Finanzaufsicht kritisiert Risikomanagement-Praxis der Banken

Risikomanagement ist Kostenfaktor, Störfaktor und Kostenstelle


Risikomanagement ist Kostenfaktor, Störfaktor und Kostenstelle News

"Mängel im Risikomanagement haben nicht unwesentlich zur internationalen Finanzkrise beigetragen. Nur durch den permanenten Dialog zwischen Finanzaufsicht und Kreditwirtschaft können bestehende Defizite beseitigt werden", so Raimund Röseler, Exekutivdirektor Bankenaufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), bei der Risk Management Konferenz im Rahmen der Euro Finance Week in Frankfurt. Die Einrichtung adäquater Risikomanagementsysteme in den Banken sei eine der vordringlichsten Aufgaben. Was die BaFin derzeit bei ihren Prüfungen zu sehen bekomme, sei oft nur ein "Schaulaufen für die Aufsicht", so Röseler. Seit Ausbruch der Krise sei das Risikomanagement in den Banken zwar deutlich besser geworden. Freiwillig beschäftigten sich die Institute mit dem Thema aber nur ungern. "Risikomanagement ist für die Banken ein Kostenfaktor, Störfaktor und eine Kostenstelle, aber kein Profit Center", kritisierte Bankenaufseher Röseler. Optimierungsbedarf sieht die BaFin vor allem in den Bereichen Adressrisikomanagement, Risikofrüherkennung und Datenqualität. Eine Reduzierung des Themas auf die Risikotragfähigkeit eines Instituts entspreche nicht der Vorstellung einer Best Practice.

Der Bankenaufseher Marco Lichtfous von der Banque Centrale du Luxembourg hielt den Kreditinstituten allerdings auch zugute, dass die zunehmende Komplexität der Rahmenbedingungen im Risikomanagement durchaus mit Zielkonflikten verbunden ist. Zwar sei die Stabilisierung der Finanzwirtschaft das übergeordnete Ziel, doch geben es durchaus unerwünschte Konsequenzen der Regulierungsaktivitäten. In der Folge solcher Nebenwirkungen kommt es oft zu einer Einschränkung marktwirtschaftlicher Kräfte, die das Wachstum bremst und die Innovationsfähigkeit einer Branche hemmt. Darin sieht Marcus Kramer, Chief Risk Officer und Mitglied des Vorstandes der Bayerischen Landesbank, ein grundlegendes Problem, denn durch das derzeitige Umfeld sind die Funktionsmechanismen von Bonitätsarbitrage und Fristentransformation gehemmt. Bonitätsarbitrage ist den meisten Banken aufgrund der Rating-Verschlechterungen bei den Banken nur noch bedingt möglich, da insbesondere größere Unternehmen nicht selten mit einem besseren externen Rating ausgestattet sind und sich somit am Kapitalmarkt günstiger finanzieren können. "Mit der Bonitätsarbitrage Geld zu verdienen, wird schwieriger, wenn Banken massiv heruntergestuft werden", so Kramer. Auch die Fristentransformation werde regulatorisch sehr stark eingeschränkt. Eine gewisse Fristentransformation müsse jedoch als Basis des klassischen Geschäftsmodells noch erhalten bleiben. Die Aufsichtsbehörden müssen deshalb aufpassen, dass sie das klassische Bankmodell nicht dysfunktional werden lassen und große Teile der Volkswirtschaft an den Kapitalmarkt und in ein Schattenbankensystem verweisen.

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

Markus /16.11.2011 01:03
"...Risikomanagement ist für die Banken ein Kostenfaktor, Störfaktor und eine Kostenstelle, aber kein Profit Center..."

Genau so ist es. Schlimmer noch, es ist sogar unternehmerische Notwendigkeit, um den Fortbestand der Bank, Versicherung usw. zu gewährleisten. Bei der Halbswertzeit aktueller Vorstände ein schwer zu vermittelndes Faktum. ALLE, wirklich ALLE wollen in kürzester Zeit möglchst viel verdienen, ohne irgendeine Leistung zu erbringen. Das geht nur mit Betrug (Ponzi-Games) oder Glück.
Info: Glück starb letzte Woche an Herzversagen.....

"...Mit der Bonitätsarbitrage Geld zu verdienen, wird schwieriger, wenn Banken massiv heruntergestuft werden", so Kramer...."

Das Banken massiv an Arbitragegeschäfte interessiert sind ist klar; ohne irgendwelches zutun, schenkt mir jemand Geld,...
Tolle Sache für die Bank... Warum verbieten??
Weil niemand dem Bürger/Unternehmer etwas schenkt!!!!



"...Auch die Fristentransformation werde regulatorisch sehr stark eingeschränkt. Eine gewisse Fristentransformation müsse jedoch als Basis des klassischen Geschäftsmodells noch erhalten bleiben....."

Wären sich Banken untereinander grün -> wäre der Interbankenhandel liquide -> wäre das Problem nicht so eklatant. Aktuell kämpfen die Großen ums Überleben, also ums eigene Kapital. Die nächste Pleitebank von morgen, ist ein potenzieller Konkurrent weniger....

"....Die Aufsichtsbehörden müssen deshalb aufpassen, dass sie das klassische Bankmodell nicht dysfunktional werden lassen und große Teile der Volkswirtschaft an den Kapitalmarkt und in ein Schattenbankensystem verweisen...."

Hätte der Anstand in den oberen Geschäftsetagen der Institute Einzug gehalten, wäre die gesamte Situation deutlich milder verlaufen.
Man würde nicht nach dem schwarzen Schafen suchen; aktuell sind fast alle schwarz.

Frage: Wer ist noch reinlich weiß????
RiskNET Redaktion /21.11.2011 14:37
+++ Risiken für deutsches Finanzsystem erheblich gestiegen +++

Die Ratingagentur Moody's sieht wegen der um sich greifenden Staatsschuldenkrise erheblich höhere Risiken für das deutsche Finanzsystem, eine Einschätzung, die auch die Bundesbank in ihrem jüngsten Finanzstabilitätsbericht zum Ausdruck gebracht hatte. Viele deutsche Banken hätten beträchtliche Engagements in europäischen Krisenstaaten und stützten ihre Finanzierung auf Großkredite aus Kapitalmarktquellen, erklärte die Ratingagentur in einem am Montag veröffentlichten wöchentlichen Kreditbericht.

Trotz der in jüngster Zeit relativ robusten Performance der deutschen Banken seien angesichts des globalen Konjunkturabschwungs und der europäischen Schuldenkrise weitere Einbußen wahrscheinlich. Zudem unterschieden sich die Refinanzierungsrisken für die einzelnen Bankhäuser sehr stark: Große Banken hingen stärker von einer Kapitalmarktfinanzierung ab als Sparkassen und Genossenschaftsbanken.
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