Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat in den vergangenen Jahren deutliche und nachhaltige Spuren hinterlassen. Doch was haben die Unternehmen aus der Krise gelernt? Beobachtet werden kann, dass vor allem das Risikobewusstsein vieler Akteure stark gestiegen ist. Die Turbulenzen auf den Weltmärkten haben vielen Marktteilnehmern verdeutlicht, dass ein präventives und professionelles Risikomanagement keine akademische Übung ist, sondern eine große praktische Bedeutung in der Unternehmenssteuerung hat. In diesem Kontext wächst der Bedarf der Unternehmen – insbesondere der Unternehmensleitung und der Risikomanagement-Verantwortlichen – an risikorelevanten Informationen.
Unabhängig von der jüngsten Krise sind in einer globalisierten Welt verlässliche Informationen über Risiken – beispielsweise zur aktiven Steuerung von Länderrisiken – von hoher Relevanz. Unter Länderrisiken können alle Risiken im internationalen Geschäftsverkehr verstanden werden, deren unmittelbare Risikoursachen aus dem ökonomischen, sozialen und/oder politischen Umfeld eines bestimmten ausländischen Landes hervorgehen und die spezifisch für das betrachtete Land (oder die geographische Region, in dem sich das Land befindet) sind. Der Begriff des Länderrisikos umfasst damit sozio-politische Risiken, länderspezifische ökonomische Risiken, Staatsausfallrisiken, Transferrisiken, Risiken systemischer Finanzkrisen, länderspezifische Investitionsrisiken und Rechtsrisiken.
Das nunmehr in der fünften Auflage erschienene "Handbuch Länderrisiken 2010: Auslandsmärkte auf einen Blick" skizziert detailliert auf rund 500 Seiten die wirtschaftliche Lage in 156 Ländern. Das Besondere ist die Einschätzung des Zahlungsausfallsrisikos für Lieferanten oder Dienstleister. Allgemeine Kriterien, wie Größe des Absatzmarktes und Wirtschaftspotenzial, werden ergänzt um die Einschätzung des kurz- und mittelfristigen wirtschaftlichen und politischen Risikos sowie um den Zahlungsindex für die Unternehmen eines Landes. Die Analyse findet ihren Ausdruck im jeweiligen Länderrating. Es umfasst sieben Stufen in vier Klassen: A1 bis A4 (Investmentgrades entsprechend), B, C und D (mittleres bis hohes Risiko). Die Ratingdimension Geschäftsumfeld bietet eine eigenständige Bewertung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Geschäftsbeziehungen in den einzelnen Ländern. Nützliche Informationen über die in den Ländern üblichen Zahlungsmodalitäten ermöglichen dem Leser einen sehr konkreten Zugang zu den relevanten Märkten. Übersichtsbeiträge über bestimmte Regionen und die Behandlung aktueller makroökonomischer und geopolitischer Themen runden das Handbuch ab.
Ein Blick in das "Handbuch Länderrisiken 2009" hätte Unternehmen bereits Anfang 2009 diverse Frühwarnindikatoren für die dann im Jahr 2010 drohende Zahlungsunfähigkeit Griechenlands geliefert. "Für 2009 ist eine weitere Abschwächung der Konjunktur zu erwarten, der die grundlegenden Strukturschwächen des Landes noch deutlicher aufdecken dürfte. [...] dürfte der griechische Staat kaum noch über weiteren Handlungsspielraum verfügen, da die Staatsverschuldung und das Haushaltsdefizit bereits über den zulässigen Richtwerten liegen." Und auch im "Handbuch Länderrisiken 2010" wird der aufmerksame Leser viele Frühwarnindikatoren zu Branchenrisiken und Länderrisiken finden. Diese Erkenntnisse sollten dann sowohl in das Risikomanagement als auch die Unternehmenssteuerung einfliessen. Denn Risikomanagement ist nichts anderes – so der Vorstandsvorsitzende der Coface im Vorwort – als die rationale Ausprägung der unternehmerischen Vorsicht, die kaufmännische Vernunft. Hierbei muss die professionelle Analyse von Risiken im Mittelpunkt stehen.
Das "Handbuch Länderrisiken 2010" liefert eine kompakte und wertvolle Orientierungshilfe im internationalen Handel. Es bietet einen komprimierten Überblick über die wirtschaftliche und politische Lage rund um den Globus. Das Buch kann uneingeschränkt allen Risikomanagern, Verantwortlichen im Debitoren- und Credit-Management und vielen anderen Entscheidungsträgern empfohlen werden.
Rezension von Dr. Anette Köcher