Wir alle müssen strategisch denken, ganz gleich ob im Beruf oder im Privatleben. Und damit sind wir auch schon beim Kern der Spieltheorie, die sich wissenschaftlich mit Strategischem Denken beschäftigt. Spätestens seit für spieltheoretische Arbeiten in der Zwischenzeit zum achten Mal der „Preis für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank in Gedenken an Alfred Nobel“ vergeben wurde, kennt auch die breite Öffentlichkeit zumindest den Begriff der Spieltheorie. Im Jahr 1994 wurde der Preis an John Forbes Nash Jr. (bekannt durch den Hollywood-Film „A Beautiful Mind“, der mit vier Oscars ausgezeichnet wurde), John Harsanyi und Reinhard Selten, im Jahr 1996 an William Vickrey und im Jahr 2005 an Robert Aumann und Thomas Schelling verliehen. Für ihre Erforschung begrenzter Rationalität erhielten Herbert Simon im Jahr 1978 und Daniel Kahneman im Jahr 2002 den Wirtschafts-Nobelpreis. Auch die Nobelpreise an Leonid Hurwicz, Eric S. Maskin und Roger B. Myerson im Jahr 2007 für ihre Forschung auf dem Gebiet der Mechanismus-Design-Theorie stehen in engem Zusammenhang zu spieltheoretischen Fragestellungen.
Während sich ursprünglich die Spieltheorie lediglich auf die Analyse von geeigneten Strategien bei (Gesellschafts-)Spielen bezogen hatte, wurde die Anwendung in der Zwischenzeit auf viele Bereiche des Lebens ausgedehnt: In fast allen Lebensbereichen müssen Strategien gewählt werden, mit dem Ziel, das „strategische Spiel“ zu gewinnen. Die meisten Veröffentlichungen auf diesem Gebiet haben jedoch einen gravierenden Nachteil: Der mathematische Laie, d. h. auch vielen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern, versteht nur in den seltensten Fällen die Aussagen – basierend auf abstrakten Formeln und mathematischen Ableitungen – sowie die Anwendbarkeit der Spieltheorie in der Realität. Vor diesem Hintergrund hat die Spieltheorie nur eher selten die „scientific community“ verlassen.
Das Buch von Christian Rieck, Professor für Wirtschaft an der Fachhochschule in Frankfurt/Main und Schüler des Nobelpreisträgers Reinhard Selten, ist eine der wenigen Ausnahmen in der bunten Palette an spieltheoretischer Literatur. Das Buch konzentriert sich auf die nicht-kooperative Spieltheorie. Bei nicht-kooperativen Spielern treffen die Spieler ihre Entscheidungen völlig unabhängig voneinander. Bei kooperativen Spielen können die Spieler die Wahl bestimmter Strategien verbindlich vereinbaren.
Die Stärke des Buches liegt darin, dass der Autor den Leser die grundlegenden Konzepte und Begriffe der Spieltheorie – ohne mathematischen Ballast – anhand von konkreten Beispielen erläutert. Hierbei konzentriert sich Christian Rieck auf die wesentlichen Fragestellungen: Was ist Rationalität? Wie löst man ein Spiel? Was ist eine Entscheidung? Wie entsteht Kooperation zwischen Egoisten? Wie funktioniert ein Schachcomputer?
Das Buch ist in insgesamt acht Themenblöcke aufgeteilt: Der erste einleitende Block ist als Gebrauchsanleitung zu betrachten, während sich das zweite Kapitel mit der grundlegenden Fragestellung beschäftigt, was die Spieltheorie eigentlich ist. Im dritten Themenblock konzentriert sich der Autor auf die 2x2-Bimatrix-Spiele, die einfachste Form eines strategischen Spiels (zwei Spieler und jeweils zwei Handlungsmöglichkeiten). Im vierten Block erklärt der Autor die grundlegenden Vokabeln (Präskriptive Theorie, Normative Theorie, Deskriptive Theorie, Explikative Theorie, Spielbaum, Nutzentheorie etc.). Mit nicht-kooperativen Lösungskonzepten und ausgewählten Themen in nicht-kooperativen Spielen (Nullsummenspiel, Kooperation unter Egoisten etc.) beschäftigt sich der fünfte und sechste Themenblock. Mit ökonomischen Experimenten werden – im Rahmen der Experimentellen Wirtschaftsforschung – psychologische Grundlagen des individuellen Handelns in ökonomisch relevanten Entscheidungssituationen überprüft. Beispiele für ökonomische Experimente sind die Überprüfung der Theorie des vollkommenen Marktes oder der Theorie öffentlicher Güter. Kapitel 7 beschäftigt sich mit den Grundgedanken der Experimentellen Wirtschaftsforschung. Im abschließenden achten Kapitel findet der Leser ein Vokabelverzeichnis mit englischen und deutschen Begriffen aus dem Universum der Spieltheorie, ein umfangreiches Literatur-, Stichwort- und Personenverzeichnis.
Fazit: Die Stärke des Buches liegt in seiner Didaktik und schnörkellosen Sprache. Gemeinsam mit dem Autor begibt man sich – quasi spielerisch – in die hochaktuelle und interessante Welt der Spieltheorie, ohne sich der Gefahr auszusetzen, dass man durch mathematischen und theoretischen Ballast auf der Strecke bleibt.
Rezension von Frank Romeike