Die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel hält die Pläne von US-Präsident Donald Trump, die Finanzmärkte zu entfesseln, für gefährlich. "Donald Trump kann den Dodd-Frank-Act nicht von heute auf morgen zurückdrehen. Aber das Dekret leitet eine Wende ein hin zu einer Deregulierung der Finanzmärkte und zu einer Abkehr vom Prinzip der internationalen Kooperation im Bereich der Finanzmarktregulierung", sagte Schnabel der Zeitung "Welt am Sonntag". Auf internationaler Ebene werde der Regulierungsprozess nun ins Stocken geraten. Europa solle sich an einem Wettlauf nach unten nicht beteiligen und sich weiter für eine Stärkung der Finanzstabilität einsetzen.
Trump hatte zuvor laut Nachrichtenagentur AFP eine Lockerung der Vorschriften für den Finanzsektor angeordnet. Er unterzeichnete am Freitag zwei entsprechende Dekrete. Eines weist das Finanzministerium an, ein Gesetz aus dem Jahr 2010 zur Regulierung der Banken komplett auf den Prüfstand zu stellen. Es sei damit zu rechnen, dass große Teile des Gesetzes gekürzt werden, kündigte Trump kurz vor der Unterzeichnung des Dekrets an.
Das sogenannte Dodd-Frank-Gesetz war unter Präsident Barack Obama als Konsequenz aus der großen Finanzkrise im Jahr 2008 verabschiedet worden. Das 848 Seiten lange Regelwerk schreibt den Finanzinstituten unter anderem eine höhere Eigenkapitalquote vor, um ihre Überschuldung zu verhindern. Außerdem legte das Gesetz die Grundlage für die Einrichtung der US-Behörde für Verbraucherschutz im Finanzwesen (CFPB).
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Das Bundesfinanzministerium hat vor dem Hintergrund der Pläne von US-Präsident Donald Trump für eine Lockerung der Aufsichtsbestimmungen für die Finanzbranche nachdrücklich vor einer Deregulierung der Banken gewarnt. "Wichtig ist ..., dass wir an den Lehren festhalten, die wir aus der Finanzkrise gezogen haben", sagte Ministeriumssprecher Dennis Kolberg zu Dow Jones Newswires. "Für die großen, systemrelevanten Banken brauchen wir strenge Aufsichtsregeln. Das gilt insbesondere für Kapital- und Liquiditätsanforderungen."
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte Trumps Pläne erst am Mittwochabend in einem Interview als "ganz falsch" kritisiert und konstatiert: "Wenn es die Amerikaner machen sollten, können wir sie nicht hindern." Die Europäer würden aber alles daran setzen, "möglichst viele globale Regelungen zu haben", und müssten sich dann unabhängiger von den USA machen. "Es gibt noch, auch ohne dass die jetzigen Reformen zurückgedreht werden, genügend Handlungsbedarf", sagte Schäuble. So müsse der Schattenbankensektor noch besser reguliert werden.
Die Regierung befürchte eine Lockerung der Aufsichtsregeln für die US-Finanzbranche, schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Trump werde in den nächsten vier Monaten die Regeln überprüfen, was in Kreisen der Bundesregierung als Einstieg in eine potenziell weitreichende Deregulierungsagenda gewertet werde. Die Ankündigung passe zu dem Bestreben, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der US-Finanzwirtschaft zu stärken. "Insofern muss man davon ausgehen, dass es zu Deregulierungsmaßnahmen kommen wird", sagte ein hoher Beamter des Finanzministeriums dem Blatt.
Ministeriumssprecher Kolberg betonte allerdings am Freitag in Berlin, ein Prüfauftrag, der in diesem Bereich an Ministerien ergehe, sei "an sich nichts Ungewöhnliches". Die Wirksamkeit der Bankenregulierung werde auch in Europa und in den internationalen Aufsichtsgremien regelmäßig bewertet. "Wir verfolgen die aktuelle Debatte in den USA zum Thema Bankenregulierung natürlich sehr aufmerksam", hob er aber auch hervor.