Die Beurteilung des Managements von Versicherungsunternehmen spielt in der Analyse von Ratingagenturen eine immer größere Rolle. Einerseits zeigt die Entwicklung der Versicherungswirtschaft, dass rein quantitative Betrachtungen nicht ausreichen, um existentielle Gefährdungen von Versicherungsunternehmen richtig einzuschätzen, andererseits haben sich auch die analytische Möglichkeiten, Methoden und Informationsquellen, deutlich erweitert, um auch Strategie und Management kritisch zu hinterfragen und im Rating einer vergleichenden Beurteilung zuzuführen.
Das Buch von Torsten Hallmann, Achim Junglas, Wilhelm Kichner und Marc Wiegang (Hrsg.) kommt daher jedem zu Hilfe, der sich verantwortlich mit dieser komplexen Thematik befassen will: Steuerung von Versicherungsunternehmen: Grundlagen, Prozesse, Praxisbeispiele. Das Buch liegt nun bei Schäffer Poeschel in der zweiten, überarbeiteten Auflage vor.
"Nichts geschieht ohne Risiko, aber ohne Risiko geschieht auch nichts", zitieren die Herausgeber den Alt-Bundespräsidenten Walter Scheel. Daher muss der weiteren Integration des Risikos in die Steuerung höchste Bedeutung zukommen. Das Rating von Versicherungsunternehmen ist dabei der Versuch, durch eine Gesamtschau der Risiken die Ausfallbedrohung von Gläubigern zu beurteilen.
"Der Regulator will die Versicherungsunternehmen zu einer professionellen wert- und risikoorientierten Steuerung zwingen", fassen die Herausgeber ihre Beobachtungen zur Verdrängung der Rolle der Gewinn- und Verlustrechnung zugunsten der Bilanz als primärem Instrument der Gewinnermittlung zusammen.
Indem das Buch allen wesentlichen Themenfelder wie der informatorischen Grundlagen der Steuerung, der operativen Steuerung, der strategischen Steuerung, der Steuerung der versicherungsspezifischen Prozesse und der Steuerung der Risiken im Versicherungsunternehmen nachgeht, liefert es dem Leser einen Komplettüberblick, wie er sonst kaum in einem anderen Titel auf ähnlichem Niveau in deutscher Sprache geboten wird.
Während vor Jahrzehnten noch versicherungsmathematische Modellierungen und so weiter im Vordergrund ähnlicher Bücher standen, zeigt sich an diesem aktuellen Titel, wie der Gesetzgeber nicht nur durch weitreichende Regulierung marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen der Versicherungswirtschaft aufhebt, sondern auch Gestaltungsmöglichkeiten einschränkt. Die Steuerung von Versicherungsunternehmen hat immer mehr einheitlichen Mustern zu entsprechen.
Die Folge ist eine zunehmende Verantwortung des Gesetzgebers für das von Versicherungsunternehmen eingegangene Risiko. Die Versicherungswirtschaft ist – im Vergleich zu anderen Branchen – schon seit vielen Jahren in ihren Konzernspitzen und Vorständen überproportional von Juristen geführt. Die Aufsicht und Regulierung der Versicherungsunternehmen soll die Funktionsfähigkeit des Versicherungswesens sichern, Risiken begrenzen und letztlich auch den Steuerzahler vor kostspieligen Rettungsaktionen bewahren. Die überbordende Regulierung der Versicherungswirtschaft entpuppt sich für den Gesetzgeber als Bumerang, wenn sich im Krisenfall die gesetzlichen Vorgaben als untauglich erweisen oder sogar krisenursächlich sind.
Das Buch geht nicht der Frage nach, ob in Parlamenten und Ministerien die besseren Manager von Versicherungsunternehmen sitzen, sondern zeigt Konsequenzen der geltenden Rechnungslegungsstandards und von Solvency II auf. Das Buch erlaubt unter anderem tiefe Einblicke in die Steuerung der Produktentwicklungsprozesse, der Vertriebsprozesse, der Underwriting-Prozesse, der Betriebsprozesse, der Schadenbearbeitungsprozesse und der Kapitalanlageprozesse.
Der Leser erfährt mehr über Risikomanagement und Solvency II, Risikomodelle und Kapitaladäquanz, Asset Liability Management, Steuerung der versicherungstechnischen Risiken, Steuerung der Kapitalanlagerisiken, Unternehmenssteuerung und Personalführung sowie über die Aufbauorganisation der Steuerung von Versicherungsunternehmen. Wer auf dem Wissen aus diesem Titel aufbauend mehr darüber erfahren will, wie sich die Steuerung von Versicherungsunternehmen im Credit Rating auswirkt und welche Rückkopplung sich aus dem Rating wiederum für die Steuerung ergibt, kann zu weiteren Buchtiteln greifen (beispielsweise Versicherungsrating).