Kompakter Überblick über aktuelle Regulierungsthemen

Aspekte moderner Bankenregulierung


Rezension

Bankenregulierung ist ein hoch aktuelles Thema. Die im Jahre 2008 durch die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers ausgelöste Finanzkrise hat bei vielen Marktbeobachtern den Eindruck hinterlassen, dass die frühere Politik der einseitigen Deregulierung eine Sackgasse war. Eine zunehmende Regulierungsdichte soll dagegen einen effektiveren ordnenden Rahmen schaffen, um gesellschaftlichen Nutzen zu stiften. Da Bankengeschäfte grundsätzlich mit hohen Risiken behaftet sind, ist die Regulierungsintensität der Bankenbranche in gut entwickelten Volkswirtschaften generell hoch. Zwar bedürfen staatliche Eingriffe in das freie Wirken der Märkte immer einer Rechtfertigung, denn für die Handelnden ziehen Beschränkungen durch den Staat stets einen Verlust an Handlungsfreiheit und Autonomie nach sich. Doch an der grundsätzlichen Berechtigung von Finanzmarktregulierung besteht heute kein fundamentaler Zweifel mehr.

Zumindest nach Ansicht der Politik und weiten Teilen der Bevölkerung können sich die Banken und Finanzmärkte ein regulatorisches Gerüst nicht selbst schaffen. Auf der anderen Seite muss kritisch hinterfragt werden, ob die Fülle regulatorischer Anforderungen, die in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen hat, den ursprünglichen Zielen gerecht werden kann. Im Kern geht es dabei um eine Verbesserung der Krisenresistenz des internationalen Finanzsystems, um die Erhöhung der Markt- und Produkttransparenz von Kreditinstituten, um die Wiederherstellung des Haftungsprinzips sowie um die Schaffung eines neuen Ordnungsrahmens durch eine durchschlagskräftige staatliche Finanzmarktaufsicht.

Die Gesetze, auf denen die zwischen Deutscher Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) aufgeteilte Bankenaufsicht in Deutschland fußt, stehen durchaus im Einklang mit den Prinzipien der freien Marktwirtschaft, denn geschäftspolitisch verantwortlich ist allein die Geschäftsleitung der Institute. Diese müssen allerdings qualitative und quantitative Rahmenbedingungen erfüllen sowie ihre Bücher der Aufsicht offenlegen.

In Deutschland werden derzeit rund 1.850 Banken und knapp 700 Finanzdienstleistungsinstitute beaufsichtigt. In erster Linie liefert dabei das Kreditwesengesetz (KWG) die juristische Grundlage, daneben aber auch das Wertpapierhandelsgesetz, das Depot-, Pfandbrief- und Bausparkassengesetz sowie die Sparkassengesetze der Bundesländer. Hinzu kommen Verwaltungsvorschriften (beispielsweise Rundschreiben, Leitlinien, Merkblätter, Auslegungsentscheidungen) und internationale Normen, beispielsweise des Baseler Ausschusses, der Europäischen Bankenaufsicht EBA, der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU-Kommission, des EU-Rats, des Europäischen Parlaments, der Financial Action Task Force (FATF), des International Accounting Standard Board (IASB), der International Organization of Securities Commissions (lOSCO) und viele anderer mehr.

Allein das Arbeitsprogramm der EBA sieht bis zum Jahr 2018 annähernd 100 Regulierungs- und Durchführungsaktivitäten vor, um die neuen Eigenkapitalvorschriften und die noch in Brüssel beratene Krisenmanagement-Richtlinie zu konkretisieren. Die Vielzahl der neuen Regularien kommt nicht zuletzt durch das Mehr an Regulierungsbehörden zustande. Die EU-Gruppe der Finanzaufseher ist nicht nur größer geworden, ihre Mitglieder nehmen ihre Aufgaben auch ernst und treten in einen zunehmend intensiveren Dialog mit den Instituten. Nebeneffekt für die Geldinstitute ist, dass die Aufgaben nicht immer trennscharf voneinander abgegrenzt sind, sich die zuständigen Behörden teilweise sogar in ihren Zuständigkeiten beharken, wie das Beispiel des Verhältnisses von EBA und Europäischer Zentralbank in der künftigen EU-Aufsichtsstruktur zeigt. Und nicht immer sind die Einzelteile des Regulierungsprogramms untereinander abgestimmt.

Überblick zur europäischen Gesetzgebung [Quelle: in Anlehnung an Goethe-Universität, SAFE]

Überblick zur europäischen Gesetzgebung [Quelle: in Anlehnung an Goethe-Universität, SAFE]

Einiges hat sich gleichwohl in den vergangenen Jahren getan. Deutsche Banken verfügen heute in Folge der zunehmenden Regulierung über erheblich mehr Kapital- und Liquiditätsreserven als vor der Finanzmarktkrise. Die Institute konzentrieren sich wieder stärker auf das klassische Bankgeschäft mit Firmen- und Privatkunden und haben besonders risikoreiche Aktivitäten zurückgefahren oder weitgehend abgebaut. Das hat eine KPMG-Studie in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband deutscher Banken (BdB) und dem Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) über die Auswirkungen regulatorischer Anforderungen von 2010 bis 2015 ergeben. Innerhalb eines neuen Ordnungsrahmens für die Finanzmärkte verfolgen Regulatoren wie Banken gleichermaßen das Ziel, das in der Krise mitunter verlorene Vertrauen zurückzugewinnen.

Die Befolgung regulatorischer Vorgaben hat allerdings auch ihren Preis. Der Gesamtaufwand für die Umsetzung und Anwendung der unterschiedlichen Regulierungsmaßnahmen lässt sich für die deutschen Kreditinstitute auf eine Größenordnung von rund neun Mrd. Euro jährlich veranschlagen. Er setzt sich zusammen aus direkten Kosten für Sach- und Personalaufwand, der FSMA-Bankenabgabe sowie aus indirekten Kosten einer verbesserten Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung. Im Zeitraum 2010 bis 2012 stand nach Erkenntnissen der KPMG-Studie jeder vierte Euro, der für bankinterne Projekte aufgewendet wurde, im direkten Zusammenhang mit neuen Regulierungsvorschriften.

Solange am Ende die Regulierungsmaßnahmen ihre sinnvoll intendierte Wirkung zeigen, der Bankensektor insgesamt stabiler und besser gegen Krisen gewappnet ist als zuvor, das Risiko für den Steuerzahler geringer geworden ist und Verbraucher besser geschützt werden, ist dies zweifelsfrei gut investiertes Geld. Der Nachweis hierfür muss indes noch in den kommenden Jahren erbracht Werden, so die Herausgeber im Vorwort. Nicht alles ist gut, was gut gemeint ist. Dies gilt auch für die Bankenregulierung. Weder Banken noch Bankenaufseher wollen in ein paar Jahren erleben, wie eine als überflüssig empfundene Entbürokratisierung der Bankenbranche in Gang gesetzt werden muss. Regulierung mit Augenmaß ist deshalb die aktuelle Devise, so die Forderung der Herausgeber.

Der Sammelband "Aspekte moderner Bankenregulierung" setzt sich aus Beiträgen zusammen, die in der Fachzeitschrift "Die Bank" veröffentlicht wurden. 28 Fachbeiträge beleuchtet das komplexe Themenfeld Regulierung aus verschiedenen Blickrichtungen (Aufsicht allgemein, Fokus Geschäftsmodell, Fokus Liquidität, Fokus Verbraucherschutz, Fokus Interne Organisation).

Die Veröffentlichung liefert wertvolle Anregungen und fachliche Impulse für eine ausgewogene Diskussion im Bereich der Bankenregulierung.


Details zur Publikation

Autor: Wilhelm Niehoff/Stefan Hirschmann (Hrsg.)
Seitenanzahl: 284
Verlag: Bank Verlag
Erscheinungsort: Köln
Erscheinungsdatum: 2014

RiskNET Rating:

sehr gut Praxisbezug
sehr gut Inhalt
sehr gut Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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