Szenarienplanung im Risikomanagement - Mit der Spieltheorie die Risiken der Zukunft erfolgreich steuern


Rezension

Auch im Risikomanagement wird sehr häufig unterstellt, dass Informationsymmetrie besteht, was (grob formuliert) heißt, dass alle Akteure alles wissen. Seit Adam Smith basieren fast alle Erklärungs- und Entscheidungsmodelle in den Wirtschaftswissenschaften darauf, dass der auf eigene Nutzenmaximierung orientierte "homo oeconomicus" streng rational handelt und alle relevanten Informationen zur Verfügung hat. Die beiden Wirtschafts-Nobelpreisträger des Jahres 2002, Kahneman und Tversky erkannten jedoch, wie weit diese abstrakten Annahmen von der Realität entfernt waren. Der Mensch stellt keine komplizierten Berechnungen über die Erwartungswerte seines Zusatznutzens an, bevor er Entscheidungen trifft. Selbst wenn er fest davon überzeugt ist, rational zu handeln, werden seine Entscheidungen immer auch von persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen, Heuristiken, Emotionen, Daumenregeln usw. beeinflusst.

Und genau hier setzt die Spieltheorie an. Die Wissenschaft vom strategischen Denken heißt Spieltheorie, die im Wesentlichen auf die Arbeiten der beiden deutschsprachigen Mathematiker John von Neumann und Oskar Morgenstern (Theory of Games and Economic Behavior, 1944) zurückgeht. Die Wurzeln der Spieltheorie liegen bei der Analyse von Gesellschaftsspielen, wie etwa Schach oder Poker. Jeder Schach- oder Pokerspieler weiß, dass man ex ante eine Strategie haben muss, die berücksichtigt und antizipiert, welche Züge man von den Gegenspielern erwartet. Oder kurz: strategische Interaktion. Dieses strategische Denken charakterisiert auch viele wirtschaftliche Situationen. So brauchen Unternehmen etwa gute Wettbewerbsstrategien, um zu überleben. Und auch in der Politik sind gute Wahlkampfstrategien wichtig, um gewählt zu werden. Und wir alle sind auch Strategen im privaten Leben, ob wir es wollen oder nicht. Welchen Karriereweg soll ich einschlagen? Soll ich heiraten oder lieber Single bleiben? Hierbei ist zu berücksichtigen, dass alle Entscheidungen nicht in einem einsamen Raum oder Vakuum entstehen. Vielmehr sind wir umgeben von vielen anderen Entscheidungsträgern, mit denen wir teilweise sogar in Interaktion stehen. Vielleicht versuchen wir auch unseren Gegner zu überlisten, während unser Gegenüber das Gleiche versucht.

In "Szenarienplanung im Risikomanagement" skizzieren die Autoren anhand von fünf unterschiedlichen Szenarien im Risikomanagement, die zeigen, wie mit der richtigen Formulierung von Strategie die richtigen Schachzüge zu tun sind.

Nach Lektüre des Buches werden die Leser, die es noch nicht wissen, dass man ein Auto (und auch Risiken) nicht durch den Blick in den Rückspiegel steuert. Viele traditionelle Modelle sind Blind für den Wechsel von Risikolandschaften. Spieltheoretische Ansätze können helfen, den Blick in die Zukunft zu lenken und sich darüber klar zu werden, welche Folgen eine Entscheidung voraussichtlich haben wird.

Das Buch kann allen Lesern empfohlen werden, die sich mit den spieltheoretischen Ansätzen im Risikomanagement beschäftigen möchten. Die fünf skizzierten Szenarien öffnen auch dem mathematischen Laien den Zugang zur Spieltheorie. Gestört hat mich lediglich die Qualität einiger Grafiken (etwa S. 23, 24). 

Rezension von Frank Romeike


Details zur Publikation

Autor: Volker Bieta/Kirchhoff/Milde/Siebe
Seitenanzahl: 244
Verlag: Wiley-VCH
Erscheinungsdatum: 2003

RiskNET Rating:

Praxisbezug
Inhalt
Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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