Bereits seit dem Jahr 2002 müssen Unternehmen bei der Wahl ihres Personals und ihrer Handelspartner Acht geben: Die wirtschaftliche Unterstützung von Terrorverdächtigen ist untersagt und kann mit erheblichen Strafen geahndet werden. Ganz zu schweigen von dem drohenden Imageschaden. Doch selbst 15 Jahre später gehen zahlreiche Firmen ausgesprochen sorglos mit dem Terrorthema um. Gerade kleinere Mittelständer wissen oft überhaupt nichts von den entsprechenden Pflichten.
Dabei könnte es fast jedes Unternehmen treffen, denn die untersagte Bereitstellung wirtschaftlicher Ressourcen ist ein weit gefasster Begriff. Auf den Terrorlisten der EU und der USA, dem maßgeblichsten internationalen Markt in dieser Hinsicht, befinden sich Personen ebenso wie Unternehmen oder sogar einzelne Schiffe. Gelisteten Mitarbeitern darf kein Gehalt gezahlt werden, jedweder Geld- oder Warenverkehr mit genannten Unternehmen ist ebenso verboten. Eine klare Regel, sollte man meinen. Doch in der Praxis sind die Auswirkungen von internationalen Anti-Terrorverordnungen und deutschem Außenwirtschaftsgesetz ausgesprochen komplex und weitreichend. Betriebe ohne ausgewiesene Compliance-Experten dürften sich schwer damit tun, alle Details im Auge zu behalten.
Unüberschaubare Risiken beim USA-Geschäft
Abhilfe können hier externe Dienstleister schaffen, welche die stetig wachsende Zahl der Einträge in die Terrorlisten, die zudem international uneinheitlich sind, permanent monitoren. Gerade in den USA wächst das Register kontinuierlich und rasch. Die Listen der Nordamerikaner sind demnach weit umfangreicher als etwa die der EU. Kein Problem, könnte man auf den ersten Blick meinen, schließlich bewegen sich deutsche Firmen im hiesigen Rechtsraum. Korrekt ist, dass Unternehmen in Deutschland tatsächlich nicht juristisch für die Missachtung von US-Terrorlisten belangt werden. Dennoch können die Folgen katastrophal sein: Wer die Spielregeln der USA missachtet, dem droht selbst der Eintrag in das Terrorregister. Damit wäre jede weitere Aktivität mit nordamerikanischen Unternehmen versperrt. Im Zeitalter weltweiter digitaler Dienstleistungen trifft das längst nicht nur internationale Exporteure. Und Partner in anderen Ländern werden vermutlich ebenfalls Abstand von weiteren Beziehungen nehmen, wollen sie nicht selbst einen Eintrag riskieren. Zudem sind die USA nur einer von zahlreichen Rechts- und Wirtschaftsräumen mit eigenen Listen, die sich permanent verändern oder erweitern.
Hohe Komplexität auch inländisch
Etwas leichter haben es Unternehmen, die nur auf dem EU-Markt tätig sind und die begehrte AOE-Zertifizierung (Authorized Economic Operator) erhalten wollen. Sie bringt erhebliche Zollerleichterungen mit sich und damit unverzichtbare Wettbewerbsvorteile. Dieses Zertifikat ist ausschließlich von der Beachtung der EU-Terrorliste abhängig. Dennoch sind auch hier die Regeln nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Der Kreis prüfpflichtiger Personen und Unternehmen ist weit gefasst. Selbst der Getränkehändler, der die Kantine beliefert, fällt beispielsweise darunter. Rechtlich in der Pflicht sind zunächst Vorstand und Geschäftsführung, sie werden bei Verstößen des Unternehmens gegen die Anti-Terror-Regeln zur Verantwortung gezogen. Allerdings haben sie die Möglichkeit, diese Rolle in einem dokumentierten Prozess innerhalb des Unternehmens an Dritte zu übertragen.
So komplex bereits die internationalen Handelsregeln im Bereich des Anti-Terror-Kampfs sind, die Schwierigkeiten von Unternehmen, die hier rechtskonform agieren wollen, enden damit noch nicht. Auch im nationalen Raum sind die Anforderungen mitunter erheblich. So stehen einer regelmäßigen Überprüfung von Mitarbeitern deren persönliche Rechte entgegen sowie Bedenken des Datenschutzes. In der Praxis sperren sich Betriebsräte häufig gegen das Screening der Beschäftigten. Nicht zuletzt oft auch aus Unwissenheit: In einem ersten Schritt werden lediglich die Namen des Personals überprüft, eine Dokumentation der Arbeitsleistung – das rote Tuch für die betriebliche Mitarbeitervertretung – findet nicht statt. Dennoch, ein sensibles Thema, das Betriebe frühzeitig mit einer Betriebsvereinbarung angehen sollten.
Zu wenig Hilfe erhalten Unternehmen leider bisher vom Gesetzgeber und den Gerichten. Trotz eines jüngeren höchstrichterlichen Urteils bewegt sich das Terrorscreening von Mitarbeitern streng genommen noch immer in einem rechtlich schwierigen Bereich. Und das gilt allein schon für Unternehmen mit Standorten ausschließlich im Inland. Wer international aufgestellt ist, etwa mit Produktionsstätten oder Töchtern im Ausland, muss sich zudem mit heterogenen Rechtsräumen auseinandersetzen. Selbst zwischen den EU-Staaten bestehen zum Teil höchst unterschiedliche Möglichkeiten für das Mitarbeiterscreening.
Noch komplizierter wird es für Unternehmen, die über Standorte in anderen Teilen der Welt verfügen. Dabei sind nicht nur rechtliche Hürden zu meistern: Mitarbeiterscreenings im großen Stil werden nicht „von Hand“ erledigt, sondern mit IT-Unterstützung. Doch nicht jede internationale Firma verfügt etwa an allen Standorten über einheitliche Standards der Mitarbeiterdokumentation. Mittlerweile gibt es dafür aber auf die eigenen Bedürfnisse anpassbare Standard-Software, die zudem nicht nur im Anti-Terror-Kampf hilft, sondern beispielsweise den Unternehmen gleichzeitig auch im Talent Management neue Möglichkeiten eröffnet.
Für viele Unternehmen ist die Erfüllung weltweiter Anti-Terror-Vorgabens also sowohl eine rechtliche als auch eine technische Herausforderung – denen man sich allerdings stellen muss, will man weiterhin international tätig bleiben.
Autoren:
Gerhard Stirner, Geschäftsführer TIA innovations (ein Unternehmen der MHP Solution Group)
Thomas Meis, Executive Manager ROC Group