Zum Jahreswechsel 2015 bestehen in der Welt massive wirtschafts- und geldpolitische Ungleichgewichte. Gleichzeitig sehen wir uns einer in dieser Form geradezu beispiellosen Ballung geopolitischer Risiken gegenüber. Bereits im ersten Quartal 2015 könnten die Märkte den Höhepunkt dieser Marktverwerfungen erleben.
Die auf Multi-Asset-Anlagen spezialisierte Investmentbank Saxo Bank hat ihren Jahresausblick für 2015 veröffentlicht. Im Mittelpunkt stehen die globalen Märkte und die zentralen Handelsempfehlungen für 2015.
Nie zuvor waren Weltwirtschaft und Wirtschaftspolitik derartig aus dem Lot. Wir sehen uns jetzt ernsten geopolitischen Risiken gegenüber, die sich noch verschärfen könnten, sollte der Ölpreis unter 60 Dollar pro Barrel fallen. Die Inflation befindet sich trotz der extrem lockeren Geldpolitik in den meisten Industrieländern sowie geldpolitischer Straffung in den Schwellenländern auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Die Federal Reserve ist die einzige Zentralbank einer entwickelten Volkswirtschaft, die bald in einen Straffungszyklus einsteigen dürfte – aller Wahrscheinlichkeit nach gegen Mitte des Jahres. Gleichzeitig notieren die Credit-Spreads unter den Ausfallraten, während Renditen und Volatilität ein nahezu historisches Tief erreicht haben.
Um die Weltwirtschaft wieder einigermaßen ins Gleichgewicht zu rücken, muss der konjunkturellen Abkühlung in den Emerging Markets gegengesteuert werden. Weiter gilt es, Deflation und steigende Schuldenquoten zu bekämpfen. Nach den Worten von Steen Jakobsen, Chefökonom der Saxo Bank, werde der Höhepunkt dieser Marktverwerfungen – bei Hochrechnung der 2014 beobachteten Trends – im ersten Quartal erreicht sein. Dann werde die EZB wohl die fatale Entscheidung treffen, ihr Heil in der Auflage eines neuen QE-Programms zu suchen. Jakobsen weiter: "Der Weg des geringsten Widerstandes wird 2015 schließlich ein schwächerer Dollar, stabile bis etwas höhere Energiepreise und unveränderte Zinssätze sein."
Die Währungsmärkte werden 2015 erhebliche Volatilität erleben, wenn der US-Dollar im ersten Quartal weiter zulegt und sich – vor allem in Asien – die Möglichkeit von Währungskrisen abzeichnet. Die zentralen Forex-Handelsempfehlungen der Saxo Bank für Q1 2015 lauten: USD/CHF-Kaufposition im Hinblick auf mögliche Negativzinsen bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im März 2015, Verkauf von Yuan gegen US-Dollar und schließlich gegen Yen, um für eine mögliche Abwertung des Yuan positioniert zu sein, in deren Folge China die Deflation in die übrige Welt exportieren würde.
Nach Erwartungen der Saxo Bank wird die Weltwirtschaft 2015 um 3,0 Prozent – gegenüber 2,2 Prozent in 2014 – wachsen. Niedrige Energiepreise, eine Lockerung der Sparpolitik in den entwickelten Volkswirtschaften sowie globales Handelswachstum dürften zu dieser Entwicklung beitragen. Umgekehrt stellen geopolitische Spannungen die größten Risiken für das Wachstum in 2015 dar. Im Einzelnen:
- Die US-Wirtschaft wird dank Konsum und niedrigeren Energiepreisen robust weiterwachsen. Die Experten gehen für 2015 von einer Zuwachsrate von rund 3,0 Prozent in den USA aus.
- Die Aussichten für die Eurozone bleiben schwierig. Während strukturelle Reformen nur sporadisch erfolgen, setzt der Privatsektor den Schuldenabbau fort. Beide Faktoren hemmen Wachstum und Inflation. Die Saxo Bank geht hier von einer Zuwachsrate von einem Prozent in 2015 aus.
- 2015 wird die britische Wirtschaft um 2,5 Prozent wachsen. Hierzu werden vor allem das kräftige Wachstum im Privatsektor sowie eine günstige Wirtschaftspolitik beitragen. Das größte Risiko besteht in der deutlichen Verlangsamung des Wohnimmobilienmarktes.
- Die Experten bleiben skeptisch, inwieweit die gelockerte Geldpolitik der chinesischen Zentralbank den Rückgang des Wachstums in der Realwirtschaft aufhalten kann. Mit 6,7 Prozent liegt die Prognose der Bank für die chinesische Wachstumsentwicklung in 2015 unter den Markterwartungen.
Trotz der relativ niedrigen Zuwachsrate für die Eurozone in 2015 erwartet die Saxo Bank, dass die Wachstumsimpulse vor allem von den sogenannten Club-Med-Ländern sowie den osteuropäischen Mitgliedstaaten ausgehen werden. Das liegt daran, dass einerseits die Wettbewerbsvorteile von Ländern wie Deutschland schwinden und andererseits die niedrigen Lohnstückkosten der Peripherieländer ihr Wachstum begünstigen. "Im Ergebnis wird Europas Wirtschaft sich schließlich zu einer Volkswirtschaft wandeln, deren Wachstum von kleinen, innovativen und flexiblen Unternehmen angetrieben wird. Das sind hervorragende Aussichten für die Zukunft Europas", so Jakobsen.
Devisen
Nach Prognosen dürfte der US-Dollar im ersten Quartal seinen Höhenflug fortsetzen. Die Bank weist allerdings darauf hin, dass die Kursentwicklung uneinheitlich verlaufen könnte, da mit Fremdmitteln arbeitende Trader bereits umfangreiche Kaufpositionen in USD halten. Hier bestünden deutliche Risiken, falls der Markt sich im Zuge des erwarteten Abzugs von Fed-Liquidität destabilisieren sollte. Im weiteren Verlauf könnten wirtschaftliche und politische Spannungen zwischen China und Japan wegen Japans radikaler Geldpolitik und der Talfahrt des Yen einen erneuten Währungskrieg in Asien auslösen.
Aktien
Nach Erwartungen der Analysten dürften spanische Aktien im ersten Quartal 2015 die globalen Aktienmärkte übertreffen. Begünstigt würde diese Performance durch die Lockerungspolitik der EZB, die vor dem Hintergrund niedriger Inflation und stagnierenden Wachstums wohl unumgänglich ist. Andererseits ist der chinesische Aktienmarkt immer noch überhitzt und damit reif für eine Korrektur, während der Verfall der Öl- und Energiepreise auch russische Aktien belasten wird.
Rohstoffe
Ein steigendes Angebot zu einer Zeit, da die Nachfrage nur mäßig wächst, sowie ein gestärkter Dollar sorgen Anfang 2015 für Druck auf die wichtigsten Rohstoffe. Mit den niedrigsten Preisen ist in der ersten Jahreshälfte zu rechnen. Nach Schätzungen dürfte der Preis für Brent Crude im ersten Quartal bei durchschnittlich 62 Dollar pro Barrel liegen. Auch für Edelmetalle stellt ein stärkerer Dollar das größte Risiko dar; höhere US-Zinsen sind dagegen bereits eingepreist. Für die Rohstoffmärkte positive Faktoren, wie beispielsweise die geopolitische Situation, sind damit nur unzureichend eingepreist. Insofern könnten wir im ersten Quartal den Tiefpunkt bei Gold erleben.
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Der starke Ölpreisrückgang und der Verfall des Rubels haben erhebliche Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit Russlands. Die Ratingagentur Moody's hat die Bonitätsbewertung des Landes nun auf Baa3 von Baa2 gesenkt. Außerdem prüft die Agentur eine weitere Abstufung.