Seit der Jahrtausendwende wurden rund 340.000 Unternehmenszusammenbrüche in Deutschland gezählt. Das entspricht in etwa der Hälfte des heutigen Unternehmensbestandes Nordrhein-Westfalens. Die größte Insolvenz des vergangenen Jahrzehnts war die des Handels- und Touristikkonzerns Arcandor in diesem Jahr. Etwa 52.000 Mitarbeiter sind von der Insolvenz der Unternehmensgruppe betroffen. Zu den Großinsolvenzen der 2000er Jahre zählten auch die Pleite des Baukonzerns Phillip Holzmann mit rund 23.000 Beschäftigten, der 2002 in die Knie ging, und der Zusammenbruch des Maschinen- und Anlagenbauers Babcock Borsig mit 21.000 Mitarbeitern im gleichen Jahr. Mit jeweils rund 11.000 Beschäftigten zählte die PIN Group im Jahr 2008 und der Möbelhersteller Schieder 2007 ebenfalls zu den ganz großen Firmenzusammenbrüchen des Jahrzehnts.
Ein adäquates Verhalten in der eigenen oder in der Krise eines Vertragspartners ist von elementarer Wichtigkeit, da insbesondere die Insolvenzen großer Unternehmen grundsätzlich auch Krisen vieler mittelständischer und kleinerer Unternehmen sowie Privatpersonen nach sich ziehen. Die Praxis sowie diverse Studien zeigen, dass nicht selten "rettungswürdige Firmen" zu spät die Notbremse der Insolvenz ziehen und zu selten über Umstrukturierungen nachgedacht werden.
Dies hängt wohl vor allem auch damit zusammen, dass der Begriff "Insolvenz" in Deutschland negativ belegt ist. Er kennzeichnet ein Tabuthema, denn Insolvenz wird landläufig gleichgesetzt mit persönlichem Versagen und unternehmerischer Unfähigkeit.
Das kompakte Buch "Rechtsratgeber Insolvenz" hat sich zum Ziel gesetzt, allen vom Insolvenzrecht Betroffenen ein grundlegendes Bewusstsein für die Risiken und Chancen sowie die Rechte und Pflichten im Fall der Insolvenz zu vermitteln. In dem Ratgeber werden die wichtigsten Fallen des Insolvenzrechts für Schuldner und Gläubiger aufgedeckt und konkrete Empfehlungen gegeben, wie man sie umgeht. Darüber hinaus wird dargestellt, wie die Rechtsposition für den Fall der Insolvenz werthaltig ausgestaltet werden kann.
Die Autorin weist darauf hin, dass das Insolvenzrecht im Prinzip jeden betrifft, der am wirtschaftlichen Leben teilnimmt. Dies wird den Opfern jedoch häufig erst dann bewusst, wenn die eigene Krise oder die Krise des Vertragspartners bereits eingetreten ist. Dann ist es jedoch nicht selten zu spät, um Verträge noch insolvenzsicher auszugestalten beziehungsweise eine günstige Position im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu erlangen.
Der kompakte Ratgeber ist in insgesamt sechs Themenblöcke eingeteilt. Der erste Teil beginnt mit einer Darstellung der Grundzüge des Insolvenzeröffnungsverfahrens. Der zweite Themenblock konzentriert sich auf insolvenzrechtliche Risiken bei der Begründung und Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche. Das dritte Kapitel liefert eine Übersicht über insolvenzrechtliche Risiken bei der Begründung und Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche. Mit dem Themenkomplex Anfechtungsrisiken beschäftigt sich das anschließende vierte Kapitel. Im Zentrum von Kapitel 5 stehen Maßnahmen zur Verringerung insolvenzrechtlicher Risiken - insbesondere aus Gläubigersicht. Das abschließende sechte Kapitel konzentriert sich auf besondere Haftungsrisiken des Schuldners. Der Anhang enthält einige Checklisten sowie weiterführende Literaturhinweise.
Fazit: Das Buch bietet eine praxisorientierte und kompakte Einführung in das Insolvenzrecht und gehört auf den Schreibtisch von Geschäftsführern und Vorständen. Leider sind sich viele Unternehmenslenker nicht bewusst, dasss strafrechtliche Konsequenzen (bspw. nach § 84 I Nr. 2 GmbHG) drohen, wenn die rechtzeitige Anmeldung der Insolvenz unterlassen wird. Tätigt beispielsweise der Geschäftsführer nach Insolvenzreife des Unternehmens weiterhin Zahlungen, so haftet er der Gesellschaft für diese Zahlungen persönlich. Werden trotz Insolvenzreife weiterhin Geschäfte mit Dritten abgeschlossen, die nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers entsprechen, so kommt eine persönliche Haftung nach §§ 823 II BGB, 263, 264 a StGB in Betracht. Somit bietet der Ratgeber wichtige Informationen zur Minimierung der persönlichen Haftungsrisiken.
Rezension von Frank Romeike