Komplexe Systeme

System Dynamics für die Finanzindustrie. Simulieren und Analysieren dynamisch-komplexer Probleme


Rezension

Die globalen Finanzmärkte können – ohne Übertreibung – als komplexe Systeme bezeichnet werden. So sind komplexe Systeme u. a. durch ein nichtlineares Verhalten gekennzeichnet: Kleine Störungen des Systems oder minimale Unterschiede in den Anfangsbedingungen führen rasch zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen (auch als Schmetterlingseffekt bezeichnet). Kurzum: Die Wirkungszusammenhänge der Systemkomponenten sind im allgemeinen nichtlinear. Die aktuelle Finanzkrise liefert hierfür die besten Beweise. Außerdem weisen komplexe Systeme emergente Eigenschaften auf, d. h. dass Systemverhalten lässt sich nicht aus der isolierten Analyse des Verhaltens einzelner Systemkomponenten erklären. Ergänzend weisen die meisten komplexen Systeme so genannte Attraktoren auf, d. h. dass das System unabhängig von seinen Anfangsbedingungen bestimmte Zustände oder Zustandsabfolgen anstrebt. Im Extremfall können die Zustandsabfolgen auch chaotisch sein – auch hierfür liefern historische Finanzkrisen ausreichend Anschauungsmaterial.

Die heute verwendeten Werkzeuge in der Finanzindustrie treffen immer häufiger auf Grenzen, da sie mit der Komplexität der Strukturen und Prozesse der realen Welt nicht umgehen können. Bereits Anfang der 50er Jahre hatte Jay W. Forrester an der Sloan School of Management des Massachusetts Institute of Technology „System Dynamics“ (SD) als Methodik zur ganzheitlichen Analyse und (Modell-)Simulation komplexer und dynamischer Systeme entwickelt. So war System Dynamics auch die grundlegende Methodik zur Simulation des Weltmodells World3, einer Studie zur Zukunft der Weltwirtschaft, die der Club of Rome in Auftrag gegeben hatte.

Dynamische und komplexe Systeme zeichnen sich u. a. sowohl durch verzögerte Ursache-Wirkungs-Beziehungen als auch durch Rückkopplungsbeziehungen zwischen einzelnen Variablen aus. System Dynamics bildet derartige Strukturen modellseitig ab und ermöglicht Entscheidern, die Beziehungen zwischen einzelnen Systemkomponenten besser zu identifizieren. System Dynamics unterstützt die Entwicklung formaler, mathematischer Modelle, um das Systemverhalten zu simulieren. Auf diese Weise können sowohl kurz-, mittel- und langfristige Konsequenzen von Entscheidungsregeln in unterschiedlichen Umweltszenarien in virtueller Realität ermittelt werden.

Das Buch „System Dynamics für die Finanzindustrie“ liefert sowohl eine kompakte Einführung in die Grundlagen des System-Dynamics-Ansatzes (Kapitel A und B) als auch einen exemplarischen Überblick über die Anwendung in der Finanzindustrie (Kapitel C). Die thematischen Überlappungen halten sich in Grenzen, was für ein Herausgeberwerk eher die Seltenheit ist. Wie bei Herausgeberwerken unvermeidbar, weisen die einzelnen Beiträge spürbare qualitative Unterschiede auf. Insgesamt vermittelt das Buch einen ebenso interessanten wie fundierten Überblick über die Anwendung von System Dynamics in der Finanzindustrie. Das Buch kann gleichermaßen Praktikern in der Finanzindustrie – etwa aus dem Bereich Risikomanagement – als auch Wissenschaftlern und Studenten uneingeschränkt empfohlen werden. 


Rezension von
Frank Romeike


Details zur Publikation

Autor: Strohhecker/Sehnert (Hrsg.)
Verlag: Frankfurt School Verlag
Erscheinungsort: Frankfurt/M.
Erscheinungsdatum: 2008

RiskNET Rating:

Praxisbezug
Inhalt
Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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