Vertreter wichtiger Finanzaufsichtsbehörden haben bei einem Kongress in Frankfurt vor Risiken durch die Zinswende in den USA gewarnt. Mark Carney, der Chef des Financial Stability Board (FSB), sagte, höhere Volatilität und Liquiditätsprämien seien nahezu sicher. Der Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), Jaime Caruana, wies auf die zunehmenden Rolle von Vermögensverwaltern bei der globalen Verteilung von Finanzmitteln hin.
Die auseinanderlaufenden geldpolitischen Pfade großer Notenbanken werden nach Aussage von Carney zu mehr Volatilität und höheren Liquiditätsprämien an den Finanzmärkten führen. Carney, der Chef des FSB und Gouverneur der Bank of England (BoE) ist, sagte bei einer Konferenz der Deutschen Bundesbank in Frankfurt: "Derzeit ist die Volatilität sehr niedrig und die Liquiditätsprämien sind sehr komprimiert. Dass sich das etwas normalisieren wird, ist nahezu sicher."
Die Frage sei vielmehr, ob es darüber hinaus Reaktionen geben werde, die mit der größeren Rolle zusammenhingen, die Vermögensverwalter bei der weltweiten Finanzierung spielten. Carney sprach von der Gefahr "überschießender Reaktionen" und der Möglichkeit, dass sich die grenzüberschreitende Kreditvergabe verringert.
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Geldpolitik der US-Notenbank. Als der damalige Fed-Chairman Ben Bernanke 2013 etwas überraschend ein Ende der Wertpapierkäufe in Aussicht stellte, kam es zu gewaltigen Liquiditätsabflüssen aus Schwellenländern und Zinsanstiegen, die das Wirtschaftswachstum dämpften. Jetzt, da es tatsächlich um den geldpolitischen Exit geht, ist die Nervosität wieder hoch.
Beobachter gehen davon aus, dass die Federal Reserve ihre Zinsen ab Mitte dieses Jahres anheben wird, nachdem sie zuvor bereits ihre Wertpapierkäufe eingestellt hat. Auch die BoE ihre Ankäufe beendet und steuert auf Leitzinsanhebungen zu. Carney sagte, eine Leitzinsanhebung sei immer noch der wahrscheinlichste nächste Schritt der BoE. Die Europäische Zentralbank (EZB) dagegen steht erst am Beginn eines Wertpapierkaufprogramms, das ein monatliches Volumen von 60 Milliarden Euro haben und bis September 2016 dauern soll.
BIZ-Chef Caruana wies darauf hin, dass derzeit in US-Dollar denominierte Kredite für 9 Billionen Dollar außerhalb der USA ausstehen. Eine zunehmende Rolle spielten bei dieser Kreditvergabe Vermögensverwalter, die ihre Mittel, wie Caruana sagte, "von heute auf morgen umlenken können", wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. "Neuerdings wird die Verschuldung nicht mehr von den Banken, sondern von den Kapitalmärkten getrieben. Das bringt Risiken, die schwer zu messen und zu quantifizieren sind", sagte er.
Stanley Fischer, der stellvertretende Chairman der Federal Reserve, wies bei der Konferenz auf Bemühungen der US-Behörden hin, Vermögensverwalter weniger anfällig für einen gleichzeitigen Ansturm zu machen - "vielleicht über Eigenkapitalanforderungen, vielleicht über Liquiditätsanforderungen". "Die Behörden müssen versuchen, mit den Herausforderungen Schritt zu halten", sagte er.