Innerhalb des Konjunkturzyklus nehmen die Unternehmensinsolvenzen am Tiefpunkt deutlich zu. Verharrt die Wirtschaft gar längere Zeit in der Rezession, nimmt die Situation krisenhafte Züge an. Die anhaltend hohe Zahl an Unternehmenspleiten gilt als Beleg dafür, dass Firmen immer schneller in die Krise geraten. Die Chance, die Insolvenz auch als Instrument der Unternehmensgesundung zu nutzen, war und ist die Intention des Gesetzgebers gewesen, als die neue Insolvenzordnung 1999 eingeführt wurde. Der Insolvenzfall Herlitz zeigt, wie die neue Gesetzgebung positiv gestaltet werden kann.
Mit dem vorliegenden Buch werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie ein Insolvenzverfahren als Chance zum positiven Wandel genutzt werden kann. Die Autoren aus Praxis und Wissenschaft behandeln das Thema aus den verschiedensten Blickwinkeln; insbesondere, welche Erfahrungen, Chancen und Risiken mit der Insolvenzordnung seit 1999 vorliegen.
Thematisch ist das Buch in drei Schwerpunktthemen gegliedert. Der erste Teil befasst sich mit der Fragestellung der Überschuldung, die in vielen Fällen durch die Zahlungsunfähigkeit ausgelöst wird. Behandelt werden Aspekte wie, wann eine Überschuldung vorliegt, bis hin zu der Fragestellung des bilanziellen Ansatzes im Falle der Überschuldung mit der Prognose der Unternehmensfortführung. Vor einer Insolvenz sind verschiedene rechtliche Instrumente zur Abwendung der Überschuldung, wie z.B. der Forderungsverzicht, gegeben. Sowohl zivilrechtliche als auch bilanzielle und steuerliche Folgen sind zu berücksichtigen. Jedoch sollten diese Möglichkeiten vorab geklärt werden, bevor eine Insolvenz beantragt wird. Die in diesem Zusammenhang häufig auftretende Frage nach der Aktivierung eines Geschäfts- oder Firmenwertes bzw. 'Goodwills' wird in einem separaten Beitrag behandelt.
Dass die positive Gestaltung einer Insolvenz stark von den verschiedenen Akteuren abhängig ist, zeigt der zweite Themenschwerpunkt. Nicht nur die Interessen sind unterschiedlich, auch die Ziele der Akteure können divergieren. Insbesondere wird die Rolle der Insolvenzgerichte, des Insolvenzverwalters, der Banken und des Unternehmers behandelt. Lehrreich ist dieser Teil vor dem Hintergrund der vorhandenen Erfahrungen mit der bestehenden Insolvenzordnung.
Auch wenn die Insolvenzordnung die Eigenverwaltung als eine Möglichkeit des Insolvenzverfahrens durch den Geschäftsführer oder Eigentümer des insolventen Unternehmens vorsieht, so zeigen die bisherigen Erfahrungen, dass dieses Instrument selten zur Anwendung kommt. Ein Problem ist, dass bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung eine nicht "unerhebliche Dunkelziffer an Straftaten" vorliegen. Daher dürfte die Eigenverwaltung als ein Mittel des Verfahrens nur in wenigen Fällen zur Geltung kommen. Denn Voraussetzung ist, dass die Gläubiger ausreichend Vertrauen gegenüber dem Schuldner haben.
Leider werden in diesem Abschnitt die anderen Gläubiger (Nichtbanken) gar nicht bzw. verkürzt dargestellt. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Insolvenz Nachfolgepleiten anderer Unternehmen nach sich ziehen kann und Gläubiger häufig auf ihre Forderungen verzichten müssen.
Der dritte Themenschwerpunkt gibt Einblick in die mittlerweile vielschichtigen Erfahrungen des nunmehr über fünf Jahre alten Insolvenzverfahrens. Auch wenn noch Mängel und weiterer Änderungsbedarf besteht, so vertritt der Autor, der Amtsrichter ist, die Auffassung, dass das Gesetz 'praxistauglich' ist und die wesentlichen Ziele des Gesetzgebers, Sanierung vor Zerschlagung, erfüllt wurden. Die wesentliche Darstellung des Verbraucherinsolvenzverfahren runden das Thema ab.
Mit diesem Buch werden die Themen rund um das Thema Sanierung und Insolvenz erörtert. Die Autoren aus Praxis und Wissenschaft tragen sowohl der theoriegeleiteten Analyse als auch der praktischen Erfahrung Rechnung. Das gut strukturierte Buch ist lesenswert und zu empfehlen.
Rezension von Christoph Tigges