Jahresgutachten des Sachverständigenrates

Wirtschaftsweise erwarten 2012 deutlichen Wachstumsrückgang


Wirtschaftsweise erwarten 2012 deutlichen Wachstumsrückgang News

Die sogenannten fünf Wirtschaftsweisen erwarten im kommenden Jahr einen deutlichen Wachstumsrückgang in Deutschland. Solange die Schuldenkrise keine weltweiten Verwerfungen auslöst, sehen die Experten aber keine Rezession und sagen für 2012 eine Zunahme des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 0,9% nach einem erwarteten Zuwachs von 3,0% im laufenden Jahr voraus. Damit liegen sie zwischen den Prognosen der Bundesregierung und der führenden Forschungsinstitute, die für 2012 bei 1,0% respektive 0,8% Wachstum liegen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sah bei der Entgegennahme des Jahresgutachtens der Wirtschaftsweisen am Mittwoch in Berlin "ein ganz gehöriges Maß an Übereinstimmung" mit ihnen. "Wir teilen die wirtschaftliche Analyse", betonte sie. Größte Herausforderung sei die Bewältigung der europäischen Schuldenkrise, und wie die fünf Weisen räume auch die Kanzlerin hier Risiken ein. "Wir teilen die Meinung, dass es eine Vielzahl von Unsicherheiten gibt," konstatierte Merkel.

"Am aktuellen Rand sind die bisherige Aufwärtsdynamik und die weitere Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts erheblichen Risiken ausgesetzt", warnte der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR). Käme es wegen einer Verschärfung der Staatsschuldenkrise zu weltweiten Verwerfungen mit der Folge einer Stagnation des Welthandels, würde das deutsche BIP nächstes Jahr um 0,4% sinken.

In den jüngsten europäischen Gipfelbeschlüssen sahen die Experten "eine Chance, dass die Finanzmärkte zumindest eine Zeitlang das Vertrauen in die Stabilität der Währungsunion zurückgewinnen". Mit einem "Schuldentilgungspakt" soll aber nach ihrem Willen ein langfristiger Schuldenabbau eingeleitet werden.

Über einen Tilgungsfonds mit gemeinschaftlicher Haftung und verbindliche Schuldenbremsen soll demnach ein Abbau der Staatsverschuldung auf unter 60% des BIP erfolgen. Die noch über dieser Marke liegende Verschuldung sollen die Staaten gemeinschaftlich über den Fonds finanzieren und dafür Sicherheiten bis hin zu Währungsreserven hinterlegen. Merkel zeigte sich hierzu allerdings skeptisch. "Wir glauben, dass es eine Vielzahl von verfassungsrechtlichen Fragen gibt", betonte sie.

Der SVR-Vorsitzende Wolfgang Franz forderte, analog zum EU-Wettbewerbsrecht "die Entscheidungskompetenzen des Rates vollständig auf einen Währungskommissar zu übertragen". Er begrüßte die angekündigten europäischen Maßnahmen zur Kapitalstärkung der Banken. "Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass die geplanten Maßnahmen zu adversen Effekten führen", warnte er. Es drohe eine "beschleunigte Bilanzverkürzung", wenn Banken eine Rückführung von Risikoaktiva einer obligatorischen Staatsbeteiligung vorzögen.

Den von der Koalition geplanten Abbau der kalten Steuerprogression unterstützte der SVR. "Wir legen Wert auf eine solide Gegenfinanzierung", betonte Franz aber und forderte Ausgabenkürzungen oder einen Abbau von Steuervergünstigungen wie der Pendlerpauschale oder der Steuerfreiheit von Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erklärte, angesichts des schwierigeren wirtschaftlichen Umfelds komme es "jetzt darauf an, die Wachstumskräfte in Deutschland zu stärken". Der von der Koalition beschlossene Einstieg in eine gesteuerte Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte sei hier ein wichtiger Schritt.

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

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