Kapitalstrukturpolitik in Wachstumsunternehmen - Eine empirische Untersuchung deutscher Unternehmen auf Basis von Jahresabschlussinformationen


Rezension

Schon immer war die Kapitalstrukturpolitik aus dem Blickwinkel der Bilanzpolitik und der Bilanzanalyse ein interessantes Thema der Betriebswirtschaftslehre. Erhält der Bilanzanalytiker Auskunft über die Zusammensetzung des Kapitals nach der Herkunft und Rechtsstellung der Kapitalgeber, der Fristigkeit bzw. Dauer der Kapitalüberlassung. Damit sind jedoch nicht die Beweggründe beschrieben, die die Gestaltung der Kapitalstruktur auslösen. Ein Forschungsziel der Kapitalstrukturpolitik ist, die Beweggründe aufzuzeigen, die zur einer Entscheidung für einen releativen hohen bzw. niedrigen Anteil von Eigenkapital bzw. Fremdkapital führt. Dabei lag der Schwerpunkt der Kapitalstrukturforschung zunächst auf die etablierten börsennotierten Unternehmen. Erst in jüngster Zeit richtet sich der Blick auch auf die Unternehmen, die am Neuen Markt notiert sind.

Mit der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit hat sich der Autor das Ziel gesetzt, einen Beitrag dazu zu leisten, „die Verständnislücke bzgl. der Beweggründe der Kapitalstrukturentscheidungen in Wachstumsunternehmen zu schließen“.
Zwei Theorien stehen sich in der Forschung gegenüber. Die klassisische Trade-Off Theorie, die rein steuerbasierte Kapitalstrukturmodelle mit den Erkenntnissen der Arbeiten zu Insolvenzkosten kombiniert und von der Annahme ausgeht, dass Investition und Finanzierung unabhängig sind. Unterstellt wird, dass es eine optimale innere Kapitalstruktur und einen optimalen Verschuldungsgrad gibt. Vereinfacht ausgedrückt liegt der maximierende Verschuldungsgrad dort, wo durch die Erhöhung der Fremdfinanzierung der Wertzuwachs aus geringerer Steuerbelastung den Wertverlust aus gewachsener Insolvenzgefahr entspricht. Im Gegensatz zur Trade-Off Theorie ist die These der Pecking-Order-Theorie, dass die Informationen für Kapitaleigentümer und Kapitalgeber asymmetrisch verteilt sind. Ein optimaler Verschuldungsgrad wird negiert. Kernaussage dieser Theorie ist, dass zur Investition zunächst die internen Mittel und danach die Schuldenkapazität des Unternehmens voll auszuschöpfen ist, bevor auf die Mittel der Eigenkapitalfinanzierung zurückgegriffen wird. Weitere Theoriemodelle sind primär  Erweiterungen oder Ergänzungen der erstgenannten Theorien.

Wie es sich für eine Dissertation gehört, wird der Leser zunächst in die begriffliche Definition und Theorie der Kapitalstrukturpolitik eingeführt. Es schließt sich ein Kapitel der Kapitalstrukturpolitik in Wachstumsunternehmen an, bevor es zu der empirischen Analyse und deren Ergebnisse kommt. Datenbasis der Empirie ist eine Stichprobe von 155, in der Zeit zwischen 1997 und 2002 am Neuen Markt notierten Unternehmen, mit jeweils sieben Jahresabschlüssen. Ein Hauptanliegen dieser Analyse ist die Frage, welche Faktoren einen nachhaltigen Einfluss auf die Finanzierungsentscheidungen haben. Dabei wird der Betrachtungszeitraum in verschiedenen Perioden unterteilt. Potentielle mikroökonomische Determinanten, die einen Einfluß auf die Kapitalstruktur haben können, werden analysiert und mit den Theoriemodellen verglichen. Eine kritische Würdigung der ausgewerteten Ergebnisse rundet die Erörterungen ab.

Der Autor stellt klar, dass bisher keine Theorie endgültig falsifiziert werde konnte. Ein Grund ist das Fehlen eines ganzheitlichen Ansatzes, auf dessen Basis eine präzise Vorhersage getroffen werden kann. Wie der Autor konstatiert, besteht nach wie vor noch eine Forschungslücke, die es in der Zukunft zu erschließen gilt.  

Zusammenfassend gibt das Buch eine gute Übersicht über die Theorien und den jeweiligen empirischen Analsen zum Thema Kapitalstrukturpolitik wieder. Es ist den Lesern zu empfehlen, die sich mit dem theoretischen Hintergrundwissen und deren Prämissen beschäftigen möchten, die die Finanzierungsentscheidungen aus mikroökonomischer Sicht beeinflussen können.

Rezension von Christoph Tigges (IBM Deutschland)


Details zur Publikation

Autor: Andreas Wenzel et al.
Seitenanzahl: 421
Verlag: Uhlenbruch Verlag
Erscheinungsort: Bad Soden/Ts.
Erscheinungsdatum: 2006

RiskNET Rating:

Praxisbezug
Inhalt
Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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