Trotz des in jüngster Vergangenheit sehr "weichen" Versicherungsmarktes mit relativ günstigen Prämien und guten Deckungsmöglichkeiten gewinnen die so genannten "alternativen" Instrumente des Risikotransfers und der Risikofinanzierung zunehmend an Bedeutung. Diese Entwicklung wird nicht zuletzt durch die Tatsache verstärkt, dass sich in Anbetracht der steigenden Zahl von Katastrophenereignissen mit immer neuen Rekordschäden die Frage aufdrängt, ob traditionelle Instrumente der Assekuranz ihre Leistungsfähigkeit nicht bereits erreicht haben. Diese Frage wird im vorliegenden Werk von Tristan Nguyen umfassend beantwortet.
Das Buch gliedert sich in fünf Abschnitte. Nach einigen grundsätzlichen Erläuterungen werden im ersten Kapitel zunächst die wohlfahrtssteigernden Wirkungen von Versicherungen sowie wichtige Determinanten der Versicherungsnachfrage diskutiert, wobei der Autor auch auf deren Beeinflussung durch verschiedene Formen der staatlichen Risikoübernahme eingeht. Den Schwerpunkt des zweiten Kapitels bildet die Frage nach der Versicherbarkeit (bzw. deren Grenzen) von bestimmten Risiken. Hierbei wird klar, dass gerade Katastrophenrisiken die Assekuranz vor erhebliche Probleme stellen, da wichtige Kriterien für die Versicherbarkeit (insbesondere Schätzbarkeit, Unabhängigkeit und beherrschbarer Höchstschaden) nicht oder nur teilweise erfüllt sind. Um die in Kapitel eins diskutierten positiven Wohlfahrtseffekte trotzdem realisieren zu können, käme in diesen Fällen daher auch eine staatliche Risikoübernahme in Betracht. Diese sollte allerdings nur erfolgen, wenn eine Deckung durch private Anbieter nicht oder nur zu unvertretbar hohen Preisen möglich ist. Aus diesen Überlegungen ergibt sich die Forderung, dass private Versicherungsunternehmen zunächst die bestehenden Möglichkeiten zur Ausweitung der Grenzen der Versicherbarkeit nutzen sollten.
Die ausführliche Darstellung der hierzu geeigneten Ansätze bildet dann auch den jeweiligen Themenschwerpunkt der folgenden drei Kapitel. Insgesamt lassen die ebenso detaillierten wie fundierten Darstellungen des Autors dabei kaum Wünsche offen. Zunächst wird auf den Bereich der Rückversicherung eingegangen, wobei Nguyen die Charakteristika sowie Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Instrumente (wie etwa proportionale Rückversicherung, Captives, Multiline-/Multiyear-/Mulittrigger-Produkte etc.) beschreibt. Die Kapitel vier bzw. fünf widmen sich den Themen "Katastrophenanleihen" bzw. "Versicherungsderivate" (also beispielsweise Put- und Call-Optionen auf Schadenindizes). Obwohl sich die letztgenannten Instrumente aus unterschiedlichen Gründen in der Vergangenheit nicht am Markt durchsetzten konnten, zeigt der Autor, dass Versicherungsderivate prinzipiell eine durchaus interessante Alternative zu Rückversicherungen oder Katastrophenanleihen darstellen können. Im abschließenden fünften Kapitel erfolgt noch eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse. Abgerundet wird das Werk durch einen kurzen Anhang mit mathematischen Methoden der Risikomodellierung.
Für das gewählte Themengebiet ist Tristan Nguyen mit seinem Buch sicher ein Standardwerk gelungen, das sich sowohl durch seine profunde methodische Fundierung als auch die interdisziplinäre Betrachtung aus betriebs- und volkswirtschaftlicher sowie versicherungsmathematischer Perspektive auszeichnet. Trotz der eher wissenschaftlich Ausrichtung des Werkes (das Werk stellt gleichzeitig die Habilitationsschrift des Autors dar) eignet es sich beileibe nicht nur für Mitglieder der "scientific community". Vielmehr werden auch Fach- und Führungskräfte in Erst- und Rückversicherungsunternehmen, bei Ratingagenturen oder Finanzinvestoren eine Fülle an wertvollen Anregungen und Informationen entdecken. Die durchweg gute Lesbarkeit des Buches und die begrüßenswerten Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels werden mit Sicherheit auch weniger "theorieorientierten" Lesern einen hervorragenden Zugang zu dieser ebenso aktuellen wie interessanten Thematik eröffnen.
Rezension von Dr. Roland F. Erben