Die kurzfristigen Risiken für die weltweite Finanzstabilität haben sich nach Aussage des Internationalen Währungsfonds (IWF) seit April verringert, was vor allem an einer Erholung der Rohstoffpreise und den konjunkturstabilisierenden Maßnahmen in China liegt. In seinem aktuellen Finanzstabilitätsbericht kommt der IWF allerdings zu der Einschätzung, dass die mittelfristigen Risiken zugenommen haben. Gründe: Das Niedrigzinsumfeld und das aufgeheizte politische Klima in vielen Ländern. Vor allem die Banken in den Industrieländern bereiten dem IWF Sorgen.
Kurzfristrisiken haben sich verringert
"Die kurzfristigen Risiken für die globale Finanzstabilität haben sich seit der Veröffentlichung des vorigen Finanzstabilitätsberichts im April verringert", schreibt der IWF in seinem aktuellen Bericht. Neben den gestiegenen Rohstoffpreisen führt der IWF gesunkene Befürchtungen im Hinblick auf Chinas Wirtschaftswachstum und wieder stärkere Mittelzuflüsse in Schwellenländer als Gründe auf.
Wachstumssorgen in den Industrieländern hat laut IWF die Aussicht auf eine anhaltende lockere Geldpolitik entgegengewirkt, die zu steigenden Asset-Preisen und einer etwas höheren Risikoneigung geführt habe. Der Brexit-Schock habe die Finanzmärkte zwar zunächst hart getroffen, doch hätten die die Märkte später reibungslos die schlechteren Wachstumsaussichten für Großbritannien und mögliche Übertragungseffekte eingepreist.
Mittelfristige Risiken gestiegen
Trotz der gesunkenen Kurzfristrisiken sind die mittelfristigen Risiken für die Finanzstabilität laut IWF gestiegen. "Die anhaltende Verlangsamung des weltweiten Wirtschaftswachstums führt dazu, dass an den Finanzmärkten eine noch längere Phase niedriger Inflationsraten und Zinsen erwartet wird und damit auch eine noch spätere Normalisierung der Geldpolitik", diagnostiziert der IWF.
Zudem sei das politische Klima in vielen Ländern schlecht, wozu mangelndes Einkommenswachstum und eine zunehmende Einkommensungleichheit beigetragen hätten. Der IWF verweist auf erstarkende populistische Strömungen und eine zunehmende Hinwendung zu innenpolitischen Themen. "Das erschwert die Beseitigung alter Probleme und erhöht die Anfälligkeit der Volkswirtschaften und Märkte für Schocks und erhöht das Risiko, dass die Volkswirtschaften in wirtschaftliche und finanzielle Stagnation fallen."
IWF besonders besorgt über Banken in Industrieländern
Besonders besorgt ist der IWF vor diesem Hintergrund über den Zustand der Banken in den Industrieländern, die vor einer Reihe zyklischer und struktureller Probleme stünden und sich einem Umfeld niedriger Wachstumsraten, niedriger Zinsen, neuer Marktbedingungen und neuer Regulatorik anpassen müssten. "Das sind signifikante Probleme, die große Teile des Finanzsystems betreffen und die die finanzielle Gesundheit untergraben würden, wenn sie nicht angegangen werden", warnt der IWF.
Laut IWF würde auch eine zyklische Erholung nicht ausreichen, diese Probleme zu beheben. "25 Prozent der Banken der Industrieländer würden auch dann noch schwach bleiben und strukturelle Probleme haben", konstatiert der IWF. Tiefere Reformen und mehr "systemisches Management" bräuchten vor allem Europas Banken.
Zudem sieht der IWF das Problem, dass die Solvenz vieler Lebensversicherer von der anhaltenden Niedrigzinsphase bedroht ist. Die niedrigen Zinsen verschärften bereits bestehende Probleme, zu denen auch die Alterung der Bevölkerung gehöre.