Analyse des deutschen Standardmodells für Lebensversicherungsunternehmen


Rezension

Im Rahmen des EU-weiten Projektes Solvency II wird die Versicherungsaufsicht einer Reform unterzogen, um sie risikoorienter als unter Solvency I zu gestalten. Neben qualitativen Aspekten steht die Bestimmung des notwendigen Risikokapitals zur Disposition, des so genannten Solvency Capital Requirement (SCR). Zu seiner Berechnung sind sowohl von den Unternehmen zu entwickelnde interne Modelle als auch von der Aufsicht vorgegebene Standardmodelle geplant. Vor diesem Hintergrund wurde auf Initiative des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), dem Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) sowie der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) der „Diskussionsbeitrag für einen Solvency II - kompatiblen Standardansatz (Säule I)“ als Nachfolger des 2002 vom GDV veröffentlichten „Aufsichtsmodells“ entwickelt und als Vorschlag für die konkrete Ausgestaltung eines Standardmodells in den europäischen Entscheidungsprozess zu Solvency II eingebracht, um so die Diskussion im EU-Projekt zu fördern.


Die Arbeit von Anno Mummenhoff erläutert und bewertet den GDV-Vorschlag eines Standardmodells für Lebensversicherungen und untersucht in diesem Zusammenhang auch, ob das Standardmodell konservative Ergebnisse liefert. Mummenhoff stellt in diesem Kontext die mathematischen Grundlagen dar, welche zum Verständnis des Modellansatzes und seiner Bewertung notwendig sind.

Sodann diskutiert der Autor in einer ersten Bewertung risikoübergreifende Aspekte des Modells. Schwerpunkt der Betrachtung ist die Aggregationsproblematik, welche neben der Aggregation der Risiken, die damit zusammenhängenden Bereiche wie die Wahl und Umsetzung des Risikomaßes und die Abhängigkeiten zwischen den Risikomaßen im Standardmodell behandelt. Zur Analyse entwickelt der Autor mit Hilfe des Copula-Konzeptes ein Simulationsprogramm und ist so in der Lage, neben der theoretischen auch eine quantitative Beurteilung der untersuchten Fragestellungen durchzuführen.

In einem zweiten Bewertungsteil widmet sich der Autor Einzelaspekten des GDV-Modells. Hierbei betrachtet er zum einen theoretische Gesichtspunkte, welche den Bewertungsansätzen der Risiken zu Grunde liegen. Zum anderen führt er mit Hilfe des entworfenen Simulationsmodells Szenariorechnungen durch, um sowohl das Verhalten der Bewertungsansätze an sich als auch deren Auswirkungen auf das Gesamtrisiko zu analysieren. Das Hauptaugenmerk wird dabei auf das Zinsänderungsrisiko gerichtet, welches den größten Risikotreiber im GDV-Standardmodell darstellt.

So weist der Autor darauf hin, dass zur Aggregation der Einzel-SCR zum Gesamt-SCR die so genannte Kovarianzformel verwendet wird, um eine einfache Darstellung und Berechnung des Gesamt-SCR zu ermöglichen. Die Kovarianzformel gilt im Standardmodell nur approximativ, da die dafür vorausgesetzten Normalverteilungen nicht bei allen Risiken gegeben sind. Mit dem vom Autor zur Überprüfung entwickelten Simulationsmodell konnte gezeigt werden, dass aufgrund dieser Approximation bei der Anwendung der Kovarianzformel sowie bei den Einzelrisiken das Standardmodell bei der Bestimmung des notwendigen Solvenzkapitals nicht konservativ ist.

Ob das Standardmodell konservativer ist als interne Risikomodelle, die in Solvency II zugelassen werden sollen, kann zwar ohne deren Kenntnis nicht beurteilt werden, jedoch kann diesbezüglich – so der Autor – insoweit eine Aussage getroffen werden, als selbst unter der Annahme einer adäquaten Bestimmung des notwendigen Solvenzkapitals für die Einzelrisiken das erforderliche Solvenzkapital für das gesamte Unternehmen durch die Aggregationsweise im Standardmodell unterschätzt wird. Insbesondere das mit Abstand größte Risiko in der Assekuranz, das Zinsrisiko, wird im Standardmodell unterschätzt.

Das Buch liefert eine mathematisch fundierte Analyse des GDV-Vorschlags eines Standardmodells und bietet Versicherungsunternehmen eine sehr gute Basis für den Entscheidungsprozess bzgl. der quantitativen Umsetzung von Solvency II. Kurzum: Da ein Standardmodell die individuelle Risikosituation nicht abbilden kann, erlaubt es auch keine risikoadäquate Unternehmenssteuerung.

Rezension von Frank Romeike


Details zur Publikation

Autor: A. Mummenhoff
Seitenanzahl: 325
Verlag: Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften
Erscheinungsort: Ulm
Erscheinungsdatum: 2007

RiskNET Rating:

Praxisbezug
Inhalt
Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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