Der für die Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret hält die aktuelle Krise der europäischen Finanzbranche für beherrschbar. "Mit der Bankenkrise von 2008, als die Investmentbank Lehman Brothers zusammenbrach, ist die Situation heute trotz aller Probleme nicht vergleichbar", sagte Dombret dem Nachrichtenmagazin Spiegel.
Damals seien die Kurse und Erträge der Banken um bis zu 80 Prozent abgestürzt, heute hätten die Institute etwa doppelt so große Kapitalpuffer, und Liquidität sei üppig verfügbar. Sorgen bereitet dem Aufseher jedoch die geringe Ertragskraft der Banken, die auch eine Folge der niedrigen Zinsen sei. "Die Niedrigzinsen sind in einem Bankenmarkt wie dem europäischen, der sehr auf dem Kreditgeschäft basiert, ein gravierendes Problem", warnte Dombret.
Aus Sicht des Bankenaufsehers wurden Probleme des Finanzsektors verschleppt. "Es gab in Europa keine strukturelle Marktbereinigung, viele Banken überleben, weil sie am Tropf der EZB hängen", sagt Dombret. "Diese Zombifizierung muss einmal ein Ende haben."
Wirtschaftsweise Schnabel warnt vor Bankenpleiten
Die Bonner Wirtschaftsweise Isabel Schnabel warnt angesichts der jüngsten Börsenturbulenzen vor möglichen negativen Auswirkungen auf die Banken. "Die Ereignisse sind sehr beunruhigend", sagte sie der Welt am Sonntag".
Besonders bedrohlich sei der Anstieg der Zinsen auf sogenannte nachrangige Anleihen, deren Besitzer im Falle einer Liquidation erst nach anderen Gläubigern bedient werden. "Hieraus können sich selbstverstärkende Preisspiralen entwickeln, die die Solvenz der Banken bedrohen", fürchtet die Professorin, die seit 2014 Mitglied des Sachverständigenrats ist.
In den vergangenen Tagen hatte genau dieses Szenario die Anleger extrem beunruhigt. Viele Bankaktien, insbesondere in Europa, mussten zweistellige Kursverluste verbuchen. Als reine Übertreibungen mag die Wirtschaftsweise die heftigen Reaktionen an den Börsen derzeit nicht abtun. Schließlich gebe es eine Reihe von Faktoren, die die Profitabilität der Banken beeinträchtigten. Kurzfristig seien dies die schwache Weltkonjunktur und Kreditrisiken aus dem Ölgeschäft, mittelfristig vor allem die Niedrigzinsen, die das Geschäftsmodell der Banken in Frage stellten. "Jetzt zeigen sich die Nebenwirkungen der Geldpolitik", so die Bonner Ökonomin.
Nach neun Jahren Dauerkrisenpolitik würden die Handlungsspielräume der Zentralbanken immer kleiner. "Ein weiteres Absenken der bereits jetzt negativen Zinsen wäre im Euroraum vor dem Hintergrund der Lage bei den Banken sehr problematisch," sagte Schnabel. Die Zentralbanken können zwar nach wie vor stabilisierend eingreifen, aber sie können die bestehenden strukturellen Probleme nicht lösen - weder im Bankensystem, noch bei den Staaten."