In den letzten Jahren erfreuen sich Unternehmensanleihen (Corporate Bonds) in Europa nach langen Jahren des Schattendaseins steigender Beliebtheit. Im Rahmen seiner Dissertation beschäftigt sich der Autor mit den spezifischen Anforderungen des Risikomanagements bei dieser Wertpapiergattung. Der Fokus liegt hierbei vor allem bei allen Risiken jenseits des Zinsrisikos, insbesondere dem Spreadrisiko. Einen Schwerpunkt der Arbeoit bildet dabei ein Ansatz zur Modellierung von Spreadrisiken, der auch in das bekannte CreditMetrics-Modell integriert werden kann.
Nach einem einführenden Kapitel in die Welt der Unternehmensanleihen sowie der damit verbundenen Risiken skizziert der Autor im zweiten Kapitel die zentrale Eigenschaft von Unternehmensanleihen in Form des Spread. Die Höhe des Spread hat eine entscheidende Bedeutung für die Beurteilung eines Investments. Daneben werden in diesem Kapitel auch die verschiedenen Methoden der Spreadbestimmung behandelt. Die im Zusammenhang mit Corporate Bonds stehenden Risiken werden im dritten Kapitel behandelt. Risiken entstehen insbesondere durch mangelhafte Veräußerbarkeit (Liquiditätsrisiko), Marktschwankungen wie Zinsänderungen oder Spreadausweitungen sowie durch allgemeinwirtschaftliche, branchen- oder firmenindividuelle Bonitätsverschlechterungen (Kredit- oder Adressrisiko) bis hin zum Ausfall der Unternehmensanleihe. In Kapitel 4 wird das bei Finanzdienstleistungsunternehmen weit verbreite Risiko-Maß des Value-at-Risk beschrieben. Der zweite Teil der Arbeit analysiert, wie die untersuchten Risiko-Faktoren mit Hilfe von Kreditrisiko-Modellen quantifiziert werden können. Hierbei wird im fünften Kapitel zunächst ein Überblick über den grundsätzlichen Aufbau gegeben. Scoring-Modelle, die in Kapitel 6 dargestellt werden, basieren auf Bilanzdaten der Unternehmen. Demgegenüber stützen sich Structural Models (Kapitel 7) auf leicht beobachtbare und hoch sensible Aktienkurse. Rating-basierte Modelle werden im achten Kapitel vorgestellt. Modellen, die auf dem Anleihepreis beziehungsweise -spread basieren, widmet sich Kapitel 9. Kapitel 10 schließlich stellt die genannten vier Modellarten aus Sicht eines Investors vergleichend gegenüber und setzt sich kritisch mit ihrer Eignung im Investmentprozess auseinander.
Im dritten Teil der Arbeit stellt der Autor schließlich – basierend auf den Schwachstellen der existierenden Modelle – einen eigenen Ansatz zum Spread-Risikomanagement vor. Hierzu wird die Handhabung von Gaußschen Mischverteilungen mittels des EM-Algorithmus insbesondere im häufig problematischen multivariaten Fall eingehend untersucht. Dem Praktiker bietet die Arbeit einen sehr guten Überblick über die Funktionsweise, die empirische Qualität und die Schwachstellen der bekannten Kreditrisiko-Modelle. Die eigentliche Leistung der Arbeit besteht jedoch in der Entwicklung eines eigenen Modells, mit dessen Hilfe Spreadrisiken im Portfolio quantifiziert werden können. Dabei bietet das Modell insbesondere Lösungen für das häufig bei Corporate Bonds auftretende Problem mangelnder Daten. Die Arbeit ist daher uneingeschränkt zu empfehlen.
Rezension von Frank Romeike