Umfassende Einführung in die Behavioral-Finance-Lehre

Die Psychologie der Börse. Der Praxisleitfaden für Behavioral Finance


Rezension

"Wer schlauer sein will als der Markt, hat schon verloren." So lautet ein Lehrsatz des "Behavioral Finance". Ein weiterer Lehrsatz der Forschungsdisziplin besagt, dass Börsen nicht rational sind und Anleger nicht rational und effizient handeln. Anhänger der Behavioral-Finance-Theorie vertreten die These, dass der in vielen wirtschaftswissenschaftlichen Lehrbüchern postulierte Homo oeconomicus in der wirtschaftlichen Realität nicht existiert (was nicht besonders erstaunlich ist). Behavioral-Finance-Experten vertreten vielmehr die These, dass die Anleger in der Regel irrational handeln. Nach ihrer Überzeugung gilt die Theorie der nutzenmaximierenden Marktteilnehmer nicht mehr. Dies erhärtet die Behauptung, wonach es unwahrscheinlich ist, an den Börsen eine bessere Rendite zu erzielen als der Gesamtmarkt.

Das Buch "Die Psychologie der Börse. Der Praxisleitfaden Behavioral Finance" ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts, das die Psychologie des Finanzwesens und Investierens analysiert. Der Praxisleitfaden gliedert sich in acht Hauptkapitel. Im ersten Themenblock beschäftigt sich James Montier mit häufigen Fehlern und grundlegenden Vorurteilen.  Der zweite Themenblock konzentriert sich auf "Die Profis und die Urteilsfehler". So führt der Autor aus, dass es durchaus die Anlageprofis sein können, die ihren Anlageentscheidungen nichtfundamentale Informationen zugrunde legen. Die Wahrscheinlichkeit, dass professionelle Anleger verhaltensbedingten Vorurteilen unterliegen, ist genauso hoch wie bei allen anderen Anlegern. Mit den sieben Sünden des Fondsmanagements beschäftigt sich das anschließende dritte Kapitel. Montier kommt zu dem Ergebnis, dass in Summe Finanzanalysten und Wirtschaftsforschungsinstitute in der Summe wertlos sind, da die Prognosen meist mit dem Zyklus laufen. "Finanzanalysen und Prognostiker laufen mit ihren Gewinnschätzungen und Prognosen meist der Wirklichkeit hinterher. Sie ändern ihre Meinung nur, wenn es unabwendbare Beweise gibt, dass sie falsch waren, und die ändern ihre Meinung nur sehr langsam."  Der vierte Themenblock beschäftigt sich mit dem "Anlageprozess als verhaltensbezogene Verteidigung".  Montier weist darauf hin, dass zu viele Risikomodelle auf der Extrapolation des jüngsten Marktumfelds basieren. Allerdings erweisen sich die historische Volatilität und historischen Korrelationen in turbulenten Börsenzeiten in der Regel als schlechte Wegweiser. Der entscheidende Fehler bei den meisten Risikomodellen besteht darin, so der Autor, dass sie annehmen, Risiko sei ein exogener Faktor (so wie ein Glücksspieler, der Roulette spielt, wo die Aktionen anderer Spieler keinen Einfluss haben). In Wirklichkeit ist das Risiko in überfüllten Trades aber ein endogener Faktor (wie bei einem Glücksspieler, der pokert, wo die Aktionen anderer Spieler von entscheidender Bedeutung sind). Montier führt aus, dass einfache Berechnungen nahe legen, dass Risikomodelle – aufgrund unzutreffender Korrelationen – das wahre Risiko um 20 bis 30 Prozent unterschätzen.

Im fünften Themenblock skizziert Montier die Anatomie von "Spekulationsblasen". Dieser Teil untersucht ein Paradigma für die Analyse und Feststellung von Börsenblasen und ihre Entwicklungen. Der sechste Themenblock steht unter der Überschrift "Die Zerstörung von Investment-Mythen".  Die Themenblöcke "Unternehmensführung und Ethik" (siebte Kapitel) und "Glück" (achtes Kapitel) schließen den Praxisleitfaden ab. Die Kapitel gehen der Frage nach, wie sozio-psychologische Erkenntnisse unser Verständnis von Unternehmensführung verbessern können. Außerdem beschreibt der Autor, was uns glücklich macht und was wir tun können, um unser Glücksgefühl zu verstärken.

Fazit: Das Buch bietet eine umfassende Einführung und Vertiefung in die praktische Anwendung der Behavioral-Finance-Lehre. Da das Buch auf einer Zusammenstellung verschiedener Essays basiert, bleibt der "rote Faden" an einigen Stellen auf der Strecke. Daher ist das Buch auch eher als Nachschlagwerk und Schmöker geeignet. Die Wahrscheinlichkeit ist recht groß, dass der Leser beim Blättern auf spannende und kritische Ausführungen des Autors stößt. Das Buch kann allen Anlegern (und auch Risikomanagern) uneingeschränkt empfohlen werden.

Rezension von Frank Romeike


Details zur Publikation

Autor: James Montier
Seitenanzahl: 1053
Verlag: FinanzBuch Verlag
Erscheinungsort: München
Erscheinungsdatum: 2010

RiskNET Rating:

Praxisbezug
Inhalt
Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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