Herbstgutachtenn der Konjunkturforscher

Ökonomen malen düsteres Bild der Konjunkturlage


Ökonomen malen düsteres Bild der Konjunkturlage News

Die führenden Wirtschaftsinstitute haben ein düsteres Bild der Konjunkturlage gezeichnet und von der Politik in Deutschland günstigere Rahmenbedingungen für Investitionen verlangt. In ihrem Herbstgutachten sagten die Ökonomen der deutschen Wirtschaft ein Wachstum von nur noch 1,3 Prozent in diesem und 1,2 Prozent im kommenden Jahr voraus. Nach ihrer Überzeugung gibt es aber finanziellen Spielraum für mehr Ausgaben in wachstumsförderlichen Bereichen.

Nach einem Rückgang um 0,2 Prozent im zweiten Quartal dürfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut den Berechnungen der Forscher in diesem Vierteljahr nicht weiter nennenswert geschrumpft sein. "Nachdem die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal gesunken war und im dritten Vierteljahr wohl stagniert hat, kommt der Konjunkturmotor nur schwerlich wieder auf Touren", erklärten sie in ihrem Herbstgutachten, das am Donnerstag in Berlin veröffentlicht wurde. "Schwach ist sowohl die Binnennachfrage als auch die Auslandsnachfrage."

Belastend wirkten das mäßige Expansionstempo der Weltwirtschaft und die auch im Prognosezeitraum niedrige Dynamik im Euroraum. In diesem Umfeld sprachen sich die Wirtschaftsforschungsinstitute für eine Stärkung der Wachstumskräfte und günstigere Rahmenbedingungen für Investitionen aus. Der finanzielle Spielraum für ein investitionsfreundlicheres Steuersystem und mehr Ausgaben in wachstumsförderlichen Bereichen wie Sach- und Humankapital sei "vorhanden", betonten sie.

Das Tempo der weltwirtschaftlichen Expansion wird im Prognosezeitraum nach Überzeugung der Ökonomen "voraussichtlich mäßig" bleiben. "Die Risiken für die Weltkonjunktur sind erheblich", betonten sie. Das liege an Problemen auf dem chinesischen Immobilienmarkt, aber auch am Ukraine-Konflikt. Ferner könnten in den Bankbilanzen im Euroraum "noch größere Risiken schlummern". Allerdings rechnen die Ökonomen für den Euroraum gegenwärtig nicht mit einem Deflationsszenario, solange es keine Anzeichen dafür gebe, dass sich die mittel- bis langfristigen Inflationserwartungen entankerten.

Der konjunkturelle Ausblick für Deutschland sei vor diesem Hintergrund verhalten. Die Industrieproduktion dürfte nach Dafürhalten der Ökonomen erneut gesunken sein, und die Frühindikatoren sprächen dafür, dass die Expansion bis zum Jahresende schwach bleiben werde.

Schuld an der Schwäche gaben die Experten auch der großen Koalition. "Die Aussichten für die Konjunktur sind auch deshalb gedämpft, weil Gegenwind von der Wirtschaftspolitik kommt", betonten sie. Zwar gingen von der Finanzpolitik expansive Impulse aus, doch wirkten das Rentenpaket und die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns wachstumshemmend. "Auch nutzt die Bundesregierung ihren finanziellen Spielraum zu wenig für investive Zwecke", monierten sie und betonten, angesichts erwarteter öffentlicher Finanzierungsüberschüsse wäre eine Minderung der Abgabenbelastung möglich.

Wichtigste Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es nach Überzeugung der Ökonomen, jetzt die Wachstumskräfte zu stärken und günstige Rahmenbedingungen für die Investitionstätigkeit zu setzen. "Ein gewisser Spielraum für eine gestaltende Finanzpolitik steht hierfür zur Verfügung."

Auf der Einnahmenseite solle dieser dazu genutzt werden, das Steuersystem investitions- und wachstumsfreundlich zu gestalten, insbesondere durch eine Senkung der Abgabenbelastung. Auf der Ausgabenseite sollten die Ausgaben der öffentlichen Hand in solchen Bereichen, die potenziell das Wachstum erhöhen, ausgeweitet werden. Die Institute nennen hier Ausgaben in Sach- und Humankapital. Allerdings warnten sie ausdrücklich davor, "die Mittel nach dem Gießkannenprinzip oder nach Länderproporz zu verteilen".

Die Ökonomen stellen diese sogenannte Gemeinschaftsdiagnose zweimal jährlich im Auftrag der Bundesregierung. Daran beteiligt sind vier Konsortien unter Federführung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).

Sie liefern der Bundesregierung damit traditionell eine Basis für ihre eigene Wachstumsprojektionen, die dieses Mal am kommenden Dienstag ansteht. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat bereits eine Abwärtsrevision angekündigt. Derzeit liegt die Prognose für 2014 noch bei einem Wachstum von 1,8 Prozent; diese Vorhersage datiert aber aus dem Frühjahr.

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Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /10.10.2014 17:47
+++ Regierung erwartet sehr verhaltene Konjunkturentwicklung +++

Nach den führenden Wirtschaftsforschungsinstituten hat auch die Bundesregierung eine nur schleppende Entwicklung der deutschen Konjunktur prognostiziert. Sie wird wohl bei ihrer eigenen Prognose am kommenden Dienstag ebenfalls eine deutliche Abwärtsrevision vornehmen, rechnet jedoch mit einem Wiedererstarken der Konjunktur, falls sich die gegenwärtige Verunsicherung legt.

"Nach dem leichten Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Leistung im zweiten Quartal deuten die Konjunkturindikatoren für Deutschland gegenwärtig auf eine zunächst sehr verhaltene Entwicklung hin", schreibt das Wirtschaftsministerium in seinem aktuellen Monatsbericht - einen Tag, nachdem die Ökonomen der Institute Deutschland ein Wachstum von nur noch 1,3 Prozent in diesem und 1,2 Prozent im kommenden Jahr vorausgesagt hatten.

Für die eigene Prognose der Bundesregierung, die im Wirtschaftsministerium erstellt wird, liefern die Institute in ihrem zwei Mal im Jahr erstellten Gutachten traditionell die Basis. Die jüngsten Aussagen im Monatsbericht nähren die Erwartung, dass auch die Bundesregierung von deutlich weniger Wachstum ausgehen wird. Derzeit prognostiziert sie für 2014 noch ein Wachstum von 1,8 Prozent; diese Vorhersage datiert aber aus dem Frühjahr.

"Die Stimmungsindikatoren haben sich auf breiter Front eingetrübt", erklärte das Wirtschaftsministerium. Die geopolitischen Konflikte hätten die Unternehmen zunehmend verunsichert. Hinzu komme die schleppende Erholung im Euroraum, was sich negativ auf die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen auswirke. "Auftragseingänge, Umsätze und Produktion im Verarbeitenden Gewerbe entwickeln sich im Schnitt der letzten Monate schwächer als erwartet", räumte das Ministerium ein.

"Gleichwohl sind viele Fundamentalfaktoren der deutschen Wirtschaft unverändert gut." Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen, solide öffentliche Haushalte, ein robuster Arbeitsmarkt, stabile Preise und anregend niedrige Zinsen sprächen dafür, "dass sich die Auftriebskräfte wieder stärker durchsetzen, sobald die Verunsicherung nachlässt".

Der private Konsum bleibt nach Einschätzung der Regierung die zuverlässigste konjunkturelle Stütze. Hier ließen zudem die steigenden Einkommen weiterhin eine positive Entwicklung erwarten.

Die Risiken für die Entwicklung der Weltwirtschaft bleiben allerdings "insgesamt erhöht", stellt das Ministerium fest. Daher seien die außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen weniger günstig als bisher angenommen. Im August sei die Tendenz jedoch durch negative Ferientageeffekte "dramatisch überzeichnet" worden.

Die führenden Wirtschaftsinstitute hatten am Vortag ein düsteres Bild der Konjunkturlage gezeichnet und von der Politik in Deutschland günstigere Rahmenbedingungen für Investitionen verlangt. Sie hatten finanziellen Spielraum für mehr Ausgaben in wachstumsförderlichen Bereichen gesehen und dazu auch den von der Regierung geplanten Budgetausgleich zur Disposition gestellt. Die Ökonomen gaben der Großen Koalition auch eine deutliche Mitschuld an der konjunkturellen Misere.
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