Als im Jahr 2007 die US-Immobilienkrise als Finanzkrise über den Atlantik herüber schwappte, stieg auch recht schnell die Relevanz des Themas "Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten". Das Thema kann aus zwei Perspektiven betrachtet werden: Zum einen betrifft die Krise bzw. Insolvenz eines Kreditinstituts in aller Regel eine Vielzahl von Einlegern, die der Bank ihr Geld ohne BesteIlung bankseitiger Sicherheiten anvertraut haben (siehe Northern Rock). Zum anderen hat eine Krisensituation in der Bankenwelt erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierung der von dem Kreditinstitut abhängigen Kunden anderer Wirtschaftskreise (beispielsweise die mittelständische Industrie). Nicht zuletzt geht es – so der Autor in seiner Einleitung – um das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Finanzplatz Deutschland.
Die Erfahrungen aus der Finanzkrise haben vor allem gezeigt, dass Banken, die dank eines guten Risikomanagements ihre Verluste in der Krise begrenzen konnten, zu den Gewinnern zählen. So profitierten diese Banken am deutlichsten von der ab dem zweiten Quartal 2009 in den meisten Anlageklassen eingetretenen Erholung, so die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in ihrem Jahresbericht 2009. Dagegen zählten häufig diejenigen Banken zu den Verlierern, die bereits 2008 oder Anfang 2009 wegen hoher Abschreibungen auf verschiedene Verbriefungsstrukturen staatliche Hilfen in Anspruch nehmen mussten.
Galten in der öffentlichen Wahrnehmung deutsche Kreditinstitute bislang jedoch noch berechtigterweise als sicher, so ist spätestens seit der Beinahe-Insolvenz der Hypo Real Estate Holding AG (HRE) der Glaube an die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte getrübt. Die HRE, die mit einer Bilanzsumme von rund 420 Mrd. Euro Ende 2008 zu den größten Kreditinstituten Deutschlands gehörte und mit einem Pfandbriefumlauf von knapp 90 Mrd. Euro mehr als 10 Prozent des gesamten deutschen Pfandbriefmarktes abdeckte, war in den Jahren 2008/2009 in eine ihren Fortbestand gefährdende Krise geraten. Eine Insolvenz der HRE hätte substanzielle und im Detail kaum zu übersehende Auswirkungen auf die nationalen und internationalen Finanzmärkte und die gesamte Volkswirtschaft gehabt, so die Meinung der BaFin-Experten.
So wurde seitens des Gesetzgebers das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) als Eilgesetz am 17. Oktober 2008 verabschiedet, um die Zahlungsfähigkeit von Finanzinstituten mit Sitz in Deutschland sicherzustellen und vor allem auch eine allgemeine Kreditklemme abzuwenden. Hauptbestandteil des FMStG ist ein Rettungsfonds bei der neuen Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA), einer Anstalt des öffentlichen Rechts, die bei der Deutschen Bundesbank angesiedelt ist, jedoch getrennt von dieser organisiert ist.
Das Buch "Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten" enthält eine zusammenhängende Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen von der Krise bis zum eröffneten Insolvenzverfahren und der entsprechenden Auswirkungen auf die Geschäftsbeziehungen der in die Insolvenz geratenen Bank. Das Buch ist in 7 Kapitel sowie einen umfangreichen Anhang gegliedert. Im ersten Kapitel werden zunächst die Eingriffsbefugnisse der Bankenaufsicht und deren Voraussetzungen in den verschiedenen Stadien einer Bankkrise beschrieben. Dabei wird auch das Schicksal der vertraglichen Verpflichtungen des Instituts beleuchtet. Von besonderer Bedeutung im Vorfeld der Krise eines Kreditinstitutes sind ferner die Stabilisierungsmaßnahmen, die im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) ergriffen werden können (Kapitel 2). Scheitern die Sanierungsbemühungen, ist das Insolvenzverfahren zu eröffnen, bei dem sich einige Besonderheiten, insbesondere im Hinblick auf den Insolvenzantrag, ergeben (Kapitel 3). Ist die Insolvenz eingetreten, stellt sich die Frage nach der Entschädigung der Gläubiger. Dabei wird ein Überblick über die verschiedenen Sicherungssysteme mit ihren jeweiligen Besonderheiten gegeben (Kapitel 4). Im Anschluss werden dann Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf typische Bankgeschäfte dargestellt (Kapitel 5). Den Abschluss bildet ein Überblick über das Internationale Insolvenzrecht für Kreditinstitute (Kapitel 6). In einem Ausblick sind schließlich einige Bemerkungen zu den Entwürfen eines neuen Reorganisationsverfahrens, das bei systemrelevanten Kreditinstituten die Sanierungschancen erhöhen soll, enthalten (Kapitel 7).
Die rechtlichen Entwicklungen in diesen Bereichen sind bis Ende September 2009 berücksichtigt. So sind u. a. die folgenden gesetzlichen Änderungen in das Buch eingeflossen:
- das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht vom 29.7.2009;
- das Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom 17.10.2008 und die nachfolgenden Gesetze (FMStErgG und FMStFortG);
- das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 24.9.2009;
- das Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungenaus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern au Falschberatung vom 31. 7.2009; und
- das Gesetz zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes vom 25.6.2009.
Alle neuen Gesetze bzw. Neuerungen von existierenden Normen sind im Anhang abgedruckt.
Fazit: Die dritte Auflage des Handbuchs bietet einen aktuellen und umfassenden Überblick über die rechtlichen Besonderheiten, die im Vorfeld der Insolvenz, im Insolvenzeröffnungsverfahren und im anschließenden Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Bank auftreten können. In diesem Kontext greift der Autor die Entwicklungen im Zusammenhang mit der jüngsten Bankenkrise auf und gibt wertvolle und praxisrelevante Hilfestellung für gefährdete Kreditinstitute, Ihre Gläubiger und Verwalter. Das Buch kann allen Bankpraktikern, Bankenregulierern, Politikern und Juristen zur Lektüre uneingeschränkt empfohlen werden.
Rezension von Frank Romeike