Analyse Defizitdaten

Tiefe Kluft in der Eurozone


Tiefe Kluft in der Eurozone News

Zwischen den Ländern der Eurozone tut sich eine tiefe Kluft in den Staatsfinanzen auf: Während Deutschland im Jahr 2012 einen kleinen Budgetüberschuss erzielte, führten die anderen großen Länder der Währungsunion große Defizite in ihren Haushaltsbüchern. Gleichwohl wurden erste Erfolge bei der Sanierung der Staatsfinanzen sichtbar, denn für die gesamte Eurozone sank das Defizit 2012 in den öffentlichen Kassen auf 3,7 von 4,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Wegen der schrumpfenden oder stagnierenden Wirtschaft in vielen Ländern stieg aber zugleich der gesamte Schuldenstand auf 90,6 von 87,3 Prozent, wie die europäische Statistikbehörde mitteilte. Viele Länder in der Eurozone haben schwer mit schwacher Wirtschaft, steigender Arbeitslosigkeit und hoher Verschuldung zu kämpfen. Im Bemühen, die Budgetdefizite zu stutzen, fahren die Regierungen einen strikten Sparkurs, der jedoch die Nachfrage belastet und das Wachstum schwächt.

Nach den Daten der Statistiker hat Deutschland im vergangenen Jahr einen kleinen Haushaltsüberschuss von 0,2 Prozent des BIP eingefahren. Im Vorjahr war noch ein Defizit von 0,8 Prozent verbucht worden. Deutschland profitiert von einer relativ robusten Konjunktur und einer hohen Beschäftigung, was die Steuereinnahmen sprudeln lässt.

Ganz anders sieht die Lage für Frankreich, Italien und Spanien aus, die ebenfalls ein großes Gewicht im gemeinsamen Währungsraum haben. Frankreich konnte sein Budgetdefizit 2012 zwar auf 4,8 von 5,3 Prozent drücken, liegt damit aber weiter über der zulässigen Grenze von 3 Prozent. Deutlich besser steht Italien da, dessen Defizit auf 3,0 von 3,8 Prozent sank. Das größte Problem hat Spanien, denn das Haushaltsloch vergrößerte sich auf 10,6 von 9,4 Prozent.

Frankreich und Spanien verhandeln derzeit mit der EU-Kommission über einen Aufschub beim Defizitabbau, auch Portugal hofft auf Erleichterungen. In jüngster Zeit war in Brüssel ein Trend zu mehr Pragmatismus zu beobachten. Die EU-Kommission zeigt sich immer häufiger nachgiebig, um das Wachstum in den Krisenländern nicht noch mehr zu bremsen.

Im April haben die Staaten nach den Regeln des so genannten Europäischen Semesters damit begonnen, ihre Haushaltsplanungen für nächstes Jahr in Brüssel vorzulegen. Bei den nächsten Treffen der EU-Finanzminister und beim Gipfel am 22. Mai dürften die Vorschläge diskutiert und spätestens im Juni genehmigt werden. Angesichts der aktuellen Signale ist zu erwarten, dass bis dahin einige Länder Fristverlängerungen für ihre Haushaltsziele erhalten haben.



[Bildquelle: © tiero - Fotolia.com]

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /26.04.2013 07:50
+++ Bundesbank kritisiert EZB-Rolle bei Euro-Rettung scharf +++

Die Deutsche Bundesbank hat die Euro-Rettungspolitik scharf kritisiert. In einer vertraulichen Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht, die dem Handelsblatt vorliegt, lehnt die Notenbank vor allem mögliche Staatsanleihenkäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) vehement ab.

Die Bundesbank kritisiert, dass "gezielt Anleihen schlechterer Bonität" erworben würden, wodurch die Risiken stiegen. "Die Käufe können überdies die Unabhängigkeit der Zentralbanken belasten, die eine zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Erfüllung ihrer Hauptaufgabe - die Wahrung der Preisniveaustabilität - ist", heißt es in dem 29-seitigen Papier. "Befindet sich die Geldpolitik erst einmal auf einem derartigen abschüssigen Kurs, ist eine Umkehr nur schwer und unter großen Kosten möglich."

Das Bundesverfassungsgericht wird im Juni über die Klagen gegen den Euro-Rettungfonds ESM verhandeln. Es hat angekündigt, das EZB-Programm zum möglichen unbegrenzten Anleihenkauf (OMT) prüfen zu wollen. Die Bundesbank bezweifelt, dass es bei Anleihenkäufen durch die EZB wirklich zu strengen Reformauflagen für die Krisenländer kommen würde und verweist dabei auf Griechenland.

"Diese Erfahrungen begründen auch Befürchtungen, dass der Umgang mit Konditionalität im Rahmen des OMT-Programms selbst in zweifelhaften Fällen nicht vor erheblichen Käufen - und damit Risikoumverteilungen durch die Bilanzen des Euro-Systems - schützen wird."
RiskNET Redaktion /02.05.2013 06:26
+++ DIW-Chef hält Zinssenkung durch EZB für "nicht effektiv" +++

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hält eine weitere Zinssenkung vonseiten der Europäischen Zentralbank (EZB) für nicht effektiv. "Der Effekt auf die Refinanzierungsbedingungen der Banken und die Liquidität wäre sehr gering", sagte Marcel Fratzscher im Interview des Handelsblatts.

"Das Problem, dass die Geldpolitik viele Unternehmen in den Krisenländern nicht erreicht, liegt sicher nicht an zu hohen Zinsen, sondern an den Problemen der Banken und weiterhin hohen Risiken", ergänzte der 42-jährige Wissenschaftler, der sich in seinen Forschungen vor allem auf die europäische Schuldenkrise kapriziert hat. Fratzscher ist zudem der Ansicht, dass eine Zinssenkung nicht nur als positives Signal verstanden werden könnte: "Märkte und Unternehmen könnten sie so interpretieren, dass die EZB sich weit größere Sorgen um die konjunkturelle Situation im Währungsgebiet macht als erwartet."

Die EZB, so Fratzscher, "mag es daher als weise erachten, sich den wenigen Spielraum, den sie auf der Zinsseite noch hat, für eine schwierigere Situation aufzusparen". Seiner Einschätzung nach bleibt der mittelfristige Konjunkturausblick trotz zuletzt schlechterer Nachrichten unter dem Strich positiv
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