Die Anfänge der deutschen Versicherungswirtschaft liegen im Dunkel der Geschichte. Die Versicherungswirtschaft hat keinen einheitlichen Ursprung. Sie ist aus den drei Wurzeln der genossenschaftlichen Zusammenschlüsse, der staatlichen Initiative und der Versicherung auf kaufmännischer Grundlage hervorgegangen.
Bereits im Jahr 1676 wurde die Hamburger Feuerkasse gegründet, das erste und damit weltweit älteste Versicherungsunternehmen. Der Abschluss des ersten Hamburger "Feuer-Kontrakts" erfolgte aus einer Interessengemeinschaft von Brauereibetrieben bereits im Jahre 1591. Es schlossen sich vor allem Eigentümer von Grundstücken mit dinglicher Brauberechtigung zu derartigen Vereinigungen zusammen. Seine Beteiligten verpflichteten sich, jedem Abgebrannten aus ihrer Mitte im Falle eines durch den Brand hervorgerufenen Totalschadens je 10 Reichstaler, im Höchstfall maximal 1.000 Reichstaler. Die in der Stadt bestehenden Feuerkontrakte wurden zusammengefasst durch die am 30. November des Jahres verabschiedete "Puncta der General Feur-Ordnungs-Cassa". Rat und Bürgerschaft der Stadt Hamburg gründeten das erste Versicherungsunternehmen der Welt.
Der Ursprung des Versicherungsgedankens reicht jedoch viel weiter in die Vergangenheit zurück. Eine gegenseitige Unterstützung bei Notfällen gehörte wohl immer schon zum Gemeingut aller Völker. Die ersten Ansätze einer rudimentären Versicherung konnte man bereits im Altertum, insbesondere in Griechenland, Kleinasien und Rom finden. So schlossen sich bereits etwa um 3000 v. Chr. phönizische Händler zu Schutzgemeinschaften zusammen und ersetzten ihren Mitgliedern verloren gegangene Schiffsladungen. Einen weitgehenden Schutz boten Hilfeleistungen der Kirchen und Klöster.
Das Buch von Peter Koch beschreibt erstmals umfassend die Geschichte der deutschen Versicherungswirtschaft von den Anfängen bis zur Gegenwart. Es gliedert die Entwicklung in vier Epochen. Der Beginn der Versicherungswirtschaft ist durch erste Ansätze des Versicherungsgedankens bei den mittelalterlichen Gilden und Zünften, aus denen sich selbständige Kassen entwickelt haben, die Errichtung öffentlich-rechtlicher Anstalten und die Entstehung der ersten privaten Versicherungsunternehmen gekennzeichnet. Ihren eigentlichen Aufschwung mit weltweiter Geltung nahm die Branche während des 19. Jahrhunderts. Hektik und Unruhe prägten die Periode zwischen den beiden Weltkriegen, die mit der nicht ausgesparten dunklen Zeit des Nationalsozialismus und dem Zusammenbruch endete. In zwei Abschnitte teilt sich die Epoche nach dem Zweiten Weltkrieg mit den Jahren des Wiederaufbaus bis zur Wiedervereinigung und der sich anschließenden Globalisierung im Zeichen des Europäischen Binnenmarktes ein.
Die Darstellung verbindet die großen Entwicklungslinien innerhalb der Versicherungswirtschaft mit einer Fülle von Einzelheiten aus allen Teilbereichen. Im Mittelpunkt stehen die Chroniken der zahlreichen deutschen Versicherungsunternehmen, eingebettet in den allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und insbesondere auch kulturgeschichtlichen Rahmen. Spezielle Themen bilden namentlich die Sparten, Katastrophen und Großschäden, die Versicherungsvermittlung, die Werbung, die betriebliche Organisation, die Berufsbildung, die Verbände und die rechtlichen Gegebenheiten.
Bei der rund 550 Seiten starken Publikation handelt es sich sowohl um ein Lesebuch als auch um ein Nachschlagewerk. Ausgewählte Bildvorlagen veranschaulichen die historische Entwicklung. Peter Koch hat ein Standardwerk zur Geschichte der Versicherungswirtschaft in Deutschland geschaffen.
Autor der Rezension: Frank Romeike