Gerade in „Hochrisikobranchen“ wie der Chemieindustrie kommt einer effektiven und effizienten Risiko- und Krisenkommunikation eine überragende Bedeutung für die Sicherung des Unternehmenswerts zu. Viele Unternehmen mussten jedoch leidvoll erfahren, dass klassische Kommunikationskonzepte schnell an ihre Grenzen stoßen – nicht zuletzt, da das Verhältnis zwischen Unternehmen, Massenmedien und Öffentlichkeit oft genug von Misstrauen, Missverständnissen und Stereotypen geprägt ist. Das vorliegende Buch will dazu beitragen, diese Defizite zu reduzieren und entwickelt auf sozialwissenschaftlicher Basis einen praxisorientierten Handlungsrahmen für eine Verbesserung der Risiko- und Krisenkommunikation.
Zu diesem Zweck vermittelt der Autor nach einer Einleitung und der Klärung grundlegender Begriffe zunächst die wesentlichen Zusammenhänge und Determinanten der Risiko- und Krisenkommunikation, wobei interdisziplinär geprägten Erklärungsansätzen dominieren. Im Anschluss werden die wichtigsten Akteure im Bereich der Risiko- und Krisenkommunikation charakterisiert. Das folgende Kapitel widmet sich dann einem der wichtigsten Akteure: den Massenmedien und Journalisten. In diesem Zusammenhang werden Fragestellungen aufgegriffen wie etwa die Mechanismen der Nachrichtenauswahl- und -produktion, die Arbeitsweise von Journalisten in der Risiko- und Krisenkommunikation oder Erklärungsmodelle für die die Wirkung der Massenmedien auf die Risiko-Akzeptanz.
Danach analysiert der Autor die Risiko- und Krisenkommunikation der chemischen Industrie. Dies geschieht zunächst aus wissenschaftlich-abstrakter Perspektive, indem etwa der Wandel in der Kommunikationspolitik von Chemieunternehmen untersucht und aktuelle Strategien kritisch hinterfragt werden. Die hier gewonnenen Einblicke werden anschließend anhand von sechs praktischen Beispielen vertieft und anschaulich gemacht. Der Autor beschreibt hierzu „Lessons Learned“ aus dem Bereich der chemischen Industrie (Stichworte: Seveso, Tylenol, Bhopal, Sandoz, Hoechst und Lipobay) und analysiert jeweils die Ausgangsituation, den Krisenverlauf und das Verhalten der Beteiligten. Auf dieser Basis wird im abschließenden Kapitel schließlich noch auf die überragende Bedeutung des Faktors „Vertrauen“ hingewiesen und wesentliche Vertrauensfaktoren im PR-Bereich erläutert.
Insgesamt vermittelt das Buch einen hervorragenden Überblick des Themas „Risiko- und Krisenkommunikation“. Dem Autor gelingt es, die wesentlichen Aspekte methodisch sauber fundiert, aber dennoch gut verständlich und nachvollziehbar aufzubereiten. Zur guten Lesbarkeit des Werkes tragen außerdem die zahlreichen Praxisbeispiele bei. Der Zusatz im Untertitel „… dargestellt am Beispiel der chemischen Industrie“ sollte Interessierte aus anderen Branchen keinesfalls davon abhalten, das Buch zur Hand zu nehmen – erläutert der Autor doch eine Fülle von Zusammenhängen, die problemlos auch auf Fragestellungen in anderen Wirtschaftszweigen übertragbar sind. Insgesamt kann das vorliegende Buch uneingeschränkt empfohlen werden. Es hat durchaus das Potenzial, sich zum Standardwerk im Bereich der Risiko- und Krisenkommunikation zu entwickeln.
Rezension von Dr. Roland F. Erben