Die Welt der Hedgefonds gilt als die Königsklasse der Investments. Hedgefonds versuchen unter Anwendung verschiedenster Investmentstrategien, entweder Fehlbewertungen einzelner Wertpapiere zu identifizieren und gewinnbringend auszunutzen oder alternative, d. h. nicht herkömmliche Risikoprämien zu vereinnahmen. Der erste Hedgefonds wurde von dem Journalisten Alfred Winslow Jones bereits im Jahre 1949 gegründet. Bei seinen journalistischen Recherchen stellte Jones fest, dass keiner der Aktienanalysten ihm wirklich verlässlich sagen konnte, ob die Börsenkurse in Zukunft steigen oder fallen würden. Aus dieser Erkenntnis zog er den Schluss, dass er eine Strategie finden müsse, mit der Geld verdienen konnte – unabhängig davon, in welche Richtung sich die Börsen entwickeln. Jones verkaufte Aktien leer, um sie später auf einem niedrigeren Kursniveau wieder zu erwerben. Mit dem Erlös des Leerverkaufs kaufte er andere Aktien in der Erwartung, dass diese Aktien im Kurs steigen. Damit erfand er gleichzeitig die erste Strategie für Hedgefonds (Long-Short).
In der Folge der jüngsten Finanzkrise sind viele Hedgefonds in Turbulenzen geraten. Daher ist es nicht verwunderlich, dass seitens der Politik immer wieder eine stärkere Regulierung dieser Assetklasse gefordert wird. Nach aktuellen Schätzungen werden mindestens 25 Prozent der Hedgefonds die Krise nicht überstehen. Der US-amerikanische Investmentbanker George Soros – der mit der Spekulation gegen das britische Pfund bekannt wurde, die 1992 das Europäische Währungssystem erschütterte – schätzt die Zahl sogar auf zwei Drittel.
Das Buch "Hedgefonds – Entmystifizierung einer Anlageklasse" hat sich zum Ziel gesetzt, mehr Transparenz in die Welt der Hedgefonds zu bringen. Auf 336 Seiten liefert der Autor ein umfassendes Nachschlagewerk, das sowohl inhaltlich als auch sprachlich überzeugt. Das erste Kapitel stellt die wesentlichen Grundlagen für das Verständnis der Anlagekategorie Hedgefonds dar. Im zweiten Kapitel werden die wesentlichen Hedgefonds-Stile und die entsprechenden -Strategien eingeführt. Kapitel 3 widmet sich dem Thema der Rendite- und Risikoeigenschaften von Hedgefonds und stellt praxisrelevante Kennzahlen und Methoden zu diesem Themenkomplex dar. Im vierten Kapitel werden Hedgefonds-Indizes vorgestellt. Hierbei werden insbesondere auch die Probleme bei der Verwendung dieser Instrumente als Benchmark thematisiert. Kapitel 5 dient der genauen Betrachtung der Dach-Hedgefonds. Das abschließende Kapitel 6 gibt einen Ausblick auf die zu erwartenden, anstehenden Änderungen im Hedgefonds-Markt im Kontext der jüngsten Finanzkrise.
Im Kontext Risikomanagement skizziert der Autor die wesentlichen Risikokategorien und Risikokennzahlen, wie beispielsweise Standardabweichung, Semi-Standardabweichung, Korrelation und Value at Risk (VaR). Der VaR gibt allerdings nicht – wie vom Autor fälschlicherweise behauptet – den maximalen Verlust eines Portfolios an, sondern den Verlust, der mit einer vorgegebene Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird, durchaus aber überschritten werden kann. Insbesondere ist bei einem exakten VaR-Modell beispielsweise bei einem Konfidenzniveau von 99 Prozent gerade an 1 von 100 Tagen ein größerer Verlust als der durch den VaR prognostizierte Verlust "erwünscht", da nur dann der VaR ein guter Schätzer ist; andernfalls überschätzt der VaR das Risiko, wenn in weniger als 1 von 100 Fällen der tatsächliche Verlust größer ist als der durch den VaR prognostizierte Verlust, bzw. unterschätzt der VaR das Risiko, wenn in mehr als 1 von 100 Fällen der tatsächliche Verlust größer ist als der durch den VaR prognostizierte Verlust. Auf moderne Risikomaße, wie LPM bzw. CVaR, geht der Autor leider nicht ein. Bei den Methoden zu Risikoanalyse werden neben einer klassischen Exposure-Analyse, Stress-Tests und Szenario-Analysen auch die Extremwert-Theorie sowie Methoden basierend auf Simulationsansätzen skizziert.
Insgesamt bietet das Buch eine kompakte Fundgrube für alle Interessenten, die sich tiefer – und jenseits einer populistischen Diskussion – mit den Strategien, Strukturen und Risiken von Hedgefonds beschäftigen möchten.
Rezension von Frank Romeike