Zentralbanksymposium

EZB-Chef Draghi fährt nicht nach Jackson Hole


EZB-Chef Draghi fährt nicht nach Jackson Hole News

Das Zentralbanksymposium von Jackson Hole findet in diesem Jahr zum ersten Mal seit fünf Jahren ohne den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) statt. Mario Draghi (Foto unten), so teilte die EZB mit, werde wegen der absehbar hohen Arbeitsbelastung der nächsten Tage dem Treffen fernbleiben. Vermutlich geht der Italiener damit auch einer Menge drängender Fragen aus dem Weg.

"Der EZB-Präsident hatte gehofft, am Symposium in Jackson Hole teilzunehmen, aber wegen des großen Arbeitspensum in den kommenden Tagen hat er entschieden, nicht zu fahren", erklärte ein Sprecher der EZB. Das Zentralbankertreffen von Jackson Hole wird damit aus europäischer Sicht deutlich uninteressanter als in den vergangenen Jahren. Zwar hatte der Fokus auch früher stets auf der Rede des Fed-Chairman gelegen, doch ist eine Teilnahme des EZB-Präsidenten eigentlich "Pflicht". Zuletzt hatte sich ihr Draghis Vorgänger Jean-Claude Trichet 2007 "aus persönlichen Gründen" entzogen. Im Unterschied zu damals nimmt 2012 aber auch kein Stellvertreter des Präsidenten teil.

Mario Draghi, seit 1. November 2011 Präsident der Europäischen ZentralbankGut vorstellbar, dass die EZB derzeit einfach Fragen nach dem geplanten Staatsanleihekaufprogramm aus dem Weg gehen will. Nicht nur, dass man sich bereits in der Schweigeperiode vor der am 6. September stattfindenden Ratssitzung befindet - es scheint inhaltlich noch großen Klärungsbedarf zu geben. Die Spekulationen darüber, unter welchen Voraussetzungen die EZB Staatsanleihen schuldengeplagter Länder kaufen würde, gehen hoch.

Neue Nahrung gab ihnen Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen am Montag. Asmussen bekräftigte bei einer Rede im Hamburg die von EZB-Präsident Draghi aufgestellte Forderung, dass die EZB nur parallel mit dem Rettungsfonds EFSF und dem späteren ESM tätig werden dürfe. Dazu muss ein Eurostaat zunächst einen Hilfsantrag stellen und umfangreiche wirtschaftspolitische Auflagen erfüllen.

Eine weitere Äußerung Asmussens deutete aber darauf hin, dass eine andere, von Draghi vorgebrachte Forderung in der EZB nicht unumstritten ist: Dass vor der EZB zunächst EFSF oder ESM am Primärmarkt Staatsanleihen gekauft haben müssen. Asmussen bekräftigte die Bedingung zwar, kennzeichnete sie aber explizit als "seine Meinung".

Spekulationen ranken sich zudem darum, ob die EZB bestimmte Staatsanleiherenditen oder aber deren Abstand zu den Renditen von Bundesanleihen verteidigen und auch kommunizieren wird. Amerikas Ökonomen, die auf ein entschlosseneres Eingreifen der EZB in der Euro-Krise lange gehofft hatten, hätten Draghi hierzu sicher gerne befragt.

Nun bleibt ihnen die Hoffnung, dass sich wenigsten Fed-Chairman Ben Bernanke bei seinem Versuch in die Karten gucken lässt, Vor- und Nachteile eines dritten Wertpapierkaufprogramms (QE3) abzuwägen. Bernanke wird nach derzeitiger Planung am Freitag zum 16.00 Uhr MESZ sprechen. Die Erwartungen, dass er zwei Wochen vor der FOMC-Sitzung am 13. September den Märkten eine Orientierung über seine weiteren Pläne zur Ankurbelung der Wirtschaft geben wird, sind hoch.

Das Protokoll zu den Beratungen des Offenmarktausschusses (FOMC) vom 31. Juli und 1. August hat die Erwartungen auf eine weitere geldpolitische Lockerung von Seiten der US-Notenbank noch verstärkt. In den so genannten Minutes heißt es: "Viele Mitglieder befanden, dass eine zusätzliche geldpolitische Lockerung sehr bald nötig werden könnte, es sei denn, es gibt Zeichen für eine substanzielle Verbesserung bei der wirtschaftlichen Erholung."

Und davon ist laut FOMC derzeit nichts zu merken: Die meisten Mitglieder des Gremiums stimmten darin überein, dass "das Wirtschaftswachstum in den nächsten Quartalen eher moderat bleiben wird und sich erst dann langsam beschleunigt". Allerdings hat die Fed hat bereits Wertpapiere für rund 2 Billionen US-Dollar gekauft und verlängert die Restlaufzeit dieser Papiere derzeit im Rahmen ihrer Operation "Twist".

Ganz muss Bernanke in Jackson Hole übrigens nicht auf Gesprächspartner aus dem EZB-Rat verzichten: Bundesbankpräsident Jens Weidmann wird an dem Symposium teilnehmen. Eine Rede über Staatsanleihekäufe hat er allerdings nicht geplant.

 

[Bildquelle: © woodsy - Fotolia.com; Bild Draghi: Europäische Zentralbank]

 

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /30.08.2012 21:10
+++ EU-Kommissar: EZB soll alle Banken im Euroraum überwachen +++

Die Europäische Zentralbank (EZB) soll künftig mehr als 6.000 Banken in den Euro-Ländern zentral kontrollieren. "Wir werden die Notenbank mit allen erforderlichen Instrumenten ausstatten, um die Banken effektiv zu beaufsichtigen", sagte der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier der Süddeutschen Zeitung (SZ). Das Gesetzespaket soll am 12. September offiziell vorgelegt werden.

Barnier betonte, die zentrale Aufsicht werde für alle Banken der 17 Länder der Währungsunion "verpflichtend" sein. Länder außerhalb der Eurozone könnten freiwillig mitmachen. Forderungen aus Deutschland, nur die größten Banken unter die Aufsicht der EZB zu stellen, lehnte Barnier ab. Auch vermeintlich kleinere Geldhäuser wie Northern Rock, Dexia oder Bankia seien nur mit "enormen staatlichen Rettungsaktionen" vor der Pleite bewahrt worden, sagte er.

Die Pläne aus Brüssel stoßen vor allem in der Union auf harsche Kritik. Sparkassen und Volksbanken von der EZB überwachen zu lassen, sei "völlig falsch", sagte der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach.

Barnier will die Bankenaufsicht zeitlich gestaffelt einführen. "Bereits vom 1. Januar 2013 an sollen alle Banken zentral kontrolliert werden, die vom Euro-Rettungsfonds gestützt werden. Ab 1. Juli 2013 werden zusätzlich alle großen, systemrelevanten Banken beaufsichtigt, und von Januar 2014 an alle Banken", sagte der Kommissar.
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