Der globale Kreditmarkt durchlief seit Beginn des neuen Jahrtausends alle Facetten des Finanzmarktes im Zeitraffer. Nach dem Platzen der Technologieblase im Jahr 2001 und den damit einhergehenden Bilanzskandalen in den USA, erfuhr gerade der Kreditmarkt einen noch nie da gewesenen Boom. Die extreme Nachfrage nach Kreditrisiken führte einerseits zu einer immensen Einengung der Risikoaufschläge zwischen 2003 und Anfang 2007 und andererseits zu der Entwicklung von völlig neuartigen Finanzinstrumenten und neuen Technologien am Derivatemarkt. Verbriefungstransaktionen und synthetische Kreditinstrumente wie CDOs eröffneten Banken vollkommen neue Möglichkeiten des Bilanzmanagements, des Risikotransfers und der Ertragsgenerierung im lnvestmentbanking. Aber auch so genannte "Real Money Accounts" (Versicherungen, Pensionskassen etc.) sahen darin eine Investmentalternative, die, regulatorisch subventioniert, eine neue Ara sehr attraktiver risikoadjustierter Erträge einläutete. Hierbei profitierten eine Vielzahl von anderen Finanzinstituten (beispielsweise Monoline-Versicherungen, die sich auf die Versicherung von Verbriefungsrisiken spezialisierten) und andere Dienstleister (Ratingagenturen) von diesem einmaligen Boom.
Im Nachhinein erscheint es wenig verwunderlich, dass diese Entwicklung letztlich in der Bildung einer spekulativen Blase endete, die dasselbe tat, wie alle anderen spekulativen Blasen vor ihr – sie platzte. Anders als viele Finanzkrisen vor ihr, kann die Subprime-Krise als erste wirklich globale Krise verstanden werden, die das weltweite Finanzsystem an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hat. Nur durch eine konzertierte Aktion der relevanten Zentralbanken und der Mehrheit der westlichen Staaten konnte dieser Zusammenbruch vermieden werden. Allerdings zu gigantisch hohen Kosten, weshalb wir die Auswirkungen dieser in der Geschichte des Kapitalmarktes einmaligen Krise nach wie vor spüren.
An erster Stelle ist die Politik des billigen Geldes ("fiat-money") zu nennen, die letztlich als Reaktion der USA auf das Platzen der Technologieblase völlig außer Kontrolle geriet und in der Inflationierung des amerikanischen Immobilienmarktes kulminierte. Die Entwicklung von neuartigen Finanzinstrumenten half dabei, diese Überhitzung länger aufrecht zu erhalten und führte dazu, dass sich der Kapitalmarkt immer mehr von der Realwirtschaft abkoppelte. Es wäre zu einfach, diese Entwicklung als reines Marktversagen zu bezeichnen, da auch die regulatorischen Aufsichtsbehörden (von den nationalen Bankenaufsichten bis hin zu den supranationalen Entitäten) dieser Entwicklung nicht entgegengesteuerten, sondern sie de facto noch gelordert haben. Die Herausforderung der nächsten Jahre besteht darin, so die Autoren, gewisse Wirkungsmechanismen innerhalb eines weitgehend integrierten globalen Finanzsystems außer Kraft zu setzen, ohne dabei die gewünschte Effizienz des Marktes nachhaltig zu verringern. Eine Lösung scheint hier jedoch nach wie vor in weiter Ferne zu liegen.
Die Autoren sind sich einig, dass die aktuelle Situation hoch verschuldeter Staaten auf beiden Seiten des Atlantiks als logische Konsequenz der Politik der letzten Jahre verstanden werden kann, da in erster Linie die Symptome der Finanzkrise und die daraus folgenden Zweit- und Drittrundeneffekte, aber nicht die wahren Ursachen bekämpft werden. Die Politik des billigen Geldes ist ungebremst fortgesetzt worden und hat inzwischen systemisch bedrohliche Ausmaße angenommen. Viele Finanzinstitute, die selbstständig und selbstverschuldet die Auswirkungen der Subprimekrise nicht überstanden hätten, sind mit dem Argument der Systemrelevanz von staatlicher Seite gerettet worden, nur um dort weiter zu machen, wo sie vor 2008 angefangen haben: in der Übernahme vermeintlich gut bezahlter Risiken und in der Hoffnung, dass beim nächsten "adversen Marktereignis" wiederum der Staat in Anspruch genommen werden kann.
In diesem Buch versuchen die Autoren dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, in dem die Entwicklungen der letzten Jahre in vier Teilbereichen betrachten wird. Der erste Abschnitt widmet sich der Frage, wie sich die Märkte nach 2oo8 entwickelt haben und beleuchtet die nach wie vor hohe Unsicherheit bezüglich potenzieller neuer Schocks. Es wird vor allem den aktuellen Trends an den Kreditmärkten Rechnung getragen. Die speziellen Antworten des Bankensystems (beispielweise durch Contingent Convertibles) oder die Neuausrichtung der Versicherungswirtschaft stehen dabei im Vordergrund.
Ein zweiter Schwerpunkt des Buches beschäftigt sich mit neuen Modellierungstechniken als Reaktion auf das Versagen der Bewertungsalgorithmen vor allem im Bereich synthetischer CDOs. Das zu fraglicher Berühmtheit gelangte Standard-Gauss-Copula-Modell wurde spätestens 2008 in seinen Grundfesten erschüttert. Neuere Ansätze zeigen erste Wege aus den damit verbundenen Problembereichen auf. CDOs können einen signifikanten Mehrwert zur Portfoliokonstruktion beitragen, weshalb das Versagen der ersten Modellierungsversuche nicht als Argument dienen sollte, CDOs im Allgemeinen als nicht beherrschbar zu bezeichnen, so die Autoren.
Die Antworten auf die regulatorischen Defizite, die in der Finanzkrise offenbar wurden, stehen im Zentrum des dritten Teils des Buches. Die Reformen der Organe und Instrumente werden auf ihre Effizienz in Bezug auf die gesteckten Ziele der Regulierung hin beleuchtet und darüber hinaus werden Interdependenzen zu einschlägigen bilanziellen und steuerlichen Themen aufgezeigt.
Abschließend widmet sich der vierte Teil des Buches der Frage, wie auf den im Wandel befindlichen Markt aus Sicht des Investors reagiert werden kann. Traditionelle Asset-Allokation kann – nach Ansicht der Autoren – vor dem Hintergrund systemischer Änderungen des Finanzsystems nicht das leisten, was sich nach wie vor viele Investoren von ihr erhoffen: optimale risikoadjustierte Erträge zu generieren.
Das Herausgeberwerk liefert einen exzellenten, hoch aktuellen und umfassenden Einblick in die spannende und turbulente Welt der Kreditmärkte.
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