Nie wieder sollten Staaten gezwungen werden, mit Hilfe von Steuergeldern eine kollabierende Finanzindustrie retten zu müssen. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise war es politischer Wille, zwei wesentliche Ziele anzuvisieren. Durch die Zurückführung von Auslandsaktivitäten galt es erstens, einer weiteren Fragmentierung der Finanzmärkte entgegenzuwirken. Mit der Einführung einheitlicher Aufsichtsmechanismen und Standards sollte zweitens, die Finanzstabilität wieder gewährleistet sein.
Zwangsläufig entstand daraus die Notwendigkeit, die bestehenden Gesetze und Regelungen auf den Prüfstand zu stellen. Die Bankenaufsicht neu zu regeln und die Strukturen innerhalb der Union zu harmonisieren, ist die Konsequenz und ein wesentlicher Eckpfeiler gesetzlicher Neuerungen. War bis 2014 die Bankenaufsicht primär Aufgabe der nationalen Aufsichtsbehörden, so hat mittlerweile die Europäische Zentralbank (EZB) die direkte Aufsicht über diejenigen Großbanken in den Ländern der Eurozone übernommen
- deren Bilanzsumme sich auf über 30 Milliarden Euro beläuft oder
- 20 Prozent der Wirtschaftsleistung eines Landes ausmacht oder
- die nationale zuständige Behörde ein solches Institut als bedeutend für die betreffende Volkswirtschaft anzeigt, und die EZB nach einer internen positiven Prüfung die direkte Aufsicht übernimmt.
Mit dem vorliegenden Buch erhält der Leiser einen Überblick über die Ziele, Aufgaben und Maßnahmen der laufenden Bankenaufsicht. In 15 Kapiteln mit den Schwerpunkten:
- Beteiligte Institutionen und ihre Funktionen und Aufgaben,
- Adressatenkreis der bankaufsichtlichen Vorschriften,
- Solvenz- und Liquiditätsvorschriften,
- besondere Pflichten bei der Prüfung des Jahresabschlusses sowie
- den weiteren Entwicklungen
erörtern Brixner und Schaber das Regelwerk und die Beaufsichtigung der Kreditinstitute.
Es wird deutlich, dass die mittlerweile beachtliche Komplexität der Regulierungen der Erkenntnis geschuldet ist, dass wesentliche Risiken nicht aus der Bilanzaktiva stammen, sondern aus außerbilanziellen Bilanzpositionen. Durch den ständigen Wandel von Strukturen und Produkten im Finanzbereich ändern sich auch die Anforderungen an die Bankenaufsicht und demnach auch an das geltende Regelwerk. Nationale Rechnungslegungsvorschriften wurden an internationale Standards angepasst. Das bis dahin ungenügende oder nicht vorhandene Risikomanagement der Kreditinstitute wurde präzisiert. Gleichzeitig fand die Überarbeitung der Vorschriften für die Offenlegung und des Meldewesen statt.
Ohne Frage haben die strengen Regulierungen ihre Berechtigung. Jedoch hätte ich zu einzelnen Themen eine kritischere Auseinandersetzung gewünscht. Gibt es bei der Anzahl der Aufsichtsbehörden keine Profilierungssucht der Bankenaufsicht, wie erst kürzlich vom Chef des Bundesverbandes öffentlicher Banken, Johannes-Jörg Riegler, vorgeworfen? Immerhin gibt es in Europa elf Behörden, die miteinander im Wettbewerb stehen und um ihren Einfluss ringen. Auch werden sich viele Leser im Dschungel der Gesetze und Abkürzungen verlaufen. Könnte es nicht auch sein, dass durch Profilierungssucht der zuständigen Behörden komplexe Regelungen und Verfahrensabläufe entstehen, die den geltenden Bestimmungen und Ziele der Finanzstabilität kontraproduktiv entgegenstehen?
Trotz dieser Einwände: Brixner und Schaber schaffen es, das komplexe Thema verständlich zu erklären. Wer einen fundierten Einstieg und ein interessantes und komplexes Thema sucht, ist mit diesem strukturierten Nachschlagwerk bestens bedient.