Finanzmärkte – Effizienz und Sicherheit


Rezension

Die Kapitalmärkte sind global orientiert und interessieren sich nicht für nationale Grenzen. Zugleich treten immer neue Finanzmarkt-Akteure auf den Plan, die global aufgestellt, auf komplexe und risikoreiche Transaktionen spezialisiert sind und sich der Finanzmarktregulierung weitgehend entziehen. Diese Veränderungen führen die Kapitalmärkte nicht nur in eine Dimension. Dadurch erhöhen sich die Wettbewerbsintensität, der Druck zur Effizienzsteigerung und das Innovationstempo. Und diese Entwicklungen "ziehen – zu Recht – ständig steigende Anforderungen an die Sicherheit und das Managen von Risiken nach sich", so Reto Francioni, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Börse AG. Seiner Meinung nach ermöglichen innovative Finanzprodukte und Handelsstrategien zwar die Erzielung überdurchschnittlicher Renditen, doch mit der Zunahme ihrer Komplexität steigen auch die Herausforderungen an ihre Kontrolle und Überwachung.

Letztlich geht es um die effiziente und sichere Allokation der knappen Ressource Kapital. Für dem Privatinvestor und Venture Capitalist Henri B. Meier liegt eines der größten Probleme fortgeschrittener Volkswirtschaften in deutlichen Tendenz zur Überalterung der Bevölkerung und somit in der Blockierung eines bedeutenden Anteils der Ersparnisse in nicht direkt produktive Anlagen. Die kurzfristige Sicht vieler Investoren steht seiner Meinung nach in starkem Kontrast zur langfristigen Bindung eines Großteils dieser Kapitalien in der Altersvorsorge. Marcel Zutter, Leiter Strategieentwicklung bei der State Street Corporation, weist darauf hin, dass globale Vermögenspositionen eine Dynamik an den Märkten repräsentieren. "Das Ergebnis von in Boston und London getroffenen Entscheiden in der Vermögensaufteilung kann sich in Buenos Aires und Lissabon stark auswirken. Die Kosten des grenzüberschreitenden Tradings waren nie tiefer und die Anreize für Fondsmanager, Gelder aus dem Heimatmarkt herauszutransferieren und ihre potenziellen Erträge in einem hoch kompetitiven Markt zu maximieren, nie höher." Zutter verweist in diesem Kontext auch auf die Diskussion rund um die Aktivitäten von Hedge Funds. Hier werde sehr wenig mit Fakten gearbeitet, die den Einfluss dieses Marktsegments auf die Preisbildung und Marktrichtung objektiv darlegten.

"Gemäß der traditionellen Finance bestimmt ausschließlich rationales Verhalten die Rendite von Finanzanlagen. Rationales Verhalten ist durch Axiome (Annahmen) festgelegt, die unabhängig vom kulturellen Hintergrund der Anleger geprägt sind", betonen Thorsten Hens und Mei Wang, Institut für Schweizerisches Bankwesen an der Universität Zürich, um gleich festzustellen, dass Anlegerentscheide sehr wohl durch den kulturellen Hintergrund der jeweiligen Investoren geprägt sind. Diese kulturellen Unterschiede prägen gemäß den Autoren das Risikoverhalten. So sind Chinesen in der Regel risikotoleranter und weniger verlustempfindlich als Amerikaner und Europäer.

Rechtfertigen diese kulturellen Unterschiede im Risikoverhalten die national zersplitterten Aufsichtsstrukturen in einer Welt globaler Finanzmärkte? Nein, postuliert Josef Ackermann, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Bank AG. Je stärker die Transnationalisierung der Finanzinstitute fortschreite, desto gravierender wird die Kluft zwischen diesen beiden Welten. "Historisch gewachsene Aufsichtsstrukturen und Formen der internationalen Kooperation zwischen Finanzaufsichtsbehörden reflektieren die Welt weitgehend national abgegrenzter Finanzmärkte, in denen Banken nur ein geringes Auslandsgeschäft hatten und die Institute eine klar identifizierte Nationalität besaßen."

Von den modernen Finanzinnovationen, beispielsweise den derivativen strukturierten Produkten wird nur ein verschwindend kleiner Teil über Börsenplattformen gehandelt. Die großen Transaktionsvolumen werden ausserbörslich, im Fachjargon "Over the counter" abgewickelt. Laut Peter Leibfried, Universität St. Gallen, werden diese Finanzinnovationen auch "Rechnungslegungs-Innovationen" provozieren. "Je größer der Anteil der Finanzinnovationen in der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung wird, desto mehr werden gänzlich neue Regelungen gefragt sein, um über diesen Schwarm an Einzelrisiken angemessen berichten zu können."

Heinz Zimmermann, Universität Basel, vergleicht Liquiditätskrisen im globalen Finanzsystem mit einem Stau auf der Autobahn. Danach "können moderne Finanzmärkte – die Erteilung und Abwicklung von Börsenaufträgen, der Zahlungsfluss sowie die regulatorischen Restriktionen – durchaus mit einem komplexen Strassensystem verglichen werden: Auch das Finanzsystem ist anfällig für Kapazitätsengpässe und Staus." Er plädiert in diesem Zusammenhang für eine verbesserte Architektur des Finanzsystems, wobei verbindliche Regeln für die einzelnen Akteure lediglich sekundäre Bedeutung erhalten sollten.

Weitere Beiträge bschäftigen sich mit Corporate Governance, Reputationsrisiken sowie Standards. Aus den insgesamt 21 Einzelbeiträgen entsteht ein buntes und heterogenes Bild über aktuelle Herausforderungen der Finanzmärkte. Wie bei Herausgeberwerken nicht selten anzutreffen, ist auch die Qualität der einzelnen Beiträge sehr unterschiedlich. Ingesamt erhält der Leser ein buntes Puzzle an Themen, die er beliebig zusammenstellen kann. Einige Leser werden diese Heterogenität der Beiträge, die Unstrukturiertheit des Buches und den fehlenden Index kritisieren. Andere Leser werden sich in dieser Fundgrube an hochaktuellen und spannenden Themen wohlfühlen.

Rezension von Frank Romeike


Details zur Publikation

Autor: Brigitte Strebel-Aerbi (Hrsg.)
Seitenanzahl: 284
Verlag: Schulthess Jur. Medien
Erscheinungsort: Zürich
Erscheinungsdatum: 2007

RiskNET Rating:

Praxisbezug
Inhalt
Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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