Ein Blick auf die Risikolandkarte in Deutschland

Risikofaktor Schuldenabbau und hohe Sparquote


Risikofaktor Schuldenabbau und hohe Sparquote: Ein Blick auf die Risikolandkarte in Deutschland News

Die Welt befindet sich auch im sechsten Jahr nach Ausbruch der Krise weiterhin im Krisenmodus, so Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Im Rahmen der heutigen Jahreskonferenz der RMA in Frankfurt zeigte der Würzburger Ökonomieprofessor auf, dass auch die Geldpolitik sich weiterhin im Krisenmodus befindet.

Peter Bofinger unterscheidet in der Wirtschaftsgeschichte der letzten sechzig Jahre vier große Phasen der globalen Ökonomie. Die erste Phase umfasst für ihn die ersten Jahrzehnte der Nachkriegszeit. Das Vermögen ist relativ gleich verteilt, die Reallöhne steigen, der Wohlstand wächst. Er beschreibt dieses von größeren Wirtschaftskrisen weitgehend verschonte Zeitfenster durch das Motto: "Wohlstand für alle." Ein altes Rezept, mit dem schon Ludwig Erhard erfolgreich Wirtschaftspolitik betrieben hat. Dies Rezept sorgt, verbunden mit niedrigen Zinsen dafür, dass die Welt die Wirtschafts- und Finanzkrise unbeschadet übersteht und in eine Phase des nachhaltigen Wachstums übergeht.

Die zweite Phase erstreckt sich laut dem Wirtschaftsweisen von den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007. Die Ungleichheit zwischen Arm und Reich wächst, die Löhne steigen dauerhaft nicht mehr an. Der steigende Lebensstandard wird über eine hohe private Kreditaufnahme finanziert. Sie ist geprägt von einer zunehmenden Ungleichheit der Einkommensverhältnisse auf der einen Seite und einer wachsenden privaten Verschuldung auf der anderen Seite. Das Leitmotiv lautet "Finance for all".  

Die dritte Phase in den Jahren 2008 bis 2011 wurde vor allem durch die Finanzkrise geprägt. Weil der Privatsektor in Folge der Finanzkrise kräftig spart, springt die öffentliche Hand ein. Beinahe alle Staaten nehmen hohe Kredite auf, um so die Wirtschaft anzukurbeln. Kurzum: Die Staatsverschuldung stabilisiert die Wirtschaft.

In der Gegenwart findet Phase vier statt, die sich dadurch kennzeichnen lässt, dass weder die privaten noch die öffentlichen Haushalte die Konjunktur ankurbeln können, da beide die Verschuldungsgrenze erreicht haben. "Jetzt müssten wieder die Privaten kommen. Die sind aber nicht in der Lage, diese Rolle zu übernehmen", ergänzt Bofinger. Selbstheilungskräfte betrachtet Bofinger kritisch.

Peter Bofinger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg"Wohlstand für alle" kann eine lange Phase der Stagnation der Weltwirtschaft verhindern

Wie kann das Risikomanagement für die Politik aussehen? Um die Krise erfolgreich zu steuern, präsentierte Bofinger (Bild rechts) eine alte Formel: "Wohlstand für Alle". So zeigt eine Studie des Internationalen Währungsfonds, dass eine Politik dann ein nachhaltiges Wachstum in Gang setzen kann, wenn sie dafür sorgt, dass die Ungleichheit zwischen Arm und Reich zurückgeht. Wenn Einkommen breiter gestreut werden und die Arbeitnehmer wieder einen größeren Anteil am Volkseinkommen erhalten, sei dies der richtige Weg, die Weltwirtschaft wieder zurück in die richtige Spur zu bringen. In diesem Kontext wies Bofinger darauf hin, wie problematisch es ist, wenn sich die Staaten von ihrer Funktion als Konjunkturlokomotive verabschieden. Insbesondere die USA stützen aktuell die deutschen Exporte. So liegt die Zuwachsrate der deutschen Exporte in die USA im Zeitraum Januar bis Juni 2013 bei rund +2 Prozent gegenüber Vorjahr. Gegenüber China sind hingegen die Exporte um rund 5,5 Prozent zurückgegangen.

Der Wirtschaftsweise legt dar, dass die Weltwirtschaft ohne eine Ankurbelung des privaten Konsums und eine gerechtere Einkommensverteilung auf Dauer nicht wachsen kann. Die Logik ist recht einfach: Der Kaufkraftverlust, der daraus resultiert, dass große Teile der im Produktionsprozess erzielten Einkommen bei vermögenden Haushalten landen, kann nicht länger durch private oder öffentliche Verschuldung kompensiert werden.

Wir sparen und zu Tode

In diesem Kontext wies Bofinger auch auf das gestörte Verhältnis zur Staatsverschuldung in Deutschland hin. Einer schwachen Investitionsneigung auf der einen Seite steht auf der anderen Seite eine hohe Netto-Geldersparnis sowohl bei privaten Haushalten als auch Unternehmen gegenüber. In Deutschland sparen wir wie die Weltmeister. Der Irrsinn ist, dass diese Ersparnisse nicht selten in Form von Krediten ins Ausland wandern. Bofinger plädiert dafür, dass es wünschenswert wäre, dass ein nicht unwesentlicher Teil dieser Ersparnisse im Inland investiert wird – etwa in Infrastruktur oder in Bildung.

Doch die Schuldenbremse ist das politische Instrument, das es verbietet, dass deutsche Sparer dem deutschen Staat Geld leihen, damit dieser sinnvolle Investitionen tätigt. Das ist absurd, so Bofinger. Viele betrachten den Staat aus der Perspektive der schwäbischen Hausfrau: daher soll er möglichst keine Schulden machen.

Bofinger bringt es auf den Punkt: Die Schuldenbremse gefährdet die gesamtwirtschaftliche Stabilität und die Zukunft unserer Kinder. Denn unsere Kinder haben mehr davon, höhere Schulden zu haben und dafür gut ausgebildet zu sein sowie über eine vernünftige Infrastruktur zu verfügen. Die Alternative – und gleichzeitig das Risiko – wäre es, die Schulden zurückfahren und ein marodes Land zu hinterlassen.

 

 

[Bildquelle oben: / Bildquelle Bofinger: Universität Würzburg]

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /25.09.2013 08:18
+++ GfK: Kauflaune der Bundesbürger erklimmt Spitzenwert +++

Die Bundesbürger bleiben in bester Kauflaune. Eine gute Arbeitsmarktlage, niedrige Zinsen und eine anziehende Konjunktur lassen die Konsumneigung der Deutschen auf einen Spitzenwert steigen. "Trotz des gesunkenen Einkommensoptimismus äußern sich die Verbraucher hinsichtlich ihrer Konsumneigung geradezu euphorisch", erklären die Konsumforscher der GfK Gruppe. "Sie halten den Moment für günstig, gerade größere Anschaffungen zu tätigen."

Im September toppte die Anschaffungsneigung den Spitzenwert aus dem Vormonat noch einmal. Nachdem die Konsumneigung im August den höchsten Stand seit Dezember 2006 erreicht hatte, legte sie im September noch einmal leicht zu. Nach einem Plus von 0,6 Zählern steht der Indikator nun bei 45,0 Punkten.

Bei der Einkommenserwartung gibt es einen moderaten Rückgang auf hohem Niveau. Aktuell weist der Einkommensindikator 33,7 Punkte auf und liegt damit nach wie vor "auf einem überaus hohen Niveau", wie die GfK-Experten feststellen. Möglich ist, dass die steigenden Lebensmittelpreise an dem Rückgang schuld sind.

Nach einem kleinen Dämpfer im Vormonat hellen sich die Konjunkturaussichten indessen wieder auf. Der Indikator gewinnt 8,9 Zähler und weist aktuell 10,7 Punkte auf.

Der von dem Marktforschungsunternehmen errechnete Indikator zum Konsumklima in Deutschland steigt für Oktober auf 7,1 nach revidiert 7,0 (vorläufig: 6,9) Zählern im Vormonat. Von Dow Jones Newswires befragte Ökonomen hatten einen Anstieg auf 7,0 Punkte vorhergesagt. Bei der Umfrage wurden rund 2.000 Verbraucher befragt.

"Die deutschen Konsumenten gehen davon aus, dass die Konjunktur in den kommenden Monaten an Fahrt gewinnen wird", sagt GfK-Experte Rolf Bürkl. "Die Kauflaune der Bundesbürger scheint zudem ungebrochen zu sein."

Nach einer kurzen Verschnaufpause legt das Konsumklima im Herbst somit wieder geringfügig zu. "Damit sind die Chancen weiter gestiegen, dass sich der moderate Aufwärtstrend, der seit Anfang dieses Jahres zu verzeichnen ist, auch in den kommenden Monaten fortsetzen kann", sagt Bürkl.

Zum Zeitpunkt der Umfrage stand der Ausgang der Bundestagswahl noch nicht fest. Nach Ansicht der GfK-Forscher ist denkbar, dass einige Verbraucher weitere finanzielle Belastungen, beispielsweise durch die anhaltenden Eurokrise oder aus etwaigen Steuererhöhungen, befürchten.
RiskNET Redaktion /24.09.2013 12:21
+++ ifo-Geschäftsklima steigt etwas weniger als erwartet +++

Das Geschäftsklima der gewerblichen Wirtschaft Deutschlands hat sich im September etwas weniger stark als erwartet aufgehellt, was an einer schwächeren Beurteilung der aktuellen Geschäftslage lag. Wie das Münchener ifo Institut mitteilte, stieg der Geschäftsklimaindex auf 107,7 Punkte. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten einen Anstieg auf 108,0 erwartet. Basis war ein vorläufiger August-Wert von 107,5 Punkte, der nun auf 107,6 revidiert wurde.

Der Index zur Beurteilung der aktuellen Lage der rund 7.000 befragten Unternehmen sank von 112,0 auf 111,4 Punkte, während Ökonomen einen Anstieg auf 112,5 prognostiziert hatten. Der Index für die Geschäftserwartungen erhöhte sich von 103,3 auf 104,2. Erwartet worden waren 104,0 Punkt. "Die deutsche Wirtschaft ist mit Zuversicht in den Herbst gestartet", kommentierte das ifo Institut die Daten.

Der Geschäftsklimaindikator für das verarbeitende Gewerbe stieg im September erneut. Die aktuelle Geschäftslage wurde etwas weniger positiv beurteilt, während die Erwartungen an den weiteren Geschäftsverlauf auf den höchsten Wert seit Juni 2011 zulegten. Auch vom Export wurden weiterhin Impulse erwartet.

Im Einzelhandel hellte sich das Geschäftsklima deutlich auf. Besonders die Erwartungen fielen erheblich optimistischer aus und erreichten den höchsten Wert seit Februar 2011. Auch mit ihrer aktuellen Geschäftslage waren die Einzelhändler wieder zufriedener.

Im Großhandel gab der Geschäftsklimaindex dagegen etwas nach. Während die Großhändler leicht optimistischer auf die weitere Geschäftsentwicklung blicken, schätzten sie die aktuelle Situation etwas weniger positiv ein.

Im Bauhauptgewerbe sank der Geschäftsklimaindex erneut, befand sich historisch betrachtet jedoch weiterhin auf einem hohen Niveau. Die aktuelle Geschäftslage wurde wieder etwas günstiger beurteilt. Die Baufirmen blickten jedoch skeptischer auf den weiteren Geschäftsverlauf.
RiskNET Redaktion /23.09.2013 15:24
+++ Aufschwung im Euroraum gewinnt im September an Breite +++

Die Privatwirtschaft des Euroraums hat sich im September wegen einer kräftigen Belebung im Dienstleistungssektor weiter erholt. Dabei zeigte auch der Auftragseingang erneut nach oben und der Aufschwung erfasste das gesamte Währungsgebiet. Dies lässt auf ein weiteres Wachstum der Wirtschaft im dritten Jahresviertel hoffen, nachdem die Eurozone im zweiten Quartal mit einem Wachstum von 0,3 Prozent erstmals seit sechs Quartalen wieder gewachsen war.

Der Einkaufsmanagerindex (PMI) des verarbeitenden Gewerbes ging jedoch im September unerwartet zurück. Er verringerte sich auf 51,1 Punkte von 51,4 im Vormonat, wie der Informationsdienstleister Markit Economics im Zuge der ersten Veröffentlichung berichtete. Volkswirte hatten dagegen einen leichten Anstieg auf 51,8 Zähler prognostiziert.

Der Einkäuferindex für den Servicesektor kletterte auf 52,1 Punkte von 50,7 im Vormonat und erreichte damit den höchsten Stand seit gut zwei Jahren. Ökonomen hatten einen Anstieg auf 51,1 Punkte erwartet.

Der aggregierte Sammelindex, der auf dem Produktionsindex für das verarbeitende Gewerbe und dem Index des Dienstleistungsbereichs basiert, legte auf Monatssicht um 0,6 auf 52,1 Zähler zu und lag damit ebenfalls auf dem höchsten Niveau seit 27 Monaten. Hier war ein Zuwachs auf 51,9 Punkte erwartet worden.

Der Aufschwung im Euroraum steht zunehmend auf einer breiten Basis. Deutschland ist allerdings weiterhin Wachstumslokomotive: Für die deutsche Wirtschaft signalisierten die PMIs im September wegen eines kräftigen Aufschwungs im Dienstleistungssektor insgesamt eine wachsende Dynamik. Doch auch in Frankreich wurde im Service-Bereich ein unerwartet kräftiges Plus verzeichnet, sodass der Sammelindex erstmals seit anderthalb Jahren wieder die Marke von 50 Punkten übersprang, ab der Wachstum signalisiert wird.

Die Ergebnisse basieren auf der Befragung von rund 5.000 Industrie- und Dienstleistungsunternehmen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden, Österreich, Irland und Griechenland.

Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson bezeichnete es als besonders erfreulich, dass der Aufschwung das gesamte Währungsgebiet erfasst habe und zeigte sich zuversichtlich, dass sich auch die Lage am Arbeitsmarkt bald wieder bessern dürfte. Jedoch deute der PMI für das dritte Quartal nur auf ein "mageres Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,2 Prozent auf Quartalsbasis hin". Im vierten Quartal dürfte sich der Aufschwung fortsetzen.
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