EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will die Geldinstitute künftig regelmäßig testen lassen. "Ich bin auf jeden Fall der Meinung, dass wir die Stresstests künftig regelmäßig durchführen müssen", sagte Barnier im Interview mit der Zeitung "Handelsblatt" (HB - Mittwochsausgabe). Er begründete dies damit, dass die Tests vom Juli dieses Jahres geholfen hätten, "Transparenz zu schaffen und die Märkte zu beruhigen."
Die nächste Testrunde stellte Barnier für das kommende Jahr in Aussicht. Er wolle abwarten, bis die neue EU-Finanzaufsicht im Januar ihre Arbeit aufgenommen habe. Die in London ansässige EU-Bankenaufsicht European Banking Authority (EBA) werde dann entscheiden, wie oft und auf welche Weise getestet werde. Die Stresstests waren in Deutschland vor allem bei den kleineren Geldinstituten auf Kritik gestoßen.
Wenig Verständnis zeigte Barnier für die sich häufenden Klagen der Geldbranche über zu hohe finanzielle Lasten und zu viel Regulierung. Die Banken seien für die schlimmste Finanzkrise seit 1929 verantwortlich. "Banker haben sich unverantwortlich, unmoralisch und unethisch verhalten", sagte Barnier. Auf eine "echte Krise" müssten jetzt auch "echte Reformen" folgen.
Barnier wies den Vorwurf zurück, dass die EU ihre Banken stärker finanziell belaste als die USA und dass der europäischen Finanzbranche dadurch Wettbewerbsnachteile entstünden. "Die Amerikaner kommen mit der Finanzmarktregulierung auch ganz gut voran", erklärte er. Das gelte auch für die Eigenkapitalstandards. Spätestens "Mitte nächsten Jahres" würden die USA "wesentliche Basel-Vorschriften anwenden". Bislang gelten die Eigenkapitalstandards des Baseler Bankenausschusses in den USA nicht, was europäische Banken immer wieder als wettbewerbsverzerrend kritisieren.
[Bildquelle: iStockPhoto]
Kommentare zu diesem Beitrag
Der Bankenverband rechnet bei der vom Baseler Ausschuss geplanten Verschuldungsobergrenze für Deutschland mit einem zusätzlichen Kapitalbedarf von 36 Mrd. EUR. Dies würde einen Abbau an Krediten in Höhe von 1.000 Mrd. EUR bedeuten, wenn die Institute ihren Kapitalbedarf nicht decken könnten, sagte Hans-Joachim Massenberg, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, in Frankfurt. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht wird die neuen Kapitalregeln (Basel III), die der G20-Gipfel im November in Seoul beschließen werden. Erste Festlegungen des Rahmenwerkes erfolgten bereits am 26. Juli 2010. Wichtigster Punkt sind dabei aus Sicht der Banken die aufsichtsrechtlichen Mindestkapitalquoten. Derzeit liegt die gesetzliche Untergrenze für Kernkapital bei 4 %, bei den EU-Stresstests wurde eine Untergrenze von 6 % angenommen. "Hier kommen enorme Herausforderungen auf die Banken zu", sagte Massenberg, "insbesondere wenn man berücksichtigt, dass allein die vorliegenden Beschlüsse vom Juli bei einigen Instituten bis zu einer Halbierung der heutigen Kernkapitalquoten führen würden".
Des weiteren hat der Baseler Ausschuss Kapitalpuffer angekündigt, die über die Mindestkapitalanforderungen hinausgehen sollen. "Dies läuft faktisch auf eine Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen hinaus, deshalb lehnen wir feste Kapitalpuffer ab", sagte Massenberg. Angesichts dieser Unwägbarkeiten sei es nicht nachvollziehbar, warum alle Mitglieder des Basel Committee on Banking Supervision - mit Ausnahme der deutschen - diesen Regeln bereits zugestimmt haben. Zwingend erforderlich sei in jedem Fall, das neue Baseler Regelwerk zeitlich gestreckt und stufenweise einzuführen. Ansonsten würde in kurzer Zeit ein starker Run der Banken auf Eigenkapital einsetzen, das in Form von Kapitalerhöhungen gebildet werden müssten warnte der BdB. "Da der Kapitalmarkt das voraussichtlich nicht leisten kann und viele Institute keinen Zugang zum Kapitalmarkt haben, brauchen sie Zeit, um auch über Gewinnansammlung die Eigenkapitalbasis verbreitern zu können", sagte Massenberg. Dies gelte umso mehr, als durch die neuen Regeln die Profitabilität der Banken und damit ihre Attraktivität geschmälert werde.
Kritik äußert der Bankenverband auch an bestimmten Punkten der Eigenkapitaldefinition. So gebe es an einigen Stellen "in ihrer Höhe nicht angemessene Abzüge von werthaltigen Positionen". An anderen Stellen habe sich der Baseler Ausschuss zwar bewegt, wie etwa bei der Anerkennung von Beteiligungen an Finanzinstituten, aber dennoch blieben die Auswirkungen erheblich. Das durchschnittliche Nachsteuerergebnis der gesamten Bankenbranche in Deutschland betrug nach Angaben des BdB in den vergangenen zehn Jahren etwa 11 Mrd. EUR. "Nun sollen mit der Bankenabgabe bereits 1,3 Mrd. EUR abgeschöpft werden; weitere 2 Mrd. EUR plane das Finanzministerium durch eine Finanzaktivitätssteuer einzunehmen. Und gleichzeitig soll die Eigenkapitalbasis verbreitert werden", kritisiert der Verband. Dies zusammen genommen könne die Banken überfordern.