BaFin und Rückversicherer uneins über Marktzugang

Tür zu für Rückversicherer aus Drittstaaten?


Tür zu für Rückversicherer aus Drittstaaten? BaFin und Rückversicherer uneins über Marktzugang News

Auf dem Rückversicherungs-Symposium der TH Köln in dieser Woche diskutierten Teilnehmer die Nachteile, die der beschränkte Marktzugang in Deutschland für Rückversicherer aus Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftraums (EWR) bedeutet: höhere Preise und suboptimalen Risikoausgleich. Frank Grund, Exekutivdirektor der BaFin, hielt dem entgegen, dass mit wichtigen Herkunftsländern Äquivalenzvereinbarungen getroffen worden seien und eine Vereinbarung mit den USA in der Ratifizierung sei. Für alle anderen Drittstaaten läge es in der Verantwortung der EU-Mitgliedsstaaten, den Zugang zu regeln.

Sowohl Erst- als auch Rückversicherer kaufen Rückdeckung am Markt um ihr Kapital zu entlasten, im Fall von Rückversicherern Retrozession genannt. Rund fünf bis zehn Prozent des Rückversicherungsgeschäfts werden erneut abgegeben, Lloyds reicht sogar über 20 Prozent weiter.

Erschwerter Zugang zu Märkten

Rückversicherer sorgen für Kapitaleffizienz, indem sie ihr Geschäft möglichst breit diversifizieren und in Summe weniger Kapital brauchen als Erstversicherer. Daher wünschen sich die Versicherer der Versicherer freien Zugang zu möglichst vielen unterschiedlichen Märkten und Sparten. Seit 1. Januar 2016 erschwert der neugefasste § 121 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) aber Rückversicherern mit Sitz außerhalb des EWR genau dies. Ausgenommen sind lediglich Länder mit Aufsichtsregeln, die seitens der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA, European Insurance and Occupational Pensions Authority) als äquivalent eingeschätzt werden. Zur Zeit sind das Bermuda (ohne Captives und Special Purpose Vehicles), die Schweiz und, zeitlich befristet, Japan. Alle drei Domizile sind Heimat international tätiger Rückversicherer.

Alle anderen dürfen in Deutschland nur sogenannte Korrespondenzversicherung ausüben, sofern sie keine Tochtergesellschaft oder kapitalisierte Niederlassung gründen. Nach dem VAG dürfen diese Rückdeckung nur per Post, Email und Telefon abschließen. Auf aktive Marktbearbeitung und persönliche Besuche müssen die betroffenen Gesellschaften verzichten. Keine leichte Ausgangsposition in einer Branche, die traditionell großen  Wert auf persönliche Beziehungen legt. Frankreich, Großbritannien und Irland haben keine solchen Beschränkungen eingeführt.

Rückversicherung ist ein Kapitalsubstitut

Versicherer kapitalisieren ihr Geschäft auf Nettobasis, das heißt Rückversicherung wirkt kapitalentlastend. Allerdings müssen Zedenten das Ausfallrisiko berücksichtigen und hier trifft sie die diskriminierende Berücksichtigung im Standardmodell von Solvency II. Zessionen an Rückversicherer aus Drittstaaten werden pauschal mit erhöhter Ausfallwahrscheinlichkeit belegt, was im Vergleich zu EU-Anbietern zu höherem Kapitalbedarf führt. Vermeiden kann der Zessionär das durch Sicherheiten, wie einem Letter of Credit oder einem qualifizierten Rating. Rating und Sicherheiten binden aber ebenso Kapital, nur an anderer Stelle.

Vor 2016 hatten fast alle Rückversicherer unbeschränkten Zugang zum EU Markt. Lediglich die Cayman Island waren auf einer Negativliste geführt und durften nicht aktiv werden, was vor allem den Markt für Verbriefungen traf.

Noch vor dem Machtwechsel im Weißen Haus Im Januar 2017 haben Europa und die USA ein bilaterales Abkommen (covered agreement) abgeschlossen, das gegenseitigen Zugang für Rückversicherer erlaubt. Die Vereinbarung bedeutet nicht Äquivalenz, sondern gegenseitige Anerkennung mit Verzicht auf Besicherung, was besonders europäische Rückversicherer vom amerikanischen Markt ferngehalten hat. Obwohl US-Senat und EU-Mitgliedsländern die Vereinbarung noch ratifizieren müssen, wird sie bereits angewandt, das heißt US-Rückversicherer dürfen Risiken in der EU zeichnen. Was passiert, wenn das Abkommen nicht bestätigt wird, ist unklar.

Solvency II benachteiligt kleinere Versicherer

Auch andere aufsichtliche Regelwerke weisen protektionistische Beschränkungen auf. So werden ausländische Zessionäre ohne Tochter oder Niederlassung in China bei Zedenten im Reich der Mitte mit prohibitiv hohen Kapitalauflagen versehen, die die Entlastung teilweise aufheben. Das chinesische Aufsichtswerk C-ROSS wie auch Solvency II benachteiligen vor allem die kleinen Anbieter, die sich kein  Netzwerk von Gesellschaften auf allen Kontinenten leisten können. Solvency II begünstigt tendenziell die großen Gesellschaften, die den hohen organisatorischen Aufwand für Konformität mit vielen verschiedenen Aufsichtsregeln stemmen können.

Die weltweit zu beobachtende Tendenz zu lokalen Rückversicherungslizenzen läuft der Idee von Rückversicherung zuwider. Risikoausgleich und Diversifikation sind eingeschränkt, Eigenkapital wird zersplittert. Solche Benachteiligungen erhitzten wahlweise die Gemüter oder ließen sie kalt beim Rückversicherungs-Symposium in Köln. Bereits zum 14. Mal lud Stefan Materne, Professor und Lehrstuhlinhaber für Rückversicherung und Risk Management, Versicherungs- und Risikomanagementexperten nach Köln ein. Mehr als 550 Besucher folgten der Einladung. Neben der Frage, ob Regulierung protektionistisch wirkt, diskutierten Vertreter von Maklern, Rückversicherern und Aufsichtsbehörden über den alternativen Risikokapitalmarkt, wie zukunftsfest die Branche aufgestellt ist und die Auswirkungen des Brexit auf die Assekuranz.

Dr. Frank Grund (Exekutivdirektor Versicherungsaufsicht, BaFin) und Prof. Dr. Karel van Hulle (Vorstand, Bermuda Finanzaufsicht BMA)

Dr. Frank Grund (Exekutivdirektor Versicherungsaufsicht, BaFin) und Prof. Dr. Karel van Hulle (Vorstand, Bermuda Finanzaufsicht BMA)

Das 14. Kölner Rückversicherungs-Symposium fand am 23. Mai 2017 in Köln statt.

Das 14. Kölner Rückversicherungs-Symposium fand am 23. Mai 2017 in Köln statt.

[ Source of cover photo: © stadtratte - Fotolia.com | Bilder Symposium: Martin Winkel ]
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