Betriebswirtschaftliche und juristische Perspektiven

Der Aufsichtsrat im System der Corporate Governance


Rezension

Sucht der interessierte Leser in älteren Wirtschaftslexika nach dem Begriff Corporate Governance, so wird er nicht fündig. Erst seit etwa Mitte der 90er Jahre ist der aus dem angelsächsischen Sprachraum stammende Begriff auch in Deutschland einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Dieser Umstand ist wohl dadurch zu erklären, dass sich Unternehmen in der Vergangenheit verantwortungsvoller verhalten haben. Das Wohl des Unternehmens, eine verantwortliche und auf Wertschöpfung ausgerichtete Leitung und Kontrolle des Unternehmens, war wichtiger als das persönliche Wohl oder Gewinnstreben. Um ein einfaches Beispiel anhand einer Aktiengesellschaft zu nennen: Vorstände erlauben sich üppige Gehälter oder teure Firmenwagen, von denen sie zwar selbst profitieren, die jedoch damit die Dividende oder den Aktienkurs der Gesellschaft belasten. Es ist nicht verwunderlich, dass in den USA schon lange nach Wegen gesucht wird, um den Konflikt zwischen Principal (Eigentümer) und Agent (angestellter Manager) besser in Einklang zu bringen.

Seit nunmehr rund anderthalb Jahrzehnten wird national wie international eine intensive Diskussion um gute Corporate Governance geführt. Im Mittelpunkt der Kritik am deutschen Corporate-Governance-System steht schon seit langer Zeit der Aufsichtsrat. Er ist geradezu charakteristisch für das zweigliedrige Verfassungsmodell. Auch wenn der Aufsichtsrat das Unternehmen nicht leitet, so hat er doch den Vorstand, dessen Aufgabe dies ist, zu bestellen, bei seiner Tätigkeit zu überwachen und hierfür angemessen zu vergüten. Diese komplexen Aufgaben sind in der Praxis häufig nicht leicht zu bewältigen. Dennoch werden Sorgfaltspflichtverletzungen von Aufsichtsräten zunehmend verfolgt und führen immer häufiger zu Haftungsprozessen gegen Aufsichtsratsmitglieder.

In diesem Kontext haben die Herausgeber und Autoren den Aufsichtsrat als zentrales Glied der Corporate Governance in das Zentrum der Betrachtung gerückt. Hierbei werden sowohl rechtliche als auch betriebswirtschaftliche Perspektiven aufgezeigt und in einem Buch vereint. Gute Corporate Governance besteht nicht nur darin, einen Katalog existierender Vorgaben zu erfüllen oder gar "abzuhaken". Vielmehr geht es auch und vor allem um Fragen der Effektivität und Effizienz.

In insgesamt 19 Beiträgen werden neben den Grundlagen des deutschen Corporate-Governance-Modells die Kernaufgaben des Aufsichtsrats, die Organisation des Aufsichtsrats, seine Zusammenarbeit mit anderen Akteuren der Corporate Governance sowie Fragen der Bewertung und Sanktionierung der Aufsichtsratsarbeit betrachtet.

Der Sammelband von Grundei und Zaumseil liefert eine kompakte und praxisorientierte Sammlung von aktuellen Themen zur Rolle des Aufsichtsrats im Kontext "guter Unternehmensführung". Daher kann das Buch vor allem Aufsichtsratsmitgliedern als Basisliteratur empfohlen werden.

Rezension von Frank Romeike


Details zur Publikation

Autor: Jens Grundei/Peter Zaumseil (Hrsg.)
Seitenanzahl: 460
Verlag: Gabler Verlag
Erscheinungsort: Wiesbaden
Erscheinungsdatum: 2012

RiskNET Rating:

Praxisbezug
Inhalt
Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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