Obwohl umstritten ist, ob John Law wirklich der Vater des Papiergeldes ist, zählt er wohl zu den schillerndsten Persönlichkeiten des 18. Jahrhunderts. Nach Schulbesuch in seiner Heimatstadt Edinburgh ging er nach London und betätigte sich als professioneller Spieler. Die Fähigkeit, Gewinnchancen mit verblüffender Geschwindigkeit zu kalkulieren, hatte er aus den Publikationen von Antoine Arnauld und Jakob Bernoulli gelernt. Mit exakter Beobachtung und seinem Talent auch komplexe Aufgaben im Kopf zu rechnen, half ihm beim Spiel. Wenngleich Law bis heute umstritten bleibt, so fanden seine geldtheoretischen Überlegungen im 20. Jahrhundert zunehmende Wertschätzung. Joseph Schumpeter urteilte in einer seiner Veröffentlichungen: "John Law (1679-1729) gehört meiner Ansicht nach in eine Klasse für sich. Er arbeitete die ökonomischen Aspekte seines Projektes mit einer Schärfe und einer Gründlichkeit aus, die ihn in die erste Reihe der Geldtheoretiker aller Zeiten einreihen."
In dieser Zeit gewann Law ein tiefes Verständnis für das Wesen des Geldes. Geld besaß keinen eigenen Wert, sondern nur eine Funktion. Es waren die Spieltische Europas, an denen John Law die aktive Rolle des Geldes lernte und auf die ökonomische Welt und die Finanzwelt übertrug.
In seinem Buch "Die Gesetze des Spiels – Was Trader und Poker-Asse voneinander lernen können" überträgt Aaron Brown diese Erkenntnis in die Welt der Finanzinstitute. Das ganze Leben ist ein Spiel – eben auch die Börse. Letztendlich ist alles ein Glücksspiel – nichts lässt sich 100%ig voraussagen. In einem umfassenden historischen Beispiel zeigt Brown, wie die Volkswirtschaft des noch kolonialen Amerikas erblühte, als in Französisch-Louisiana Tarotkartenleger begannen, ihre Tätigkeit auszuüben. Im heutigen Finanzmarkt sieht er ein ähnliches wohlstandsgenerierendes Potenzial. Brown sieht es als sinnvoll an, in einem Umfeld, das so reich an Möglichkeiten ist, Risiken in Kauf zu nehmen. Poker wird hier zum idealen Tool, um Risiken einzuschätzen und zu lernen, mit ihnen umzugehen.
Das Buch ist in insgesamt 10 Kapitel aufgeteilt. In einem einführenden Kapitel lernen wir die Kunst des unbestimmten Risikos kennen. "Der Versuch, von Poker, Handel oder anderen risikobehafteten Unternehmungen zu leben, schließt die Möglichkeit des Scheiterns mit ein. Möglicherweise können Sie pleite, ohne Freunde, unglücklich oder tot enden." Das Prinzip des Spielens steht im Zentrum wirtschaftlicher Ideen und Institutionen, wie unangenehm diese Idee auch für viele Leute in der Finanzbranche sein mag. Brown ist davon überzeugt, dass Poker bei Finanzprofis aus dem Grund sehr beliebt ist, weil es den Finanzmärkten am meisten ähnelt. Poker bietet aus seiner Sicht wertvolle Lektionen für das Gewinnen an der Börse und Börsen bieten genauso wichtige Lehren für das Gewinnen beim Pokerspiel. In diesem Zusammenhang bietet Brown auch einen kurzen Einblick in die Psychologie des Finanzwesens und der Ökonomie.
Im zweiten und dritten Kapitel wird der Leser in die Grundlagen des Pokerspiels und des Finanzwesens eingeführt, bevor Brown die Leser mit vielen kleinen und kurzen Geschichten der Risikoverleugnung konfrontiert. Im fünften Kapitel lernen wir dann auch John Law kennen. In den folgenden Kapitel 6 und 7 begleitet uns Aaron Brown auf eine Zeitreise in die Jahre 1830 und 1890 – quasi den Höhepunkt des amerikanischen Glücks- und Pokerspiels – sowie die Zeit der Unternehmens- und Finanzkonsolidierung unter der Regentschaft von J. P. Morgan in den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Im achten Kapitel führt uns Aaron Brown in die Grundlagen der Spieltheorie ein ("Wie spielen die anderen?"). Die Spieltheorie erklärt hervorragend den Begriff und die Mathematik des Bluffens. In den abschließenden zwei Kapiteln erklärt uns Brown, wer zum Millionär wird und wie Glücksspieler denken und wie andere denken, dass sie denken, um warum wir eigentlich alle wie Glücksspieler denken.
Das Buch bietet tiefe Einblicke in die Welt des Pokerspiels und die des Finanzwesens und gibt Hinweis, was Trader und Poker-Asse voneinander lernen können. Browns Fazit: Das Finanzwesen kann nur als ein Glücksspiel verstanden werden und das Glücksspiel als eine Form der Finanzwirtschaft. Möglicherweise wird der eine oder andere Leser die Finanzwelt nach der Lektüre mit etwas anderen Augen betrachten. Vielleicht wird auch der eine oder andere Risikomanager seinen Werkzeugkasten mit neuen Methoden befüllen. Wer das kurzweilige Buch aufmerksam liest, dürfte in der Zukunft nicht mehr verwirrt sein, wenn es sich an alle Regeln der Finanzwelt gehalten hat und dennoch keinen Erfolg hatte.
Rezension von Frank Romeike