Wertvolle Denkanstöße für Underwriter und Risikomanager

Der Einsatz künstlicher neuronaler Netze in der industriellen Feuerversicherung


Rezension

In den vergangenen Jahrzehnten ist die Wertekonzentration in der Industrie u.a. durch eine anwachsende Automatisierung massiv gestiegen. Um erfolgreich am Markt tätig zu sein, werden Verfahren und Maschinen kontinuierlich optimiert. Gleichzeitig nimmt die Zuverlässigkeit von betrieblichen Anlagen ständig zu. Dennoch birgt jedes zuverlässige System potenziellen Planabweichungen (= Risiken) in sich, und je komplexer ein System ist, desto schwieriger lassen sich die potenziellen Planabweichungen quantifizieren. Hinzu kommt der Einfluss durch den Risikofaktor Mensch. Nach Einschätzungen von Experten hat der Mensch pro Arbeitstag in bestimmten Berufsgruppen zwischen 20.000 und 100.000 mal die Gelegenheit, Fehler zu verursachen. Um die Fehlerquote zu reduzieren, wird der Entscheidungsraum der Menschen durch Gesetze, Regelungen und automatische Abläufe geregelt. Trotzdem können auch dann potenzielle Planabweichungen nicht ausgeschlossen werden.

Für ein Versicherungsunternehmen ist die Zunahme der Fehlerquote eine große Herausforderung. Um die Versicherungsprämie korrekt ermittelt zu können, muss zuvor das Risiko adäquat bewertet worden sein. Häufig liegen dem Versicherer nur unzureichende Informationen vor, um das Risiko bewerten zu können. So ist beispielsweise die Bemessung von Feuerversicherungsprämien von industriellen Anlagen aus zwei Gründen ein unvollkommen gelöstes Problem: Erstens fehlt es dem Versicherer in der Regel an zureichenden Informationen über die Ausprägungen der Kriterien, die das Feuerrisiko einer Industrieanlage determinieren. Zweitens ist offen, wie die Feuerrisiken für die einzelnen Unternehmen differenziert werden sollen, um individuelle Prämien zu bemessen. Neben herkömmlichen Verfahren sind Expertensysteme zur Bemessung von Risikoprämien bereits im Einsatz. Die Publikation von Tobias Nagel hat die Verwendung von neuronalen Netzen zur Festlegung adäquater Feuerversicherungsprämien zum Gegenstand. Dabei wird der Frage nachgegangen, ob neuronale Netze Expertensystemen oder auch herkömmlichen Verfahren überlegen sein können.

Einleitend werden die Grundlagen künstlicher neuronaler Netze behandelt. Nach einer Einführung in die biologischen Ursprünge werden die verschiedenen Netzarten dargestellt. Am Ende der Einführung werden Beispiele aus der Praxis aufgeführt, die Hinweise auf die Verwendung von künstlichen neuronalen Netzen im Bereich der Versicherungswirtschaft geben können. Es wird aufgezeigt, ich welchen Aufgabengebieten künstliche neuronale Netze bereits eingesetzt werden.

Das anschließende dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Versicherungstheorie. Nach einer Einführung in die geschichtliche Entwicklung der Feuerversicherung und deren ökonomische Bedeutung werden die Rechtsgrundlagen und der Versicherungsumfang der industriellen Feuerversicherung beschrieben. In diesem Kontext wird auch das Programm XPS-FIRE dargestellt, mit dem das individuelle Feuerrisiko analysiert werden kann. Um die Ursachen für Brände – trotz vorhandener Brandschutzmaßnahmen – besser zu verstehen, werden im anschließenden Kapitel der Brand- und Explosionsschutz im Industriebetrieb dargestellt. Im vierten Kapitel werden die Zielsetzungen des Modells konkretisiert und die Anforderungen, die das künstliche neuronale Netz erfüllen muss, formuliert. Der Autor weist darauf hin, dass insbesondere die Auswahl der Inputvariablen über den Erfolg bzw. Misserfolg der Simulationen entscheidet. Die Ergebnisse der Simulation werden im fünften Kapitel zusammenfassend dargestellt.

Der Autor kommt zu dem Ergebnis das ein effizienter Einsatz ohne entsprechende Kenntnisse, sowohl auf dem Gebiet der künstlichen neuronalen Netze, als auch auf dem jeweiligen Einsatzgebiet, in diesem speziellen Fall dem Gebiet der industriellen Feuerversicherung, nicht möglich ist. Gleichwohl haben die Analysen gezeigt, dass ein künstliches neuronales Netz zur Klassifizierung von Betrieben im Hinblick auf das Feuerrisiko geeignet ist. Nichtlineare Zusammenhänge und eine Vielzahl an zu berücksichtigenden Variablen bieten den Netzen ein geeignetes Anwendungsgebiet.

Fazit: Das Buch wird allen Underwritern im Bereich der Feuerversicherung sowie allen Risikomanagern in der Industrie wertvolle Denkanstöße liefern. 

Rezension von Frank Romeike


Details zur Publikation

Autor: Tobias Nagel
Seitenanzahl: 197
Verlag: Verlag Peter Lang
Erscheinungsort: Frankfurt
Erscheinungsdatum: 2005

RiskNET Rating:

Praxisbezug
Inhalt
Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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