenkungsausschusses stattfinden wird. EZB-Ratsmitglied Nowotny kritisierte die Haltung der USA. "Ich bedauere, dass die USA nicht mitmachen, obwohl sie für sich doch eine führende Rolle im IWF beanspruchen. Ich denke, man hätte eigentlich erwarten können, dass sie mitmachen", sagte er.

Eine andere, vom IWF-Lenkungsausschuss aufgestellte Forderung, dürfen die USA ebenfalls auf sich beziehen: Viele Industrieländer, so heißt es in der Abschlusserklärung, müssten sich um eine glaubwürdige Finanzpolitik und einen Abbau der Staatsschulden bemühen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erinnerte in seiner Rede vor dem Lenkungsausschuss daran, dass nicht nur Europa vor großen haushaltspolitischen Herausforderungen stehe. Vor allem die USA und Japan müssten eine "glaubwürdige mittelfristige Strategie" vorlegen, wie sie ihre Defizite und ihren Schuldenstand zu verringern gedächten, sagte Schäuble. Der Minister erinnerte an die Verpflichtung der Industriestaaten vom G-20-Gipfel 2010 ihre Defizite bis 2013 zu halbieren.

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /22.04.2012 21:56
+++ IWF-Chefin Lagarde bringt G20-Länder in die Spur +++

IWF-Chefin Christine Lagarde hat ihr Ziel erreicht: Nach langen Verhandlungen haben sich die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer bereit erklärt, dem Internationalen Währungsfonds 430 Milliarden US-Dollar für Kriseneinsätze zur Verfügung zu stellen. "Das war eine Demonstration der internationalen Gemeinschaft, dass sie an das Ziel glauben", sagte Christine Lagarde auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Gespräche. Sie lobte die Länder der Eurozone und Japan, sich beim Auffüllen der Kriegskasse an die Spitze gestellt zu haben. Für Notfälle stehen jetzt rund 700 Milliarden US-Dollar bereit, um überschuldete Staaten auffangen zu können.

Lagarde nannte die Anstrengungen der Eurostaaten ausreichend, um die Gemeinschaftswährung zu verteidigen. "Wir bewerten alle Maßnahmen der Europäer als ganzes - von den Reformzusagen, über die Beschlüsse der Europäischen Zentralbank bis hin zu den erhöhten europäischen Rettungsfonds."

Der Finanzminister Singapurs nahm die Europäer in die Pflicht, die angekündigten Anpassungen auch umzusetzen. Tharman Shanmugaratnam zeigte sich verhaltener bei der Bewertung des Ergebnisses der langen Diskussionen. "Der weltweite Rettungsschirm ist ein wichtiger Schritt, reicht aber nicht aus, um die Wirtschaftskrise zu lösen."

Die IWF-Direktorin bestätigte die Aussagen des brasilianischen Finanzminister Guido Mantega vom Nachmittag, dass sich die BRIC-Staaten zwar an der Mittelaufstockung beteiligen werden, "sie die genauen Zahlen aber erst zu Hause diskutieren und festlegen müssen". Vor den Journalisten betonten Lagarde und der Gouverneur der mexikanischen Zentralbank, Agustin Carstens, dass die neuen Notfallgelder für keine spezielle Region der Welt reserviert seien.
RiskNET Redaktion /23.04.2012 07:52
+++ Bundesbanker Nagel lehnt direkte Hilfen an Banken ab +++

Die Bundesbank hat die Forderung des Internationalen Währungsfonds (IWF) abgelehnt, notleidenden Banken notfalls direkt durch die europäischen Rettungsschirme zu helfen. IWF-Chefin Christine Lagarde hatte dies besonders mit Blick auf die schwierige Lage der spanischen Kreditinstitute gesagt. "Für die spanischen Banken ist der spanische Staat verantwortlich", sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Nagel dem Handelsblatt. Der Staat habe die Aufgabe, sie zu beaufsichtigen, ihnen Vorgaben zu machen und das damit verbundene Risiko am Ende auch zu tragen.

Für Nagel muss der spanische Staat im Notfall notleidende Institute "rekapitalisieren, restrukturieren oder abwickeln". Direkte Finanzhilfen des europäischen Rettungsfonds EFSF an einzelne Banken möchte er nicht, da sonst "die Haftung für Bilanzrisiken von den spanischen auf alle europäischen Steuerzahler übergehen" würde.

Eine Ausweitung der Risikoaufschläge gegenüber Bundesanleihen, wie im Fall Spanien, stört Nagel nicht: "Ein solcher Anstieg ist kein Weltuntergang, sondern ein deutliche Erinnerung an die Politik, rasch ihre Hausaufgaben zu machen". Die Renditen für zehnjährige spanische Staatsanleihen waren vergangene Woche zeitweise über die psychologisch wichtige Marke von sechs Prozent gestiegen, da die Regierung das bislang vereinbarte Defizitziel für 2012 spürbar angehoben hatte.
Markus /23.04.2012 09:57
"...seine Instrumente und Prozesse kreativ, flexibel und aggressiv zu nutzen, um die Staaten bei der Umsetzung ihrer Reformen zu unterstützen", sagte Geithner im IWF-Lenkungsausschuss...."

kreativ, flexibel, aggressiv - ??? - normalerweise gehört jemand für so eine Aussage als Zentralbankchef erschossen

Das Hauptproblem besteht darin, dass keine Wirtschaftstheorie existiert, die der derzeitigen Situation gerecht wird. Die Zinsen sind seit knapp 4 Jahren auf Null-Niveau - haben wir ein Mega-Wachstum erlebt? Nein!!! Die Staaten haben Milliarden ins Finanzsystem gepumpt - Ist die Situation stabilisiert worden? Nein!!! Es hat eher den Anschein : Sterben auf Raten!!! Irland, Griechenland, Portugal, jetzt Spanien, dann Italien und Frankreich und letzlich Deutschland.

Alle klassischen Ansätze - Liberalisierung, Flexibilisierung der Arbeitswelt usw. Steuersenkungen, Sozialkürzungen usw. führen bislang nicht zum erhofften Erfolg.
Das Zeitargment - man muss die Reformen greifen lassen - zieht hier nicht.

Ich denke die andere Richtung ist notwendig: Steuern erhöhen, um den sozialen Frieden zu wahren und staatliche Programme aufsetzten, die tatsäschlich Anreizstrukturen schaffen Wachstum zu generieren.

Weiterhin die Nicht-Regulierung der Finanzwelt, Missachtung von Fristigkeiten, usw in Angriff zu nehmen.

"...Für Nagel muss der spanische Staat im Notfall notleidende Institute "rekapitalisieren, restrukturieren oder abwickeln..."

Warum nur der spanische Staat - ich denke jedes Bankhaus sollte abwickelbar sein. Zusätzlich sollten bei Finanzhilfen an Institute auch direkt Vorschriften erlassen werden, die das ruinöse Geschäft einer Bank - sonst wäre sie ja nicht in Bedrängnis gekommen - unterbinden.
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