Mit einem Umsatz von rund 220 Mrd. Euro (2008) und etwa 932.000 Beschäftigten gilt der Maschinen- und Anlagenbau als eine der Schlüsselindustrien in Deutschland und nimmt eine strategische Schlüsselposition in der Erstellung und Erhaltung der produktiven Infrastruktur ein. Wie auch andere Branchen musste im Verlauf der Finanz- und Wirtschaftskrise auch der Maschinen- und Anlagenbau erhebliche Einbrüche bei Umsätzen und Auftragseingängen verkraften.
Im industriellen Anlagenbau ist jede unternehmerische Entscheidung infolge der spezifischen Branchencharakteristika mit einer äußerst komplexen Risikosituation verbunden. Diese wird vor allem durch direkte Projektrisiken, bedingt durch einen oft jahrelangen Leistungserstellungsprozess unter Einbeziehung zahlreicher Wertschöpfungspartner und der Kunden, bestimmt, aber auch durch die konjunkturelle Entwicklung und spezifische Länderrisiken im Rahmen der internationalen Projektabwicklung. Kalkulatorische, vertragliche und technologische Risiken komplettieren das Bild.
Eine auf Dauer erfolgreiche Tätigkeit im industriellen Anlagenbau setzt das rechtzeitige und vollständige Erkennen sowie das souveräne Management dieser geschäftsimmanenten Risiken voraus. Das Buch von Kai-Ingo Voigt gibt einen Überblick über die Risiken, die für den industriellen Anlagenbau geschäftstypisch sind, und zeigt auf, in welcher Weise die in dieser Branche erfolgreich tätigen Unternehmen mit der äußerst komplexen Risikosituation umgehen. Verdeutlicht wird ferner, dass Fehleinschätzungen und mangelhaftes Risk Management die Ursache für existenzbedrohende Unternehmenskrisen sein können. Basis für das Buch bildet eine explorativ-empirischen Studie deutscher Unternehmen des industriellen Anlagenbaus, die der Lehrstuhl für Industriebetriebslehre an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Jahr 2007 durchgeführt hat.
Das Buch ist in sieben Kapitel aufgeteilt. Die ersten 19 Seiten bieten einen sehr oberflächlichen Einstieg in den Prozess des Risikomanagements sowie Bewertungs- und Aggregationsmethoden. Vermisst habe ich hier vor allem spezifische Informationen zu den einzelnen Prozessphasen des Risk Managements im Anlagenbau (Risikosteuerung bei Großprojekten, spezifische Bewertungsmethoden etc.). Die nachfolgenden sechs Kapitel liefern eine empirisch fundierte Risikolandkarte für Unternehmen im Bereich Anlagenbau. Hier liegen eindeutig die Stärke und der Mehrwert des Buches. Risikomanager und Unternehmer im Bereich Anlagenbau, die eine solide Schablone für die Erstellung einer unternehmensindividuellen Risikolandkarte suchen, werden in dem Praxisbuch viele wertvolle Hinweise finden.
Rezension von Frank Romeike