Steigende Insolvenzrisiken

Kreditklemme in Sicht?


Steigende Insolvenzrisiken: Kreditklemme in Sicht? News

Die Investitionsbereitschaft im Mittelstand hat einen Tiefpunkt erreicht. Nur noch ein gutes Drittel der kleinen und mittleren Unternehmen hat im Herbst 2023 vor, in neue Anlagen, in den Ersatz oder die Rationalisierung zu investieren.

Das liegt zum einen an der schwierigen konjunkturellen Lage, zum anderen aber auch daran, dass die Finanzierung der Investitionen über Fremdkapital deutlich teurer geworden ist. Erst im Zusammenhang mit der Finanzierungssituation der mittelständischen Betriebe lassen sich auch die konjunkturellen Verwerfungen erklären. Dabei geht es um die Ertragslage und die Eigenkapitalsituation, aber eben auch um die Fremdfinanzierung, den Kredit durch die Bank.

Schwache Gewinne

Die Ertragslage hat sich für die Betriebe noch einmal weiter abgeschwächt. Von gestiegenen Erträgen besprechen nur 17,8 Prozent der von der Creditreform Wirtschaftsforschung Befragten (Vorjahr: 19,2 Prozent). Dagegen stehen 32,9 Prozent von Unternehmen, die von gesunkenen Gewinnen sprechen (Vorjahr: 32,5 Prozent). Ein deutlich negativer Saldo beim Ertrag, der besonders beim Handel ausgeprägt ist, bei dem nur gut 11 Prozent von Steigerungen berichten können, aber 43,1 Prozent angeben, dass ihre Erträge gesunken seien. Deutlich im negativen Bereich bleibt aber nicht nur der Saldo bei der aktuellen, sondern auch bei der zukünftigen Ertragslage. Er liegt bei minus 6,4 Punkten – immerhin eine deutliche Verbesserung zu den minus 18,5 Punkten des Vorjahres. Die Ertragserwartungen hellen sich also ein wenig auf.

Neben den Gewinnen zählt das Eigenkapital zu den wichtigen Größen im Hinblick auf die Qualität der Finanzierung eines Unternehmens. Bei den Eigenkapitalquoten zeichnet sich eine Polarisierung ab, wie sie typisch ist für Krisensituationen. Die deutlichen Kostensteigerungen bei den Energiepreisen, aber auch beim Einkauf, motivieren einige Unternehmen dazu, ihren Eigenkapitalanteil an der gesamten Bilanzsumme zu steigern. Sie wollen gewappnet sein angesichts dieser und möglicher weiterer Herausforderungen. So hat sich die Zahl der eigenkapitalstarken Betriebe mit einer Eigenkapitalquote von über 30 Prozent von 34,2 auf 36,7 Prozent vergrößert. Auf der anderen Seite aber hat auch der Anteil der Mittelständler zugenommen, die nur über eine dürftige Eigenkapitalquote von unter 10 Prozent verfügen. Waren es 2022 noch 27 Prozent, so sind es 2023 28,3 Prozent, die unzureichend kapitalisiert sind. Unter den Wirtschaftsbereichen sticht das Verarbeitende Gewerbe hervor, weil nur noch jeder fünfte Betrieb eine schwache Eigenkapitaldeckung vorweisen muss (Vorjahr: 30,3 Prozent). Auf der anderen Seite verfügen 45,3 Prozent des Verarbeitenden Sektors über eine Eigenkapitalquote von über 30 Prozent.

Kredit ist teuer

Ohne Bankkredit wird kein mittelständisches Unternehmen auskommen können. Die Ausstattung mit Eigenkapital und die Höhe des Gewinns sind letztlich auch entscheidend für den Zugang zum Kredit. Angesichts der konjunkturellen Engpässe und eben auch des starken Zinsanstiegs hat allerdings die Zahl der Betriebe, die bei ihrer Bank wegen eines Kredits vorstellig wurden, deutlich nachgelassen. Während 2021, als die Befragung zu den Kreditbedingungen zum letzten Mal durchgeführt worden war, noch ein knappes Drittel angaben, einen Kredit in Anspruch genommen zu haben, antworten 2023 nur noch 21,3 Prozent, dass dies der Fall gewesen sei. Rückläufig ist die Nachfrage nach Bankkrediten im gesamten Mittelstand. Besonders ausgeprägt zeigt sich dies beim Handel, bei dem nur 15,4 Prozent eine Kreditaufnahme nannten und 84 Prozent dies verneinten.

Welche Fristigkeit herrscht vor? Deutliche Zunahmen zeigen kurzfristige Kredite mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr. Vor zwei Jahren waren es nur rund 12 Prozent der KMU, die solche Laufzeiten in Anspruch nahmen – nunmehr sind es 18 Prozent. Am stärksten nachgefragt waren mittelfristige Kredite von bis zu fünf Jahren. Bei den langfristigen Kreditaufnahmen von über fünf Jahren waren 2023 30 Prozent der Unternehmen dabei – vor zwei Jahren waren es noch 39 Prozent. Diese Angaben korrespondieren mit den Aussagen zu den Investitionen, die deutlich nachgelassen haben. Es mag auch der Hoffnung auf wieder fallende Zinsen geschuldet sein, dass die Mittelständler keine länger laufenden Kredit-Engagements eingehen. Eine Rolle spielt sicher aber auch, dass größere und entsprechend zeitaufwendigere Investitionen zurückgestellt worden sind.

Kredite werden von den kleinen und mittleren Unternehmen aber auch deswegen weniger nachgefragt, weil es zu verstärkten Anforderungen bei den Anträgen gekommen ist. Dabei wurde der Kreditwunsch nur in wenigen Fällen rundweg abgelehnt:  Dies berichten nur 8,3 Prozent der Befragten. Deutlich an erster Stelle der Problembereiche liegen die höheren Kreditzinsen. 96,6 Prozent der Unternehmen berichten davon. Vor zwei Jahren waren es nur 23 Prozent zu einem Zeitpunkt, als die Zinsrallye der EZB noch nicht begonnen hatte. Aber die Mittelständler führen auch weitere Restriktionen bei der Vergabe ins Feld. So spricht fast die Hälfte der Unternehmen davon, dass höhere Sicherheiten verlangt worden seien. Bei 16 Prozent war der Kredit nicht in der gewünschten Höhe zu erhalten und 7 Prozent erhielten nicht die eigentlich erwartete Laufzeit.

Banken fürchten Risiken

Die Angaben der Betriebe zur Kreditvergabe spiegeln deutlich wider, was der letzte "Bank lending survey" – regelmäßige Befragung der Geschäftsbanken durch die EZB – für Deutschland berichtet. So geben die Banken an, dass sie im dritten Quartal 2023 strengere Vergaberichtlinien für Unternehmenskredite installiert haben. Die Kreditbedingungen wurden im Firmenkundengeschäft restriktiver. "Dies äußerte sich insbesondere in einer Ausweitung der Margen für risikoreichere Kredite", so die Bundesbank in diesem Zusammenhang. "Die Nachfrage ging in allen drei Kreditsegmenten erneut zurück, obwohl die Banken im Vorquartal mit einer nahezu unveränderten Nachfrage gerechnet hatten." Die Kreditnachfrage geht deutlich zurück. Das ist einerseits nachfragegetrieben, weil die Unternehmen weniger investieren und weitere geschäftliche Rückgänge befürchten, andererseits aber auch angebotsbestimmt, weil die Banken zurückhaltender werden und die Risiken bei der Vergabe angesichts steigender Insolvenzen nicht so leicht eingehen.

[Quellen: Creditreform Risikomanagement-Newsletter vom 10. November 2023 | Creditreform Wirtschaftsforschung | Deutsche Bundesbank]

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