Das Attribut "historisch" scheint in der Berichterstattung der tagesaktuellen Geschehnisse derzeit fast schon etwas überbeansprucht. Viele Entwicklungen des laufenden Jahres 2022 verdienen aber objektiv betrachtet weiterhin genau diese Zuschreibung, "historisch".
Das 3. Quartal 2022 war anhaltend, vielfach gar beschleunigt, geprägt von volatilen und äußerst widrigen Bedingungen in nahezu allen Anlageklassen. Die teils eruptiven und für viele Anleger schmerzhaften Preisbewegungen erklären sich aus zwei parallel zueinander auftretenden Einflussfaktoren:
- Aus der notwendigen Normalisierung und überfälligen Rückabwicklung der überexpansiven fiskalischen und monetären Bedingungen in der westlichen Welt, und
- Aus der Zeitenwende weg von einem Regime, in dem über die letzten 30 Jahre nahezu Bestbedingungen für Kapitalanlagen vorherrschten, hin zu einem Regime deutlich höherer Unsicherheiten und gesichert schwierigerer Investitionsbedingungen.
Die wiederkehrende Umschreibung der mit immer engerer Taktung erfolgenden Negativ-Schlagzeilen als "historisch" erklärt sich gewiss auch aus einer Form von Recency Bias, in dem Fall der Tendenz der Menschen, die während ihrer eigenen aktiven Laufbahnen vorherrschenden Bedingungen als Normalzustand zu verstehen. Die letzten 30 Jahre, und damit der Erklärungshorizont vieler Marktteilnehmer, waren geprägt von zunehmender Profitabilität der Unternehmen, kontinuierlich fallenden Zinsen, von inflationsarmem Wachstum, zunehmender internationaler Arbeitsteilung und Globalisierung, der Friedendividende, dem deklarierten "Ende der Geschichte".
Abb. 01: EUR-Anleihenmarkt verzeichnet in 2022 höchsten Kursrückgang seit Euro-Einführung
Seit Jahresbeginn nehmen die Märkte weitreichende Neubewertungen und Neubepreisungen von Risikoprämien vor. Sie reflektieren die Transition in ein Umfeld höherer Unsicherheiten, u.a. aus weniger wirtschaftlicher und (geo-)politischer Stabilität, aus der Verschiebung der Kräfteverhältnisse zwischen etablierten und aufstrebenden Mächten, oder aus konflikträchtigeren Verteilungskämpfen um den Zugang zu Rohstoffen. Gleichzeitig reift die Erkenntnis, dass die am Ende nicht nachhaltigen Markteingriffe der letzten Dekaden an das Ende ihrer Wirksamkeit und Tragfähigkeit gelangen.
Gerade in der westlichen Welt reichen die Produktivitätszuwächse schon lange nicht mehr aus, um den Anspruch auf fortgesetzte Prosperitätszuwächse zu bedienen. Weder Demographie noch strukturelle Wettbewerbsfähigkeit hätten - gerade in Europa - in den vergangenen Jahren den weiteren Ausbau von Sozialstaat und Gegenwartskonsum erlaubt. Gleichzeitig wurden Investitionen vernachlässigt und damit künftiges Wachstumspotential geschwächt. Der selbstverständlich wünschenswerte Erhalt des Wohlstandsniveaus hätte intelligente Struktur- und Reformmaßnahmen erfordert. Dazu bestand in den vergangenen Dekaden aber keine politische Bereitschaft bzw. kein gesellschaftlicher Konsens.
Stattdessen wurde in dem Umfeld, in dem Wohlstandszuwächse nicht mehr durch Produktivitätszuwächse unterfüttert waren, ein Weg gewählt, der absehbar eine Zeit lang, aber nicht dauerhaft gut gehen konnte: Mit der fortgesetzten Lockerung von Finanzierungsbedingungen, dem Risikotransfer von privaten auf öffentliche Bilanzen, einem atemberaubenden Verschuldungsaufbau und allerlei Finanz-Turbos, die in Negativzinsen gipfelten, wurde eine Prolongation der sonnigen Tage erkauft. Die Kapitalmärkte billigten diese Markeingriffe durch Zentralbanken und Zentralregierungen erstaunlich lange. Wo gesunde Skepsis angebracht gewesen wäre, richteten sich die Finanzmärkte in großem Vertrauen gegenüber diesen Engineering-Methoden und damit in der Fehleinschätzung ein, dass sie zum Dauerzustand, gleichermaßen zum "Ende der Geschichte" werden könnten.
Die geld- und fiskalpolitischen Akteure mussten diesen Vertrauensvorschuss der Finanzmärkte - etwa das Verschwinden der "Bond Vigilantes", jenen wachsamen Investoren, die unsolider Politik schnell das Vertrauen entziehen - quasi als Affirmation ihres Handelns verstehen. Zusätzlich ermutigt vom scheinbar folgenlosen, immer weiter beschleunigten Interventionismus der Jahre 2008 bis 2020 entstand die Illusion, der Einsatz könne mit jeder neuen Krise unbedenklich erhöht werden. Die Reaktionsfunktion auf die Coronakrise setzte dieser Illusion ein Ende. Der kombinierte Fehler auf Angebots- (durch Lockdownpolitik) und Nachfrageseite (bedarfsübergerechte Fiskalpakete und Geldmengenausweitung) führte schlussendlich zum (durchaus erwartbaren) Überschießen der Inflationsraten. Diese Teuerung erzwingt nun vorerst die Abstinenz von neuem Stimulus.
Marktentwicklungen und Schlagzeilen blieben im 3. Quartal 2022 von schlechten Nachrichten geprägt. Viele marktbewegende Meldungen ließen sich direkt einem der beiden oben genannten Einflussfaktoren zuordnen. Zeitgleich zeichnet sich eine scharfe Rezession ab. Die Fallhöhe des Wachstumsabschwungs ist dabei besonders hoch, weil die Vergleichswerte des künstlichen Booms aus dem Jahre 2021 besonders anspruchsvoll sind. Der Effekt ist in den Quartalsberichten vieler Unternehmen bereits deutlich spürbar. So verzeichnete die Aktie des Logistikdienstleisters Fedex im September nach Veröffentlichung der Quartalszahlen den größten jemals gemessenen Tagesverlust. Seit den Höchstständen im Mai 2021 hat die ob ihres frühzyklischen Geschäftsmodells gern als Gradmesser für die Richtung der globalen Wirtschaft gesehene Aktie um über 50% abgegeben. Deutliche Kursrückgänge waren auch bei vielen Rohstoffen zu verzeichnen. Gerade der Preisverfall bei wichtigen Industriemetallen stützt die Erwartung eines stark kontraktiven wirtschaftlichen Umfelds über die kommenden Monate. Rekordtiefs bei der Verbraucherstimmung und die Eintrübung vieler Frühindikatoren lassen eine beschleunigte Wachstumseintrübung als nahezu garantiert erscheinen.
Die Abfolge besorgniserregender Meldungen unterliegt einer immer engeren Taktung, Regierungen scheinen im Dauerkrisenmanagement. Die geopolitischen Risiken bauen sich weiter auf, der Ukrainekrieg hat unverändert hohes Eskalationspotential, wie auch die Mittel hybrider Kriegsführung außerhalb der eigentlichen Gebiete der Kampfhandlungen zeigen (z.B. die Sabotageakte der Krimbrücke, Nordstream-Pipelines oder bei der Deutschen Bahn).
Der starke US-Dollar belastet nahezu alle risikonahen Anlagen. Der Euro verbleibt indessen unter enormen Abwertungsdruck. Die Gemeinschaftswährung notiert deutlich unter Parität zur US-Valuta und auf dem schwächsten Niveau seit 2002. Die Zinsen globaler Anleihen sind über die Sommermonate im Saldo weiter angestiegen, der Trend zu Leitzinserhöhungen ist ungebrochen. Für US-Staatsanleihen zeichnet sich 2022 das schlechteste Jahr in über sieben Dekaden ab. Die extremen Kursrückgänge wichtiger Rentenindizes und Benchmarks können nur als "historisch" bezeichnet werden.
Abb. 02: Historischer Renditeanstieg bei UK-Staatsanleihen
Besonders extreme Bewegungen bei Zins und Währung waren zuletzt in Großbritannien und Japan zu beobachten. Beide Beispiele zeigen, dass die Grenzen einer vermeintlich folgenlosen Interventionspolitik erreicht sind und eine Fortsetzung den ernsthaften Vertrauensverlust in Zins und/oder Währung riskiert. In Japan resultiert das starre Festhalten der Notenbank an der Zinsdeckelung in einem dramatischen Verfall der Währung. Die Notenbank intervenierte in der Folge an den Devisenmärkten. In Großbritannien zwangen teils schon ungeordnete Marktbewegungen bei Staatsanleihen die Notenbank zur Notmaßnahme der Wiederaufnahme der Anleihekaufprogramme. Die Situation in Großbritannien illustriert die Unmöglichkeit, die aus den Sonnentagverlängerungsmaßnahmen der letzten Dekaden erwachsenen Ungleichgewichte ohne Schmerzen zurückführen zu können. Einerseits müsste die Bank of England die Geldpolitik deutlich straffen, um der außer Kontrolle geratenen Inflation wieder einigermaßen Herr zu werden. Weitere Zinsabhebungen und der Bilanzabbau wären dazu nötige Maßnahmen. Andererseits kann und will sie keinen unbegrenzten Anstieg der langlaufenden Zinsen tolerieren und greift so als erste europäische Notenbank zu einer Form der Zinskurvenkontrolle. Das Verhalten gleicht einem Autofahrer, der Gaspedal und Bremse zugleich bedient.
Einordnend ist festzuhalten, dass die britischen Anleihekurse zwar durch spezifische Auslöser (waghalsige Finanz-Jonglage einiger Pensionskassen und die durchaus fragwürdigen und unsoliden Fiskalpläne der neuen Regierung) unter Druck geraten waren, doch ist es im Prinzip unerheblich, welcher spezifische Windhauch eine auf Sand gebaute Finanzarchitektur letztlich ins Wanken geraten lässt. Das Beispiel Großbritanniens zeigt, dass die Risiken systemischer Vertrauenskrisen inzwischen als spürbar erhöht gelten müssen und warnt andere Regierungen, es fiskalisch nicht zu übertreiben.
Historische Zinsanhebungen
Die normative Kraft des Faktischen, nämlich global stark erhöhte Inflationsraten, zwingt nahezu alle Notenbanken nun in eine Serie deutlicher Zinsanhebungen. Mit erheblicher Verzögerung scheint schlussendlich eine Rückbesinnung auf den eigentlichen Auftrag – Preisstabilität – einzutreten. Selbst die EZB konnte sich bei ihrem Zinsentscheid im September zu einem für ihre Verhältnisse kräftigen Zinsschritt von 75 Basispunkten auf 0,75% (Einlagenzins) bzw. 1,25% (Leitzins) entschließen.
Der weitere Entzug von Liquidität aus den Märkten korrigiert teilweise die (von den Notenbanken zwischenzeitlich zaghaft selbst eingeräumten) Fehler von 2021, bremst überschüssige Nachfrage und Arbeitsmärkte, vertieft die Rezessionsrisken und trägt zur beschleunigten Vermögenspreisdeflation bei.
Abb. 03: Leitzinsvergleich wichtiger Währungsräume
Besonders die US-Notenbank signalisiert in Wort und Tat seit einiger Zeit Entschlossenheit. Sie scheint sichtlich bemüht, sich ihr wichtigstes Gut - die eigene Glaubwürdigkeit – zurückzuerarbeiten. Die dafür nötigen Schmerzen, die es Konjunktur und Märkten im Zuge weiterer Zinsanhebungen zuzufügen gilt, ist sie den eigenen Verlautbarungen nach, anders als in der Vergangenheit, bereit zuzulassen. Möglicherweise lassen die anhaltend hohen Inflationsraten auch schlicht nicht die Wahl, andere Ziele als die Rückkehr zu verträglichen Preissteigerungsraten höher zu gewichten. Eine erste kleine Bewährungsprobe für die neue Unbeirrbarkeit der Fed kann dabei bereits als erfolgreich bestanden gewertet werden: Im Juli hatte sich als Narrativ du jour an den Märkten die quasi sichere Erwartung eines unmittelbar bevorstehenden "Fed Pivots" festgesetzt. Anders als allzu oft in der Vergangenheit hat sich die Fed aber nicht von den Markterwartungen leiten lassen, sondern den seltsamen Pivot-Wetten vielmehr eine klare und unmissverständliche Absage erteilt.
Diese lobenswerte Standhaftigkeit und Bereitschaft sich gegen die Märkte zu stellen, verdient Respekt und nährt Hoffnungen, dass die Normalisierung der geldpolitischen Bedingungen im aktuellen Zyklus tatsächlich nicht wieder verfrüht abgebrochen wird und eine Rückkehr zu Normalbedingungen noch möglich ist. Eine Marktkorrektur und Rückabwicklung der über die letzten Jahre aufgebauten Ungleichgewichte im realwirtschaftlichen (z.B. "Zombifizierung", Immobilienpreise, Fehlallokationen, usw.) und finanzwirtschaftlichen Bereich (primär Vermögenspreisblasen, Fehlbepreisung von Risiken) sind die nötige Vorbedingung, um in den kommenden Jahren wieder in einem insgesamt robusteren System nachhaltigere Risikoprämien erwirtschaften zu können. Mitte Oktober lagen die Markterwartungen für den Mitte 2023 zu erreichenden Leitzins in den USA bei etwa 4,70%, für den Einlagenzins der EZB bei ca. 3%. Beide Werte signalisieren, dass bis dahin noch erhebliche Wegstrecke zurückzulegen ist und gerade die beschleunigte Eintrübung der Konjunktur keinen Mangel an Verlockungen und Argumenten bieten wird, mit einer weiteren Straffung in einen wirtschaftlichen Abschwung hinein diesen nicht noch zu verstärken. Auch ist nicht zu verkennen, dass die aktuelle Geldpolitik in Anbetracht der hohen realisierten Inflationsraten in den meisten Regionen noch immer als expansiv gewertet werden muss.
Investmentimplikationen: Werden die Zinsprojektionen für 2023 erreicht und bleiben die mittelfristigen Inflationserwartungen konstant auf dem aktuellen Niveau (Europa ca. 2,30%, USA ca. 2,40%) verankert, wird eine weitgehende Normalisierung der Investitionsbedingungen erreicht. Im Bereich festverzinslicher Anlagen ist (unter der Annahme wieder steilerer Zinskurven) eine weithin angemessene Risikokompensation möglich. Der Weg zum Hochpunkt im aktuellen Zinszyklus wird aber weitere Schmerzen auslösen. Die Kursrückgänge bei Aktien, Renten, Immobilien und Rohstoffen werden sich noch fortsetzen, solange der Realzins weiter ansteigt. Die dann erfolgten Bewertungskorrekturen eröffnen in nahezu allen Anlageklassen nach vorne gerichtet deutlich bessere Ausgangsbedingungen als sie über weite Strecken der Nachfinanzkrisenjahre geherrscht haben.
Lassen sich hingegen die Notenbanken von weiteren Marktturbulenzen und einer um die Jahreswende raschen und heftigen Rezession abschrecken und brechen die ausstehenden Zinserhöhungen ab ("Fed-Pivot" / "EZB-Pivot") oder kehren gar zu neuen Gelddruck-Programmen zurück, würde dies kurzfristig eine massive Rallye in allen Anlageklassen auslösen, die im umgekehrten Szenario zunächst weiter unter Druck stehen würden. Anleger sollten ihre Hoffnungen aber gerade nicht auf einen solchen Verlauf setzen. Ein Abbruch der Normalisierung würde die vermutlich letzte Chance verpassen, eine einigermaßen geordnete Wiederherstellung eines von positiven Realzinsen geprägten Marktumfelds herbeizuführen. Inflationserwartungen würden sich vermutlich auf einem dauerhaft höheren Niveau festsetzen und die für Anleger mittel- und langfristig so schädliche finanzielle Repression zum Dauerzustand.
Historische Realzinsbewegungen
Die Erkenntnis ist für regelmäßige Leser nicht neu: Alles hängt am Realzins! Der Realzins – also der um die mittelfristige Inflationserwartung bereinigte Anlagezins – ist in einer Volkswirtschaft und speziell für Anleger der wichtigste Preis überhaupt. Die Historie zeigt den eindeutigen, statistisch hochsignifikanten Zusammenhang: Die Höhe des vorherrschenden Realzinses ist entscheidend für die nachfolgenden Ertragsmöglichkeiten in allen Anlageklassen. Hohe, positive Realzinsen zum Zeitpunkt einer Ausgangsinvestition ermöglichen in den folgenden Jahren attraktive Gesamterträge bei Aktien, Renten und gemischten Anlagestrategien. Niedrige oder gar negative Realzinsen (die unter natürlichen Bedingungen niemals vorherrschen dürften) zu Beginn einer Investitionsperiode führen zu beinahe garantierten Enttäuschungen in den mittel- und langfristig nachfolgend realisierbaren Anlagerenditen. Dieser Effekt kann – wie über die letzten Jahre gesehen – durch Geld-Doping der Notenbanken kurzzeitig außer Kraft gesetzt werden und kurzfristig Überrenditen bzw. Schein-Renditen produzieren, die nicht aus dem Realzins erklärt sind. Diese künstlichen Renditen (wir warnten in der Vergangenheit stets vor "aus der Zukunft geborgten Erträgen") sind aber illusionär und gar gefährlich, wenn sie von Anlegern voll verwendet und als Erwartungsniveau in die Zukunft fortgeschrieben werden. Denn stets erfolgt eine schmerzhafte Rückabwicklung der Überrenditen, wenn der früher oder später nötige Liquiditätsentzug der Notenbanken einsetzt und die Realzinsbedingungen wieder normalisiert. Die historisch schlechten Anlageergebnisse des Jahres 2022 sind daher auch primär das Ergebnis der historisch einmaligen Markteingriffe durch Regierungen und Notenbanken in den Vorjahren. Sämtliche Überrenditen der Jahre 2020-21 sind binnen kürzester Frist zurückgeführt, gerade in den Marktsegmenten, in denen das Ausmaß der zuvor aufgebauten spekulativen Exzesse besonders extrem war (z.B. "Krypto", viele Technologieaktien, Unternehmen mit niedriger Qualität und hoher Verschuldung). Ähnliche Effekte sind an vielen Immobilienmärkten noch zu erwarten, hier unterliegen die Preisanpassungen naturgemäß einer höheren Trägheit.
Abb. 04: Inflationsgeschützte Anleiherenditen in % für US-Treasuries in USD und Bundesanleihen in EUR
Die künstliche, ungesunde Absenkung des Realzinses nährt Spekulationsblasen. Das Wiederzulassen der Schwerkraft, also die Rückkehr des Realzinses auf ein natürliches, manipulationsfreies Niveau, welches sich als Marktgleichgewicht ohne Notenbankankäufe bilden kann, ist hingegen zunächst ein schmerzhafter Prozess, der zuvor aufgebaute Fehlbepreisungen korrigiert. Doch erlaubt ein zumindest neutraler Realzins (von größer 0) in allen Anlageklassen nach vorne gerichtet wieder sehr viel bessere Anlageergebnisse als sie vom Erwerbszeitpunkt stark negativer Realzinsen aus möglich gewesen sind.
Abb. 05: Realzinsniveau und nachfolgende Renditen eines Mischportfolios
In den USA liegt der Realzins heute auf dem höchsten Niveau seit 2011, in Europa erreicht er den höchsten Stand seit 2014. Die Realrendite inflationsindexierter Bundesanleihen mit Laufzeit 2046 wurde in den letzten Tagen erstmals seit dem Jahr 2016 wieder positiv.
Investmentimplikationen: Kann das erreichte Realzinsniveau auf dem aktuellen Niveau verteidigt werden, eröffnen sich für Anleger nach vorne blickend sehr viel optimistischere Anlageperspektiven als über die letzten 7-10 Jahre. Neu- und Wiederanlagen versprechen vom aktuellen Realzinsumfeld aus ceteris paribus höhere langfristige Gesamterträge als in den vergangenen Jahren möglich waren. Die jahrelange, künstliche Absenkung des Realzinses durch die Notenbanken wurde vom Markt 2022 innerhalb sehr kurzer Zeit korrigiert. Dieser notwendige Korrekturprozess hat die Wertentwicklung aller traditioneller Anlageklassen stark belastet. Investoren müssen sich in einer vollständigen Analyse auch mit der Frage auseinandersetzen, ob ein weiterer Anstieg des Realzinses realistisch ist. Ein solcher weiterer Anstieg würde die Investitionsbedingungen nach vorn noch weiter verbessern, gleichzeitig aber für bestehende Anlagen auch weiteres Korrekturpotential eröffnen.
Ohne Eingriffe von Notenbanken in die Marktpreisbildung liegt der angemessene Realzins naturgemäß oberhalb der Null-Linie. Wie weit oberhalb von 0 sich der Zins etabliert, hängt vom langfristigen realen Produktivitäts- und Wachstumspotential eines Wirtschaftsraums ab. In den Jahren vor der Finanzkrise bewegte sich der Realzins selbst in der Eurozone zwischen 2% und 3%. In Hinblick auf die strukturelle Wachstumsschwäche der Eurozone und neu hinzukommende Herausforderungen aus Energie- und Zeitenwende (dazu später mehr) scheint eine Rückkehr zu solch optimistischen, aus dem Realzins implizierten, Wachstumsannahmen sehr unwahrscheinlich.
Investmentimplikationen: Ausgeschlossen ist ein weiterer Anstieg des Realzinses und eine Verankerung auf einem strukturell höheren Niveau natürlich nicht. Szenariobetrachtungen legen - speziell bei europäischen Vermögenswerten - jedoch eine gewisse Vorteilhaftigkeit nahe, sich bereits auf dem heute erreichten Niveau eine ansprechende Ausgangsbewertung einzulocken und damit Vorsorge gegen einen möglichen neuerlichen Rückgang des Realzinses zu treffen, der z.B. dann eintreten würde, wenn sich die Notenbanken zurück in den Interventionsmodus begeben würden.
Auch sind die politischen Anreize für eine fortgeführte finanzielle Repression (Stichwort reale Entschuldung der Staaten) unverändert hoch. Die finanzielle Repression erfordert negative Realzinsen, um Wirkung zu entfalten. In Europa scheint gegenüber einem weiteren Anstieg des Realzinses die Festsetzung allenfalls moderat über Null das deutlich wahrscheinlichere Szenario. Anleger haben die Möglichkeit, Investitionen in anderen Währungsräumen in Erwägung zu ziehen, in denen ein deutlich höheres Realzinsniveau vorherrscht. So ist etwa Brasilien seit geraumer Zeit bei Aktien, Renten und Währung klarer Outperformer, weil in dem südamerikanischen Land ein attraktiver Realzins realisiert werden kann. Auch der US-Dollar-Raum bietet gewiss höheres Potential für strukturell höhere Realzinsen. Entscheidend ist auch die weitere Entwicklung der Inflationserwartungen. Verbleiben sie, wie in den letzten Monaten, in einem bemerkenswert engen Korridor, würde dies die zurückgekehrte relative Attraktivität festverzinslicher Anlagen bestätigen. Würde hingegen Anpassungsbedarf nach oben bestehen, weil die Märkte z.B. die Glaubwürdigkeit der Inflationsbekämpfung der Notenbanken in Zweifel ziehen, wäre die Investmentthese der bereits erreichten günstigeren Ausgangsbewertungen in Frage gestellt. Gegen einen Anstieg der Inflationserwartungen können sich Investoren leicht mit inflationsindexierten Anleihen schützen. Gegen einen weiteren Anstieg des Realzinses hingegen schützen diese Instrumente nicht.
Historische Enttäuschung bei Gold?
In engem Zusammenhang mit dem Realzins steht traditionell auch der Goldpreis. Gerade im laufenden Jahr zeigen sich viele Beobachter verwundert ob der vermeintlichen Schwäche des Edelmetalls. Die Bedingungen für einen höheren Goldpreis scheinen an sich ideal: Sehr hohe Inflation. Die höchsten geopolitischen Risiken seit genau 60 Jahren, als im Oktober 1962 die Kubakrise die Welt in Atem hielt. Hohe Unsicherheiten aus dem konjunkturellen Umfeld. Die Nachwirkungen der gigantischen Geldmengenausweitungen der vergangenen Jahre. Systemische Stresssymptome in entwickelten Märkten wie Japan und Großbritannien. Dennoch liegt der Preis der Feinunze Anfang Oktober mit 1.670 US-Dollar deutlich unter dem Stand zu Jahresbeginn bei etwa 1.800 US-Dollar.
Abb. 06: Entwicklung des Goldpreises und der Realzinsen (jeweils in USD)
In Dollarrechnung liegt das Edelmetall seit Jahresbeginn tatsächlich mehr als 8% im Minus. Im seit jeher robust negativen Korrelationsverhalten von Gold gegenüber dem US-Dollar als seiner Handelswährung liegt bereits eine wesentliche Erklärung der Schwäche. Der starke Dollar belastet – wie bei anderen Rohstoffen auch – den Metallpreis. In Euro betrachtet ergibt sich ein anderes Bild: Mit einem Plus von ca. 7% seit Jahresbeginn hatte das Edelmetall für einen Euro-basierten Anleger durchaus einen nennenswerten Beitrag zum Kapitalerhalt und lieferte insbesondere einen verlässlichen Ausgleich für den Kaufkraftschwund der erodierenden heimischen Währung.
Als "Währung ohne Zins" leidet Gold aber vor allem unter den stark steigenden Realzinsen. Die Opportunitätskosten der ertragsfreien Goldhaltung steigen gegenüber der Kassehaltung, wenn letztere wieder attraktivere Zinseinkünfte ermöglicht. Das Verhalten des Goldpreises war in den vergangenen Jahren sehr stark bestimmt von den relativen Veränderungen des Realzinses. Die jeweiligen Treiber des Goldpreises sind im Zeitablauf zwar instabil und durchaus veränderlich, doch setzt sich mittel- bis langfristig das vorherrschende Realzinsumfeld als bedeutender Bestimmungsfaktor fest.
In Anbetracht der sehr hohen geopolitischen Risiken und auch den Unsicherheiten hinsichtlich der Standhaftigkeit der Notenbanken in ihrem zaghaft wiederentdeckten Stabilitätskurs hätte der Goldpreis aus unserer Sicht jedoch durchaus eine etwas höhere Prämie verdient, als derzeit vom Markt zugebilligt wird. Auch eine mögliche Gold-positive Neuordnung des globalen Finanzsystems in Folge der westlichen Sanktionen und wahrscheinlicher Entwicklungen von Alternativstandards im asiatischen Raum scheint derzeit noch nicht reflektiert.
Historische Spekulationsblase platzt
In noch viel stärkerem Ausmaß als beim Goldpreis belastet 2022 die Rückkehr des Realzinses auf ein natürlicheres Niveau aber traditionelle Risikoarten wie Zins- und Aktienrisiko. Der einfache Mechanismus der Abdiskontierung künftig erwarteter Zahlungsströme eines Vermögenswerts mit dem (veränderlichen) Abzinsungsfaktor bestimmt den heutigen Marktpreis dieses Vermögenswerts. Als logische Folge der künstlichen Herabsetzung des Abzinsungsfaktors in den vergangenen Jahren durch Negativzinsen, Ankaufprogramme und billiges Geld explodierten völlig logisch auch die Marktpreise und Bewertungen faktisch aller liquider und illiquider Anlageobjekte. Die Preiszuwächse am US-Immobilienmarkt in den letzten beiden Jahren waren viel stärker als zu Zeiten der Immobilienpreisblase 2005-2006. Auch in vielen europäischen Immobilienmärkten stiegen die Preise mit mehr als 10% p.a. ins Unermessliche. Negative Renditen bei Anleihen wurden in vielen Regionen zum akzeptierten Normalzustand. Die Bewertungen vieler Aktien erreichten wahrhaft abenteuerliche Höhen und ließen bei einigen Indizes und Sektoren selbst das um die Jahrtausendwende erreichte Ausmaß an Spekulationsblasen als moderat erscheinen. Über die ersten drei Quartale 2022 gaben viele Aktienmärkte nun kräftig ab. Der S&P 500 verlor 24% (in Euro -11,5%), der Nasdaq 100 32%, der EuroStoxx 20%.
Die letzten Jahre - und insbesondere 2021 - werden daher gesichert einen unrühmlichen Platz in der Finanzgeschichtsschreibung finden und sich einreihen in die größten Spekulationsblasen der Menschheitsgeschichte, auf Augenhöhe historischer Analogien wie der niederländischen Tulpenzwiebelmanie 1637, der Südseeblase 1720, John Laws Mississippi- und Gelddruck-Experimenten 1719, der japanischen Blase 1990 und eben der Dot.Com Blase 1999, deren Verarbeitung mehr als drei Jahre Bärenmarkt bedurfte. Die bis Ende 2021 erreichten, teils noch extremeren Überbewertungen als 1999 führen die Korrekturnotwenigkeit vor Augen.
Abb. 07: Aktienmarktbewertungen USA gemessen am KUV
Die Bewertungskorrektur hat seit Jahresbeginn 2022 mit steigenden Diskontierungsraten eingesetzt, ist aber noch nicht so weit vorangeschritten, dass nun in der Breite bereits von fairen oder gar günstigen Aktienmarktbewertungen gesprochen werden kann. Auf Basis des S&P 500 befinden sich verlässliche Bewertungsmaßstäbe noch immer auf einem hohen Niveau, welches in der Vergangenheit noch zuverlässig mit nachfolgend enttäuschenden Aktienmarkterträgen einherging.
Die Korrektur der Überrenditen erfordert Zeit. Die bislang erfolgten Kursrückgänge konnten den S&P 500 noch nicht wieder auf den langfristigen, durch ökonomische Wertschöpfung erklärten Trend zurückführen. Weitere Bewertungskorrekturen scheinen daher notwendig.
Abb. 08: Performancevergleich S&P 500 vs. klassische Renditeannahme von 7% p.a. (in %)
Die Bewertungskorrektur ist ebenfalls eine direkte Folge der Realzinsbereinigung. So schmerzhaft sie im Moment wirkt, ist sie doch notwendig, um eine Heilung der ungesunden Liquiditätsüberfütterung der Vorjahre zu erreichen. Der resultierende Bärenmarktkater lässt viele Marktteilnehmer eine Rückkehr zu den vermeintlich "guten Zeiten" der Partystimmung herbeisehnen. Genau aus diesem Denken erklärt sich die zwischenzeitliche, etwas seltsam anmutende Sommerrallye der Aktienmärkte im Juli. Ausgehend von der Wette, ein "Fed-Pivot" stünde unmittelbar bevor und die US-Notenbank würde bald schon in den Zinssenkungsmodus übergehen, wurde in vorweggenommener Feierlaune wieder beherzt zugekauft, in der Annahme, künftig wieder abgesenkte Diskontierungsraten würden das nun erreichte Bewertungsniveau rechtfertigen.
Abb. 09: Blick in die Historie
Historisch informiert war eine solch gewagte Investmentthese in jedem Fall zu keiner Zeit: Abgesehen davon, dass es keine wirklich belastbaren Anzeichen eines "Fed-Pivots" gab, zeigt der Blick in vergangene Zinszyklen eindeutig, dass ein Ende der Zinsanhebungen der Notenbank keineswegs gleichbedeutend mit "grünem Licht" für die Aktienmärkte war. Im Gegenteil begann der schlimmste Teil des Bärenmarktes oft erst dann, wenn die Notenbank die letzte Zinsanhebung getätigt hatte. Im Umfeld dann bereits sichtbar werdender konjunktureller Bremsspuren und scheinbar nötig werdender geldpolitischer Lockerung gerieten stets auch die Unternehmensgewinne verstärkt unter Druck. Der Effekt starker Abwärtsrevisionen der Gewinnschätzungen lastete im Regelfall viel stärker auf den Marktpreisen als die erhoffte Reduzierung des Diskontierungsfaktors. Zusätzlich lastet eine typischerweise fallende Risikobereitschaft in rezessiven Zeiten auf der Nachfrage nach Aktien. So dauerte es etwa um die Jahrtausendwende vom letzten Zinsschritt der Fed im Mai 2000 fast drei Jahre, bis die Aktienmärkte schließlich im März 2003 ihren Boden fanden. Gut in Erinnerung ist Vielen sicher die Finanzkrise: Nach der letzten Zinserhöhung im Sommer 2006 standen die Märkte - begleitet von starken Zinssenkungen der Fed - bis zur Bodenbildung im Frühjahr 2009 unter extremen Stress. Die Abkehr der Fed vom Straffungskurs war also historisch keineswegs ein bullisches "all clear" Signal für die Aktienmärkte, sondern die Reaktion auf einen deutlich eingetrübten ökonomischen Ausblick, der wiederum stark auf den Gewinnerwartungen der Unternehmen lastet.
Investmentimplikationen: Ohnehin sehen wir einen "Fed-Pivot" nicht als unmittelbar bevorstehend. Doch selbst wenn das Signal einer Zinspause getätigt und damit sicherlich eine kurzfristige Rallye ausgelöst würde, wären wir nicht veranlasst, ein mögliches Ende des Zinszyklus als Kaufsignal zu werten. Weiterhin informieren Bewertung und Trendfaktoren unsere relative Risikopositionierung. Die Hoffnung auf lockerere Finanzierungsbedingungen wurde historisch fast immer durch reduzierte Gewinnerwartungen überkompensiert, sodass die Aktienmärkte bei bereits fallenden Zinsen besonders stark unter Verkaufsdruck standen. Vom Zeitpunkt der letzten Zinsanhebung bis zum Ende des Bärenmarktes vergingen historisch im Schnitt mehr als 12 Monate. Auch mit Blick auf den aktuellen Bärenmarkt gehen wir davon aus, dass mit den Kursverlusten seit Jahresbeginn 2022 ein Teil der notwendigen Bewertungskorrekturen erfolgt ist, eine Anpassung der Gewinnerwartungen an die kommende Rezession aber noch nicht hinreichend in den Kursen reflektiert ist. Die Rücksetzung der Gewinnprognosen auf einen Trendpfad, der mit den unerfreulichen konjunkturellen Aussichten für 2023 korrespondiert, ist für viele Unternehmen, Branchen und Indizes noch nicht in hinreichendem Maße erkennbar. Gerade gemessen an den Kursverlusten, die auf vergangene Spekulationsblasen ähnlichen Ausmaßes folgten, scheinen zudem auch bewertungsseitig noch weitere Spielräume für Abwärtskorrekturen gegeben. Allgemeinhin gilt, dass die Bewertungen in den USA im Mittel noch deutlich höher sind als in Europa (das waren sie allerdings über die letzten Jahre schon immer, und diese Beobachtung kann auch als "Normalzustand" akzeptiert werden, weil die Geschäftsmodelle zum einen vielfach robuster sind und die US-Unternehmen zum anderen von sehr viel besseren Bedingungen profitieren, u.a. bei Marktwirtschaft und unternehmerischer Freiheit, Regulierungsgrad und Bürokratie sowie einem sehr viel höherwertigen Rahmen von Rechtsstaatlichkeit). Das Bewertungsdifferential hat sich aber noch einmal weiter ausgeweitet. So stellt sich früher oder später zwangsläufig die Frage, ab welcher Höhe eines Bewertungsdiscounts europäische Aktien trotz aller strukturellen Schwächen und bekannten Herausforderungen nicht doch an relativer Attraktivität gegenüber US-Werten einen Vorzug genießen könnten.
Optisch erscheinen viele europäische Unternehmen im Vergleich zur eigenen Historie inzwischen tatsächlich günstig oder gar als Schnäppchen. In diesen Bewertungen ist bereits reflektiert, dass eine Rückkehr zu den Umsatz-, Margen- und Gewinntrends von vor 2020 faktisch ausgeschlossen scheint. Für viele Unternehmen im industriellen Bereich und produzierenden Gewerbe stellt sich gar die Frage nach der Überlebensfähigkeit, einige davon sind selbst auf den aktuell gehandelten Niveaus sicher noch zu teuer. Die Bewertungen europäischer Unternehmen mit breiteren internationalen Absatzmärkten und geringeren Abhängigkeiten von Energiepreisen verdienen aber in einzelnen Fällen durchaus den Einstieg in eine genauere Analyse der spezifischen Treiber des jeweiligen Bewertungsabschlags. Generell gilt, dass sich die Investitionsbedingungen für europäische Vermögenswerte 2022 stark verschlechtert haben. Vielfach wird Europa inzwischen von außereuropäischen Investoren als "uninvestierbar" angesehen. Diese Betrachtung dürfte sich vermutlich erst dann ändern, wenn glaubhafte Signale für die Bereitschaft erkennbar werden, energiepolitische Irrwege zu verlassen und entideologisierte, realpolitische Ansätze in der Energiebereitstellung wirksam werden zu lassen.
Historische Bewährungsproben für Europa
Die extremen Herausforderungen, mit denen sich Europa konfrontiert sieht, haben sich teilweise erkennbar über Jahre aufgebaut (wie die Energiesituation oder die Inflation) oder werden als Folgen der "Zeitenwende" als zusätzliche Belastung zur historischen Bewährungsprobe. Ob Rezession, nachwirkende Corona-(Lockdown-)Schäden, galoppierende Inflation, Ukrainekrise, demographische Krise, Rohstoffkrise, Wettbewerbsfähigkeitskrise, nie gelöste Eurokrise, explodierende Energiepreise: Die sich teilweise gegenseitig noch verstärkenden Herausforderungen treffen auf einen dafür denkbar schlecht vorbereiteten Kontinent ohne Resilienz, ohne Reserven, ohne Rücklagen, ohne geeignete, abgestimmte Regelwerke und auf eine Leadership, deren mehrheitlich konfuses Agieren zeigt, dass sie den Anforderungen nicht gewachsen scheint.
Insbesondere die Energiekrise bedarf aber einer dringlichen, funktionierenden Lösung, andernfalls riskiert Europa dauerhafte und irreversible ökonomische Schäden. Erste Produktionskürzungen, Betriebsstillegungen und -schließungen sind vor allem im produzierenden Gewerbe bereits zu beobachten, weitere werden folgen. Viele Handwerker und Mittelständler stehen mit dem Rücken zur Wand. Bei den meisten Verbrauchern sind die Preissteigerungen noch nicht einmal wirksam geworden. DIHK-Chef Peter Adrian warnte für Deutschland vor "Wohlstandsverlusten in unvorstellbarem Ausmaß". Der Fortbestand der chemischen Industrie ist klar gefährdet, ebenso wie viele Zulieferer der Automobilindustrie und verschiedener Zweige des fertigenden Gewerbes.
Die Wettbewerbsfähigkeit und Existenzgrundlage ganzer Geschäftsmodelle und Branchen steht in Frage. Familienunternehmen, die Hyperinflation und zwei Weltkriege überlebten, stehen davor aufgegeben zu werden, weil sie die exorbitanten Energiekosten nicht mehr stemmen können. Derivative Effekte der Energiepreise und Energieknappheit gefährden wiederum die Produktion in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion: Der Mangel an CO2 (als Pflanzennahrung) macht sich in Gewächshäusern (die zudem nicht mehr beheizt werden können) bemerkbar, die Nichtverfügbarkeit von Kohlensäure trifft Bierbrauer und Mineralwasserhersteller. Kühlhäuser müssen schließen und gefährden die Logistikketten im Lebensmitteleinzelhandel. Die Risiken aus möglichen Blackouts schweben als zusätzliches systemisches Risiko über Europa.
Ohne eine dauerhaft tragfähige Lösung werden energieintensive Produzenten aus Europa abwandern und ihre Produktion dahin verlagern, wo Energie verfügbar und bezahlbar ist. Als wettbewerbsfähigere Standorte sind neben Nordamerika auch Indien und China vieldiskutierte Alternativen. Der erhoffte Trend des "Onshorings", von dem Europa nach Corona hätte profitieren sollen, kehrt sich damit zunächst um. Die Nettowanderungsbewegungen wertschöpfender Unternehmen werden negativ. Der aus verfehlter Energiepolitik und verfehltem Sanktionsdesign geschaffene Standortnachteil verlagert sukzessive Produktion und Arbeitsplätze von Europa nach China oder in die USA.
Abb. 10: Eurozone rutscht in den Defizitbereich
Diese problematische Entwicklung verstärkt Abwärtsspiralen auf gleich mehreren Ebenen. Neben offensichtlichen Effekten wie der Schwächung heimischer Kaufkraft, sinkenden Steuereinnahmen, Wegfall von Arbeitsplätzen, Wegfall von Know-How, von Forschung und Entwicklung, Aufbau neuer Lieferkettenrisiken und Abhängigkeiten gegenüber dem Ausland setzte auch ein struktureller Kapitalabfluss ein, der den jüngst in Gang gesetzten Trend der massiven Verschlechterung deutscher und europäischer Leistungsbilanzen weiter verstärkt.
Die Leistungsbilanzsalden geraten von massiv verteuerten Energieimporten, die in aufwertenden US-Dollar zu zahlen sind, unter Druck, zusätzlich aber auch über die taumelnde Handelsbilanz, die klare Alarmsignale für die bereits wegbrechende Wettbewerbsfähigkeit europäischer Produktion sendet.
Die relative Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Indien, China oder anderen asiatischen Produktionsstandorten schwindet zusätzlich, weil diese Länder keine Berührungsängste haben, günstige russische Energie im Eigeninteresse zu verwenden. Im globalen Wettbewerb gleicht Europa derzeit einem Fußballteam, welches freiwillig, mit ideologischer Begründung, mit nur 8 Spielern gegen einen Gegner in voller Mannschaftsstärke antritt. Eine sich möglicherweise verschärfende Leistungsbilanzkrise bei immer teureren Energieimporten (mit resultierend weiterem Abwärtsdruck auf den Euro und weiterem Aufwärtsdruck auf die Inflation) und die Erkenntnis, dass bezahlbare und verfügbare Energie unverzichtbarer Inputfaktor in die europäische Industrielandschaft ist, lassen genau einen Lösungsansatz erkennen: Es bedürfte einer massiven Angebotsoffensive in allen verfügbaren heimischen Energieträgern.
Umsetzungsschritte hin zu dieser einzig tragfähigen Lösung sind aber derzeit noch nicht erkennbar. Die Politik verliert sich in Einzelmaßnahmen, die allesamt der Kategorie "Symptombekämpfung" (Gaspreisdeckel, Energiekostenzuschüsse, usw.) zurechenbar sind, aber keinen Wirkbeitrag zu den Ursachen der Energiekrise haben. Soll die schleichende Deindustrialisierung Europas und dauerhafte Verschiebung globaler Standortbedingungen noch abgewendet werden, müsste zügig eine konzertierte Anstrengung unternommen werden, um die Energiemärkte mit einem kräftigen Angebotsplus zu stabilisieren. Fallende Energiepreise und zurückgewonnene Planungssicherheit für die Unternehmen würden dann den Erhalt der industriellen Basis ermöglichen.
Abb. 11: Strommix in Deutschland im 1. Halbjahr im Jahresvergleich (in %)
Indes scheinen die meisten Aktivitäten derzeit von der naiven Selbsttäuschung geleitet, man müsse nur irgendwie über "diesen Winter" kommen. Danach werde schon alles wieder gut. Eine derartig grobe Fehleinschätzung des tiefgreifend strukturellen Charakters der Problemlage verwundet fast genauso wie die vielen guten Ratschläge einiger Verantwortlicher zum Duschen und Pullover-Tragen. Unter anderem keine dauerhaft geeignete Lösung ist daher die Hoffnung, mit LNG wegfallende Pipelinegaskapazitäten aus Russland substituieren zu können. Flüssiggas kann einerseits nicht in den benötigen Mengen bereitgestellt werden und ist anderseits um ein Vielfaches teurer und damit keine wettbewerbsfähige Lösung für das produzierende Gewerbe. Eine weitere nicht geeignete Lösung ist eine "Übergewinnsteuer", um Fiskalhilfen an Unternehmen und Verbraucher zu finanzieren. Sie konterkariert dringend benötigte Investitionen in den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien, für den zum Beispiel bei Solar auch noch erheblicher Spielraum besteht. Generell stellen die restriktiven regulatorischen Vorgaben und ESG-induzierten Kapitalverknappungen für die Schaffung neuer Energieangebotsmengen (u.a. auch beim Abbau der für den Ausbau erneuerbarer Energien benötigten Rohstoffe) keine investitionsfreundlichen Bedingungen dar. Das verkrampfte Festhalten an ideologischen Dogmen hinsichtlich einzelner grundlastfähiger Energieträger ist ebenso wenig Lösungsbeitrag wie das Hoffen auf einen "milden Winter".
Parallel zur alternativlosen Angebotsoffensive bei heimischen Ressourcen und Energieträgern wäre mit Blick auf eine deeskalierende Exit-Strategie aus dem Ukraine-Konflikt und einer danach friedlichen Koexistenz im Osten Europas eine grundlegende Rückbesinnung auf die Eigeninteressen der europäischen Staaten hilfreich. Der Ukraine-Krieg und die gemeinsamen Sanktionen des Westens (denen sich die Schwellenländer mehrheitlich bewusst nicht anschließen) zeigen in den heterogenen Wirkungen auf unterschiedliche Regionen deutlich auf, dass die politischen Interessen der USA und die wirtschaftlichen Interessen Europas nicht deckungsgleich sind. Die USA genießen schon aufgrund ihrer geografischen Lage eine komfortablere sicherheitspolitische Ausgangslage. Wirtschaftlich stehen für die Amerikaner weder Produktion noch Absatzmärkte in auch nur annährend vergleichbarer Dimension im Feuer wie unter den aktuellen Bedingungen für Europa. Energiepolitisch sind die USA autark und zudem größter LNG-Lieferant an Europa. Eine Selbstsabotage der eigenen Wirtschaftsbasis, wie sie in Europa aktuell stattfindet, wäre für Amerika selbst nie eine denkbare Option. Im Status quo scheint eine Emanzipierung Europas vom gutgemeinten amerikanischen Paternalismus sehr unwahrscheinlich. Doch lässt eine beginnende Neuordnung der globalen Kräfteverhältnisse eine selbstbewusstere strategische Prüfung der europäischen Eigeninteressen ratsam erscheinen. Eine in Zeiten des Kalten Krieges feststeckende, einseitige Vorfestlegung bzw. Unterordnung wird den europäischen Kontinent nicht in die Lage versetzen, flexibel auf den Zukunftsmärkten agieren zu können.
Der Erhalt der europäischen Wettbewerbsfähigkeit als Produktionsstandort ist auch wesentliche Voraussetzung, um die Leistungsfähigkeit des europäischen Sozialstaatsmodells erhalten zu können. Das Geschäftsmodell der Exportstärke, hochwertiger Produkte, der Wettbewerbsvorteile aus Innovation und Technologie, Spezialisierung und mittelständiger Anpassungsfähigkeit ermöglichte in der Vergangenheit überhaupt erst die Sozialdividende. Diese Sozialdividende wird leichtfertig verspielt, wenn in der aktuellen Lage nicht zu unbedingter Vernunft und Rationalität bei Eigenversorgung und Eigeninteressen zurückgefunden wird.
Neue Scheinlösungen in Form neuerlicher schuldenfinanzierter Zeitgewinne sind dabei keine Option mehr. Die Handlungsspielräume dafür sind in Europa gemessen an den bereits in der Vergangenheit aufgebauten Verschuldungsquoten erschöpft. Sehr hohe Steuer- und Abgabenquoten lassen auch keine Spielräume mehr für höhere Mehrbelastungen von Unternehmen und Bürgern. Die aktuellen Entwicklungen in Großbritannien zeigen zudem die realen Gefahren eines abrupten Vertrauensverlustes in Währung und Schuldner auf. Die Marktreaktionen in London sind Warnung, es fiskalisch nicht zu übertreiben. Die Finanzierungsbereitschaft staatlicher Defizite kann nicht mehr als garantierte Selbstverständlichkeit angenommen werden. Bei den aktuell hohen Inflationsraten finden sich Anleger nicht mehr voraussetzungsfrei bereit, jedes Fiskalfestmahl zu finanzieren, und wenn, nur unter der Bedingung parallel wieder anlaufender Notenbankprogramme, an die im Notfall Anleihen weitergereicht werden können. Die Überdehnung und Überforderung der öffentlichen Haushalte mit weiteren Instrumenten (in Deutschland derzeit neben den Energiehilfspaketen etwa das "Bürgergeld" oder Zusatzkosten aus weiterer Überwachung und Bürokratisierung komplexer Regulierungen) müsste rückgebaut, nicht weiter ausgebaut werden.
"Policy Mistakes": Historisch eher die Norm
Leider scheint es eine der verlässlichen historischen Konstanten zu sein, dass gerade in Krisenzeiten meist das Gegenteil dessen getan wird, was ökonomisch richtig und wirksam wäre. Absehbar werden Fehler und Maßnahmen wiederholt, deren Erfolgsquoten dokumentiert bei 0% liegen. Statt Rückkehr zu geordneter Haushaltsführung und soliden Finanzen tendierten hohe Verschuldungsquoten historisch nahezu immer zum weiteren Anwachsen, bis, wie von Rogoff und Reinhart ("Diesmal ist alles anders") dokumentiert, entweder Hyperinflation oder Zahlungsausfall schlussendlich nicht nachhaltigen Fiskaltrends schmerzhaft Einhalt geboten. Solange irgend möglich, bedienten sich Staatslenker, Kaiser, Fürsten, Könige und Schatzkanzler der Monetarisierung von Staatsschulden. Vermeintlichen Knappheiten und Nöten wurde durch Gelddrucken Abhilfe geschaffen.
Auch im aktuellen Umfeld ist der weitere Schuldenaufbau von bereits hohem Verschuldungsniveau aus Mittel der Wahl zur Finanzierung von "Hilfspaketen"; die fast schon zur Dauereinrichtung werden. Dass sich die Verantwortlichen einer gewissen Problematik zumindest bewusst scheinen, zeigen die sprachlich kreativen Verschleierungsbemühungen dieser Politik. Doch Schulden bleiben Schulden, auch dann, wenn man sie in "Sondervermögen", "Abwehrschirm" oder "Stabilisierungsfonds" umbenennt. Sie befeuern kurzfristig die Inflationsraten weiter, bremsen vorhersehbar die Wachstumsmöglichkeiten der Zukunft weiter und verengen Spielräume für sinnvolle und notwendige Investitionen.
Die Verschuldungspolitik ist weder nachhaltig noch generationengerecht. Heutiger Überkonsum und versäumte Investitionen gehen immer zu Lasten künftiger Generationen. Die versprochenen "Entlastungen" der Bürger in der Energiekrise sind lediglich Umverteilungen und von künftigen Generationen geliehener Konsum.
Die letzte verbliebene Option für europäische Gestaltungsmöglichkeiten und gleichzeitig auch die wirksamste wäre das Gegenteil des über die letzten Jahrzehnte verfolgten Ansatzes: Mit Verschuldungsquoten, die überall an oder oberhalb der Obergrenzen liegen, wäre es an der Zeit, einen geordneten Rückbau der Staatsquoten vorzunehmen, Deregulierung, Entbürokratisierung sowie Entschlackung einzuleiten und Innovationskräfte freizusetzen mit der Reduzierung staatlicher Ausgaben, staatlicher Aufgaben, staatlicher Defizite, der Rückübertragung von Aufgaben und Kompetenzen an den Privatsektor, dem Abbau von Markteintrittsbarrieren in Form von Bürokratie, Komplexität und Überregulierung. Würde der Staat seine eigene Überbeanspruchung erkennen und Bereitschaft zu Strukturreformen und netto weniger Staat entwickeln, könnten sich kräftige strukturelle Wachstums-, Innovations- und Gesundungsimpulse ergeben.
Der mit Abstand gefährlichste Handlungsreflex der Politik und historisch auch stets der folgenschwerste Fehler ist aber immer der Griff zu Preiskontrollen. Bereits im Marktbericht zum 1. Quartal 2022 führten wir dazu aus:
"So mahnt der Blick in die Geschichte, dass die Anwendung der genau falschen Rezepte statt der beabsichtigten Schadensminderung eine Schadensmaximierung herbeiführte. Kritisch wurde es insbesondere immer dann, wenn der Staat zu direkten Interventionen in die Marktpreisbildung griff: Rationierung, Preiskontrollen, Einschränkungen von Eigentumsrechten und andere Regulierungen sollten in der Vergangenheit "unerwünschte" Preise nach oben deckeln, führten aber lediglich (vorhersehbar) zu einer weiteren Verknappung des Angebots und so zu noch mehr Mangel, Not und Knappheit, deren Folgen die Marktteilnehmer umgingen mit Schwarzmarktgeschäften oder Rückkehr zu einfachem Tauschhandel. Der Interventionismus beschädigt nach und nach mit jeder neuen Interventionsstufe die arbeitsteiligen Wirtschaftsstrukturen und führt zu einem "Crowding out" privatwirtschaftlicher, ordnungsgemäß funktionierender Preisbildung.
Je länger die erhöhten Inflationsraten anhalten und je größer der realwirtschaftliche Schmerz aus der Kaufkraftherabsetzung ausfällt (und damit die politischen Kosten), desto wahrscheinlicher werden neue Runden von großen Fiskalpakten und politischen Regulierungsangriffen auf die freien Märkte. Im Ergebnis könnten in Europa noch schwierigere Bedingungen für privatwirtschaftliche, unternehmerische Initiative stehen, noch höhere öffentliche Verschuldung und noch mehr Vergemeinschaftung der Schulden resultieren."
Die Gas- und Strompreisbremsen, die derzeit installiert werden, stehen in Tradition der Mietpreisbremsen und wiederholen wie alle Preisdeckel stets den gleichen Fehler: Sie übersehen die unabdingbare Notwendigkeit, mehr Angebot bereitzustellen. Preisdeckel funktionieren nicht und sorgen letztlich für weniger Angebot, Knappheit, Rationierung und Mangel. Die gut gemeinten Hilfspakete lassen eine bedenkliche Unkenntnis der Mechanismen der Preisbildung erkennen, sind bloße Symptombekämpfung und versperren den Weg zu eigentlich möglichen, besseren Lösungen der Innovation und des Fortschritts. Statt Technologien weiterzuentwickeln, Innovation zu fördern und in der Krise die Chancen zu erkennen, greift eine lähmende Einschränkungs- und Verzichtsmentalität um sich, die aber leider auch eine verbreitete, generell markt- und fortschrittsskeptische, wachstumsfeindliche Grundhaltung zu bedienen scheint. Die Chancen werden dann anderswo entwickelt, in Regionen, in denen sich die Menschen mit einem offeneren Mindset den Herausforderungen der Zeit stellen.
Preiskontrollen – demnächst möglicherweise ausgeweitet auf weitere Güter, denkbar scheinen Lebensmittel – führen aber über die ökonomischen Fehlsteuerungen hinaus auch schnell auf gesellschaftlich abschüssiges Terrain. Sie müssen kontrolliert und überwacht werden, ihre unerwünschten Nebenwirkungen mit neuen Interventionen eingehegt werden, es entstehen neue Knappheiten, Verteilungskämpfe und Mangelwirtschaft, letztlich eine Kontrollwirtschaft, die individuelle Freiheiten weiter zurückdrängt. Es sind jene Abwege, die Friedrich August von Hayek als "Weg zur Knechtschaft" beschrieben hat.
Investmentimplikationen: Weder mit Blick auf Energie, noch auf Geostrategie, noch auf Wettbewerbsfähigkeits- und Wachstumsimpulse besteht in Europa augenblicklich der Eindruck, dass in die richtige Richtung (um-)gesteuert wird. Solange nicht erkennbar ist, dass eine den Herausforderungen der Zeit angemessen Realpolitik gegenüber der Gesinnungsethik bestimmender wird, werden sich die Standortbedingungen in Europa vermutlich zunächst weiter verschlechtern.
Der Weg des geringsten Widerstands ist jener über höhere Schulden. Ohne Haftungsprinzip und mit dem Planungshorizont der Amtszeit bzw. Wiederwahlperiode ist die Anreizfunktion der Entscheidungsträger leider gegen bessere Lösungen der Innovation und der Strukturreformen gerichtet. Zur realen Entschuldung wird weiterhin erhöhte Inflation und finanzielle Repression benötigt. Ein EUR-Realzins oberhalb von Null könnte daher einst rückblickend als für Anleger kurzes Zeitfenster der Gelegenheit und Chance gesehen werden.
Europa steht nicht nur vor einer zyklischen Rezession oder schwierigen Bedingungen in "diesem Winter", sondern vor tektonischen Anpassungen an grundlegend geänderte Bedingungen. In vielen europäischen Anlagesegmenten scheint aber "lediglich" ein normaler Abschwung eingepreist, keine drohende Deindustrialisierung, auf welche die Politik keine Antworten zu finden scheint. Für 2023 zu erwartende Ausfälle, Pleiten und deutliche Gewinnrückgänge bei gleichzeitig weiter steigenden Zinsen belasten die Investitionsaussichten für offensivere europäische Anlageklassen wie High Yield oder Aktien. Gerade die Zombifizierung und nicht zugelassene Bereinigung von Fehlinvestitionen der letzten Jahre sowie die verschleppten Insolvenzen nach Corona sprechen für umso heftigere Nachholeffekte auf dem Hochpunkt der Rezession im Jahr 2023. Es ist daher ratsam, aktuell noch Zurückhaltung bei Kreditrisiken und Aktien zu üben. Zweifelsfrei werden aber auch in diesen Segmenten Kaufgelegenheiten zu Tage treten.
Innerhalb europäischer Investmentportfolien liegt die Präferenz noch auf Emittenten mit geringer Verschuldung, auf Unternehmen mit globalen Absatzmärkten und geringeren Abhängigkeiten von inländischem Konsum.
Es bleibt bei der grundsätzlichen Erkenntnis: Wo Bürokraten für sich in Anspruch nehmen, die Preise besser zu wissen als der Markt, ist Anlagekapital nicht gut aufgehoben. Investoren müssen sich nicht übermäßig stark an die Heimatregion binden. Wo Anlagerichtlinien noch zu einem starken europäischen Schwerpunkt zwingen, ist nun Gelegenheit, entsprechende Restriktionen zu überdenken oder zu überarbeiten. Strukturell ansprechendere Investitionsumfelder finden sich künftig wohl vorrangig in aufstrebenden Regionen, in denen die Rahmenbedingungen Wachstum und Innovation grundsätzlich befürwortender gegenüberstehen.
Historische Chancen
Bei allen berechtigten Sorgen um den Zustand der europäischen Wirtschaft, wohnt jeder Krise immer auch eine Chance inne. Die Kombination der vielen simultan auftretenden Krisen müsste also auch eine Reihe von Möglichkeiten für Fortschritt und Innovation entstehen lassen. Krisenzeiten waren in der Geschichte der Menschen stets Gelegenheiten der Fortentwicklung. "Not macht erfinderisch", diese Redensart stützt sich auf zahlreiche historische Belege und Nachweise. Ein solches Beispiel ist die Erfindung des Fahrrads, bzw. dessen Vorläufers, der Draisine durch den badischen Erfinder Karl von Drais im Jahre 1817. Die Erfindung hatte einen ernsten Hintergrund, denn sie war ebenfalls aus Not und Mangel geboren. Als Folge des Ausbruchs des indonesischen Vulkans Tambora im Jahre 1815 – eine der schlimmsten Naturkatstrophen der Neuzeit mit fatalen klimatischen Veränderungen rund um den Globus – erlebte Europa 1816 das "Jahr ohne Sommer" mit Kälte, Dauerregen, Ernteausfällen, Hunger, Not und Elend. Weil Ackertiere wie Pferde verhungerten oder zu Fleisch verarbeitet wurden, fielen sie zur Bewirtschaftung der Felder aus. Statt lediglich Kerzen anzuzünden und sich den Pullover überzuziehen, sann von Drais nach konkreten Lösungen für Ackerbewirtschaftung und Fortbewegung ohne Tiere nach und erfand so die später zum Fahrrad weiterentwickelte "Laufmaschine" bzw. den "Wagen ohne Pferd".
Viele Innovationen und bahnbrechende Erfindungen entstanden aus ähnlichen Krisensituationen. Das aktuelle, primär von der Energiesituation bestimmte Ausgangsproblem scheint geradezu prädestiniert für Lösungen die in Europa entstehen können, wo der Druck am größten ist, aber auch nach wie vor Technologieführerschaft, Ingenieursgeist und Know-how vorhanden sind, um Innovationen zu entwickeln. Gerade auf dem Feld der Batterie- und Speichertechnologie bestehen bereits vielversprechende Forschungs- und Entwicklungsprojekte, etwa bei Silizium-basierten Batterien. Die Weiterentwicklung konventioneller Energien zu umweltfreundlicherer Nutzung, wie auch die Fortentwicklung bestehender Anwendungen (z.B. Infrarotheizungen) können bei Energieerzeugung und Energienutzung zu nennenswerten Fortschritten beitragen. Innovative Unternehmen werden Ideen zu mehr Energieeffizienz nicht ungenutzt lassen. In Verzahnung mit Spitzenforschung (u.a. Max-Planck-Institute) sind gerade in Deutschland auf Gebieten wie Wasserstoff, Speichertechnologie oder "Biokohle" (Kohlegewinnung aus Biomasse) vielversprechende Initiativen nahe einer möglichen Kommerzialisierung. Die Zahl der Patentanmeldungen, wenngleich rückläufig, ist in Deutschland weiterhin auf hohem Niveau.
Investmentimplikationen: Kann es gelingen, mit einer Kombination aus Innovation und Weiternutzung konventioneller Energieträger die Energieversorgung in Deutschland und Europa zu sichern und die Preise auf ein für Unternehmen wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen, sind die Aussichten für europäische Vermögenswerte weniger düster, als es das aktuelle Umfeld vermuten lässt. Speziell im Bereich Industrie und Technologie lassen sich auch in Europa Unternehmen identifizieren, die zu den großen Gewinnern der aktuellen Krise zählen werden, wenn sie innovative Antworten auf die Probleme der Zeit finden.
"Historisch gut" sind die Chancen im Anlageuniversum insgesamt noch nicht. Sie sind aber, wie in der eindeutigen Direktionalität zwischen Realzins und nachfolgend möglichen Anlagerenditen gezeigt, für ein Mischportfolio inzwischen sehr viel besser als über weite Strecken der vergangenen Jahre.
Es sind gute Nachrichten, wenn Anleger wieder Zinserträge vereinnahmen können, ohne dafür unvertretbare Risiken bei Bonität oder Duration eingehen zu müssen. Das Rentenuniversum bietet aktuell eine Fülle von Anleihen solider Qualität, deren Endfälligkeitsrenditen deutlich oberhalb der Inflationserwartungen liegen und so den realen Kapitalerhalt ermöglichen.
Tatsächlich sind inzwischen auch viele schlechte Nachrichten eingepreist. Die schwierigen konjunkturellen Monate über und nach dem Winter 2022/23 sind Konsens. Die Stimmung an den Märkten ist schlecht, was für viele Anleger als konträrer Positiv-Indikator gewertet wird. Als Signal einer bevorstehenden Bodenbildung und Wiedereintritt in den Bullenmarkt würden wir das Sentiment aber nicht werten. Zu deutlich klaffen Stimmung und Positionierung noch auseinander. Während viel Pessimismus vorherrscht, sind die Investitionsquoten bei Aktien noch immer sehr hoch. Wir sprechen in diesem Zusammenhang sinnbildlich von "voll investierten Bären". Eine finale Kapitulation, der Ausverkauf, in dem unter hoher Volatilität die letzten Bullen das Handtuch werfen, steht noch aus. Fast immer war in der Historie ein finaler "wash out" nötige Vorbedingung dafür, dass die Aktienmärkte einen belastbaren Boden ausbilden konnten.
Ob das ab 2023 und nach überwundener Rezession vorherrschende Investitionsumfeld dann als grundsätzlich konstruktiv gelten kann oder eher den schwierigen Bedingungen der jahrelangen Stagflation in den 1970er Jahren ähnelt, hängt stark vom Inflationsausblick ab. Die Inflationsraten in den kommenden Jahren bestimmen Höhe und Attraktivität der realen Erträge, die Anleger dann erzielen können.
Bleibt die Inflation historisch hoch?
Mit 10,9% lag die Inflationsrate in Deutschland zuletzt alarmierend hoch. Die Inflation in der Eurozone ist inzwischen höher als jene in Mexiko, Brasilien oder Südafrika. Allgemeinhin wird für die kommenden Monate aber ein sukzessiver Rückgang der Teuerung erwartet. In den USA ist die obere Umkehr in den Verbraucherpreisen vermutlich bereits erreicht. In Europa dürfte sich die Inflation aufgrund der Energiepreise in das 1. Quartal 2023 hinein noch einmal weiter beschleunigen. Danach wirken die sehr hohen Basiseffekte, die stark abbremsende Konjunktur und auf sich selbst straffende Effekte der Inflation (Nachfragerückgang der Verbraucher und Unternehmen) aber auch in Europa sehr wahrscheinlich dämpfend.
Gerade zyklische Komponenten der Inflationsraten sind auf disinflationärem Kurs. Corona-bedingte, angebotsseitige Effekte laufen aus. Materialmangel, Lieferengpässe und hohe Frachtraten kehren sich in ihrer Wirkung nun um. Deutlich rückläufige Preise bei vielen Rohstoffen illustrieren das hohe Rezessionsrisiko und werden die Produzentenpreise weniger stark belasten. Die Immobilienmärkte kühlen ab. Daten zum immensen Lageraufbau der Unternehmen sprechen eine stark deflationäre Sprache. Die vielbeschworenen Gefahren von Lohn-Preis-Spiralen sind in den USA ein relevanteres Thema als in Europa. Trotz des stark inflationären Impulses der extremen Mindestlohnanhebung in Deutschland im Oktober 2022 und vereinzelt hohen Lohnforderungen wie aktuell im öffentlichen Dienst, zeichnet sich in der Breite in Europa keinerlei Lohndruck ab. Im Gegenteil sind die Entwicklungen der Reallöhne zuletzt stark negativ.
Abb. 12: Jährlicher Veränderungsrate der Reallöhne in Deutschland (in %)
Ein traditionell dominierender Einfluss auf die Verbraucherpreise geht vom Ölpreis aus. Unter Normalumständen müssten die Ölpreise mit der erwarteten, scharfen globalen Rezession ebenfalls einen deflationären Beitrag auslösen. Im aktuellen Umfeld ist das aber keineswegs garantiert. Die jüngste OPEC+ Ankündigung, die Förderquoten deutlich zu begrenzen, zeigt, dass sich die Dynamiken in der Angebotspolitik der OPEC-Länder und Russland grundlegend geändert haben. Offen zu Tage treten die Risse in den gegenseitigen Loyalitäten zwischen den USA und Saudi-Arabien. Die Entfremdung zwischen Amerikanern und Saudis und gleichzeitige Annäherung der Saudis an Russland und China beschleunigt die in unseren letzten Berichten diskutierte globale Blockbildung. Diese Blockbildung teilt die Welt in eine westliche, Pax-Americana dominierte Einflusssphäre und einen östlichen, asiatisch-zentrierten "BRIC+ Block", der vor allem auch die rohstoffreichen Schwellen- und Golfstaaten umfasst. Hinsichtlich künftiger relativer Verhandlungspositionen gilt die aus westlicher Sicht unerfreuliche Erkenntnis: Der Westen hat Schulden, der Osten hat Assets (in Form von Rohstoffen).
Über die letzten Monate hatte sich der Ölpreis stabilisieren können, bzw. war getrieben vom wahltaktisch motivierten Anzapfen der strategischen Ölreserven durch die US-Regierung kontinuierlich gefallen. Die Entlastung der amerikanischen Autofahrer an den Zapfsäulen war so auch die wesentliche Komponente, die in der Messung der CPI-Daten in den USA mit letzten Veröffentlichungen den Inflationsdruck etwas bremsen konnte. Die nicht nachhaltige und nicht wiederholbare Freigabe der US-Petroleumreserven sowie das neue Selbstbewusstsein und die Emanzipation von US-Interessen durch die OPEC sprechen unabhängig von konjunkturellen Nachfrageeffekten für strukturell wieder höhere Ölpreise.
Analog gilt diese Aussage ganz grundsätzlich für Rohstoffe. Die neue geopolitische Situation und Interessenverschiebung legt sehr viel mehr Verhandlungsmacht in die Hände der Rohstoffexporteure. Der Westen ist in klaren Abhängigkeiten gefangen, die etwa im Kontext erneuerbarer Energien (Stichwort China) noch viel extremerer Ausprägung sind als bei fossilen Energieträgern. Strukturell höhere Rohstoffkosten, das Ende der billigen Energie und preistreibende Onshoring-Notwendigkeiten sind künftig Mehrkosten, die sich in westlicher Produktion und westlichem Verbrauch manifestieren werden. Preistreibend wirkt gleichermaßen der Wegfall der Friedensdividende. Der um sich greifende Militarismus zwingt Ressourcen in den Rüstungswettbewerb und entzieht diese produktiveren Verwendungsmöglichkeiten.
Nicht zu vergessen sind in Europa die Effekte der schwachen Währung. Verbleibt der Euro im Crash-Modus, wird der Außenwert fortgesetzt beschädigt und entzieht den Verbrauchern weiter Kaufkraft. Die inflationäre Wirkung aus steigenden Importpreisen befeuert die Inflation dann zusätzlich. Mit diesem Gedanken schließt sich der Kreis zu den Überlegungen und Warnungen aus Großbritannien, es fiskalisch nicht zu übertreiben und zur Lösung der Krise nicht zur Schuldenpolitik zu greifen. Der einsetzende Vertrauensverlust in die Finanzstabilität in Japan und Großbritannien illustriert außerdem lehrbuchartig, dass die Behörden im Interventionsfall nur eine Größe steuern und stabilisieren können: Entweder den Zins oder die Währung. Eine der beiden Größen gerät bei einem Vertrauensentzug der Märkte und nachfolgendem Stabilisierungsversuch der Notenbanken per Definition unter die Räder.
Je stärker die Staaten in der aktuellen Krise fiskalisch expansiv agieren, desto schneller rückt ein Zinsniveau näher, auf dem die EZB gezwungen sein wird, die geldpolitische Normalisierung abzubrechen, weil die für staatliche Schuldner resultierenden Zinslasten als nicht tragfähig gesehen werden. Im durchaus wahrscheinlichen Fall, dass die EZB ihr selbstgeschaffenes TPI-Vehikel aktiviert und damit wie die Bank of England in eine frühe Form der Zinskurvenkontrolle einsteigt, ergibt sich signifikant weiterer Abwärtsdruck auf die Währung und damit verstärktes Inflationsrisiko.
Entwarnung kann in Europa auch noch nicht gegeben werden, weil vorlaufende Preisdaten, wie die Erzeugerpreise, weiter stark ansteigen. Produzenten- und Großhandelspreise arbeiten sich erfahrungsgemäß mit Zeitverzug in die Verbraucherpreise durch. Die Erzeugerpreise übersetzen sich zwar üblicherweise nicht 1:1 in Konsumentenpreise, doch ist die starke Preisdynamik mehr als besorgniserregend. Die deutschen Erzeugerpreise legten im August mit +45,8% im Jahresvergleich zu!
Abb. 13: Jährliche Veränderungsrate der Erzeugerpreise in %
Treiber sind wenig überraschend die Energiepreise. Gerade überwundene Knappheiten und Lieferkettenprobleme bauen sich aber sanktionsbedingt in einigen Sektoren bereits wieder neu auf: Beispielhaft genannt seien russische Exportbeschränkungen für Birkenholz und Zellstoff, welche zu vorhersehbaren Knappheiten bei für Hygieneprodukten benötigten Fasern führen werden.
Trotzt des etwas günstigeren Ausblicks für einige zyklische Komponenten der Verbraucherpreise scheint Sorglosigkeit für den künftigen Inflationspfad nicht angebracht. Gerade der Abbau des über die letzten Jahre aufgebauten Überangebots an Geld wird Zeit brauchen. Die nach 2020 beschleunigte Geldschöpfung weit oberhalb der realwirtschaftlichen Aufnahmefähigkeit wird mit Zeitverzug auch weiter inflationär wirken.
Abb. 14: Veränderung der Geldmenge M3 und des BIP über die letzten 10 Jahre
Die Gefahren, diesen noch bestehenden Geldmengenüberhang durch möglicherweise neue staatliche Fiskal- und Schuldenpakete in Europa weiter zu dynamisieren, rufen fast zwangsläufig das 100-jährige "Jubiläum" der Weimarer Hyperinflation in Erinnerung. Ab Oktober 1922 nahm die Inflation Fahrt auf und beschleunigte sich dann 1923 auf die aus Geschichtsbüchern bekannten Werte. Der wesentliche Katalysator für den Kontrollverlust 1923 war im Zuge des "Ruhrkampfs" die Entscheidung, die Löhne der streikenden Arbeiter weiterzuzahlen, während die Steuereinnahmen durch Produktionsstillstand wegbrachen. Die Budgetdifferenz wurde per Druckerpresse ausgeglichen. Ein Ende fand die hyperinflationäre Spirale im November 1923 mit der Währungsreform und Einführung der Rentenmark.
Investmentimplikationen: Der Inflationsausblick ist heute mit ungewöhnlich hohen Unsicherheiten versehen. Im Sinne unserer Präferenz für prognosefreies Arbeiten verzichten wir auf szenariobasierte Vorhersagen. Als robusteren und verlässlicheren Ansatz sehen wir die Nutzung eines allgemein anerkannten Standards, in den die Erwartungen aller Marktteilnehmer einfließen. Die marktbasierten Inflationserwartungen sind aus unserer Sicht daher die bestgeeignete Schätzung, die unsere Entscheidungen und Annahmen zu künftig wahrscheinlichen Inflationsraten informieren kann.
Abb. 15: Entwicklung 5y5y EUR Inflation Swap über 10 Jahre (in %)
Der Anstieg der Inflationserwartungen im Euroraum vollzog sich primär 2020 und bis in den Sommer 2021. Seitdem tendieren die Inflationserwartungen erstaunlich seitwärts und pendeln sich nur leicht oberhalb der Marke von 2% ein. Diesen Wert sehen wir aktuell auf die mittlere Frist als relevante Hürde, die es mit Anlagerenditen zu übertreffen gilt, um den realen Kapitalerhalt erreichen zu können.