Bestimmte Anlässe, wie beispielsweise der Kauf oder Verkauf bzw. die Übernahme eines Unternehmens, führen dazu, den Preis oder den Unternehmenswert festzustellen. Die Erfahrungen der Praxis zeigen, dass hierfür weder die Daten aus der Handels- noch aus der Steuerbilanz ausreichend sind. Aus diesem Grunde wurden Verfahren zunächst im angelsächsischen Raum entwickelt und in Europa adaptiert, bei deren Anwendung ein Unternehmenswert festgestellt werden kann. In Deutschland haben sich die zwei Konzeptionen, die traditionelle Kölner Funktionslehre und die Funktionslehre, des IDW durchgesetzt. Beide Modelle gehen von gleichen Grundannahmen aus, kommen im Detail aber zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Insgesamt 19 Autoren aus der Beratungspraxis und Wissenschaft bieten einen fundierten Einstieg in das Thema. Sie informieren in fünfzehn gut strukturierten Kapiteln über relevante Fragestellungen rund um den Bewertungsprozess und deren Methodik. Die behandelten Themen umfassen Aspekte wie: Due Diligence, Bilanz- und Kennzahlenanalyse, Cash-flow und Prognose, Bestimmung des Zinssatzes, Ertragswertverfahren, Discounted-Cash-flow (DCF) Verfahren, Multiplikationsverfahren, Leveraged-Buy-Out Bewertung, Realoptionsbewertung und letztendlich steuerliche Aspekte. Der Bogen der Erörterungen spannt sich von der Vorbereitung des Verfahrens über die Due Diligence bis zum Aufbau und den Anforderungen an ein Bewertungsgutachten.
Gegenstand einer angemessenen Unternehmensbewertung ist die sorgfältige Vorbereitung und Durchführung, Analyse und die Gewinnung von Informationen, Risikoidentifizierung und Dokumentierung oder auch verkürzt als Due-Diligence bezeichnet. Nicht nur die inhaltliche, personelle und zeitliche Planung stellen nicht nur hohe Anforderungen an alle Beteiligten sondern präzisieren die Vorgaben, den Untersuchungsgegenstand und die Problemfelder, die es zu entdecken und zu bewerten gilt. Gute Markt- und Branchenkenntnisse dürfen ebenfalls nicht fehlen. Ein Garant für den potenziellen Erfolg ist nur durch eine intensive und sorgfältige Vorbereitung gegeben. Ein weiterer Schwerpunkt des Bandes sind die in der Theorie und Praxis bekannten und angewandten Bewertungsverfahren. Altbewährte Methoden werden neueren und verfeinerten Modellen gegenübergestellt. Eine aus der Praxis gewonnene Erfahrung ist, dass bei der Anwendung der Ertragswert- und dem DCF-Verfahren unterschiedliche Bewertungsergebnisse resultieren können. Gründe hierfür liegen in den unterschiedlichen Bewertungsannahmen und -vereinfachungen. Allein eine leichte Änderung von Realoptionsannahmen kann zu erheblichen Wertschwankungen führen und das Ergebnis mehr oder weniger stark beeinflussen. Bei aller Rationalität und mathematischer Logik der Modelle bleibt zu konstatieren, dass persönliche Erfahrung und Einschätzung bei der Bewertung eine nicht untergeordnete Rolle spielen. Je weiter die zugrunde liegenden Daten in die Zukunft liegen, desto bedeutsamer werden persönliche Einschätzung und Marktkenntnisse.
Das vorliegende und zu empfehlende Buch vermittelt einen fundierten Überblick über den gegenwärtigen Stand der Diskussion zum Thema Unternehmensbewertung. Die jeweiligen Sachgebiete sind übersichtlich strukturiert, so dass die Beiträge auch in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können. Eine kritische retrospektive Betrachtung über bereits in der Vergangenheit durchgeführten Analysen und deren Erfolge bzw. Misserfolge fehlt leider.
Rezension von Christoph Tigges