Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht nach den jüngsten Daten zu Außenhandel und Produktion auch für 2020 schlechte Voraussetzungen für das Auslandsgeschäft der deutschen Wirtschaft. "2019 war ein gebrauchtes Jahr für die deutsche Exportwirtschaft", sagte DIHK-Außenhandelsexperte Kevin Heidenreich. Neue Zölle, Unsicherheiten durch den Brexit und eine lahme Weltkonjunktur hätten das Geschäft der exportierten Unternehmen ausgebremst. "Die globalen Unsicherheiten bleiben auch 2020 bestehen", warnte er.
Die nächsten US-Zölle seien bereits angekündigt, der Ausgang des Brexit sei weiterhin unklar und die Coronavirus-Epidemie schwäche die ohnehin angeschlagene Wirtschaft in China. "All das sind schlechte Voraussetzungen für das Auslandsgeschäft der deutschen Wirtschaft", sagte der Handelsexperte. Die Auswirkungen zeigten sich in der gesunkenen Industrieproduktion. Umso wichtiger sei es, die Wirtschaft konjunkturell zu stärken - "mit mehr Investitionen in Bildung und Infrastruktur, weniger Bürokratie sowie einer Reform der Unternehmenssteuern".
Die deutsche Wirtschaft hat ihre Ausfuhren im Dezember nach jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamts nur ganz leicht gesteigert. Die Exporteure verkauften demnach kalender- und saisonbereinigt lediglich 0,1 Prozent mehr im Ausland als im Vormonat. Zuvor befragte Ökonomen hatten ein Plus von 0,8 Prozent erwartet. Im Gesamtjahr 2019 lagen die Exporte um 0,8 Prozent höher als 2018.
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Weil die Rezessionskräfte die deutsche Industrie immer noch fest im Griff halten, dürfte es nach Erwartung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) im ersten Quartal zu keinem nennenswerten Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) kommen. IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths erklärte nach den jüngsten, schwächer als erwartet ausgefallenen Produktionszahlen für Dezember, die Industrieproduktion habe sich "mit einem deutlichen Einbruch aus dem Jahr 2019 verabschiedet".
Nach den äußerst schwachen Dezemberwerten ergebe sich für das Schlussquartal ein Rückgang von über 2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Das sei nicht nur das sechste Minusquartal in Folge, sondern bislang auch der kräftigste Einbruch im gegenwärtigen Abschwung. Auch die Auftragseingänge, bei denen es zuvor Anzeichen für eine Stabilisierung gegeben habe, hätten ihre Talfahrt beschleunigt fortgesetzt. "Die Rezessionskräfte haben damit die deutsche Industrie immer noch fest im Griff", konstatierte Kooths.
Zwar seien die Inlandsaufträge im Dezember wieder aufwärts gerichtet gewesen, das schwache Auslandsgeschäft überwiege aber deutlich. Auch wenn die Weltwirtschaft konjunkturell allmählich wieder festeren Tritt fassen dürfte, so drohten kurzfristig vor allem produktionsseitige Ausfälle in Folge der Corona-Epidemie. "Damit dürfte auch die Erholung in der deutschen Industrie länger auf sich warten lassen und das BIP im ersten Quartal 2020 kaum mehr als stagnieren", erwartet der IfW-Konjunkturexperte.
Die Fertigung im produzierenden Sektor Deutschlands war im Dezember laut Statistischem Bundesamt gegenüber dem Vormonat um 3,5 Prozent gefallen. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten dagegen einen leichten Anstieg um 0,1 Prozent prognostiziert. "Die zuletzt schwache Entwicklung der Produktion und der Auftragseingänge deutet darauf hin, dass die Konjunkturschwäche in der Industrie noch nicht überwunden ist", hatte auch das Bundeswirtschaftsministerium die Daten kommentiert.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rechnet für dieses Jahr mit einem nur mäßigen Wachstum der Weltwirtschaft und damit auch nur geringem Schwung für Deutschland. "Eine deutliche Erholung bleibt aus", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang zur Veröffentlichung des neuen "Globalen Wachstumsausblicks" des Verbandes. Erwartet werde "ein schwaches Wachstum der Weltwirtschaft von erneut nur 3 Prozent in diesem Jahr". Der Welthandel bleibe schwach, erwartet werde hier ein Plus von 1,5 Prozent nach 1 Prozent im Vorjahr.
"Hohe Risiken für den Außenhandel deutscher Unternehmen bleiben bestehen, zum Beispiel der unsichere Abschluss eines Handelsabkommens mit dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit", warnte Lang. In dem Bericht bekräftigte der Verband seine Prognose von 0,5 Prozent Wachstum für Deutschland in diesem Jahr. Für den Euroraum werden darin 0,8 Prozent Steigerung erwartet, für die USA 1,9 Prozent und für China 5,8 Prozent. Steigende Unsicherheit ergebe sich aber wegen der Ausbreitung des Coronavirus. "Wir rechnen mit Auswirkungen auf das Wachstum in China", sagte Lang.
Der BDI-Hauptgeschäftsführer beklagte, weltweit fehle es an politischen Ideen, Wachstum durch strukturelle Reformen und finanzpolitische Impulse dauerhaft zu beleben. Europa fehle die Kraft, die Führungsschwäche der USA und Chinas aufzufangen. "Von der Außenwirtschaft gehen keine positiven Wachstumseffekte auf die deutsche Wirtschaft aus", machte Lang klar. Die BIP-Zunahme werde auch dieses Jahr außenwirtschaftlich ausgebremst werden. Deutschland werde sich "nur dank einer steigenden Binnennachfrage durch Bautätigkeit und privaten Verbrauch über Null-Wachstum halten".
Der BDI forderte deshalb "einen anderen Schwerpunkt in der heimischen Finanzpolitik", die sich auf mehr Wachstum ausrichten müsse. "Unsere Forderung ist, öffentliche Investitionen zu stärken und die Rahmenbedingungen für private Investitionen zu verbessern", sagte Lang. "Dazu gehört auch: Unternehmenssteuern runter, Verwaltung digitalisieren, schneller genehmigen."