13 Banken des Euroraums haben die umfassende Bilanzprüfung durch die Europäische Zentralbank (EZB) und European Banking Authority (EBA) nicht bestanden und müssen nun 10 Milliarden Euro Eigenkapital nachrüsten. Wie die Europäische Zentralbank heute weiter mitteilte, fehlten Ende vergangenen Jahres 25 Banken 25 Milliarden Euro Eigenkapital. Zwölf dieser Banken ist es seitdem jedoch gelungen, sich 15 Milliarden Euro zusätzliches Eigenkapital zu besorgen. Folglich fehlen nun noch 13 Banken 10 Milliarden Euro. Die betroffenen Institute müssen der EZB innerhalb der nächsten zwei Wochen mitteilen, wie sie den Eigenkapitalbedarf decken wollen. Dazu haben sie bis zu neun Monate Zeit.
Nach Angaben der EZB wiesen die Banken Italiens im Rahmen der Kreditprüfung (AQR - Asset Quality Review) mit 12 Milliarden Euro absolut den höchsten Bedarf an zusätzlichem Eigenkapital auf. Prozentual gesehen war in Griechenland der Bedarf mit 7,6 Prozent am höchsten. Insgesamt neun italienische Banken schafften die vorgegeben Hürden nicht. In Zypern fielen drei Banken, in Griechenland, Belgien und Slowenien jeweils zwei durch den Stresstest durch.
Am Comprehensive Assessment nahmen 130 europäische Institute teil, darunter 25 aus Deutschland. 21 der 25 deutschen Institute werden künftig unter die direkte Aufsicht der EZB fallen. Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus für die Banken des Euro-Raums startet am 4. November 2014.
Die Münchener Hypothekenbank ist die einzige Bank aus Deutschland, die den Test nicht bestanden hat. Jedoch hat sie ihr Kapital bereits im laufenden Jahr deutlich gestärkt, so dass diese Lücke geschlossen sei und die Risikotragfähigkeit angemessen sei, teilten die Bundesbank und die Finanzaufsicht Bafin am Sonntag in Frankfurt mit.
Was wurde geprüft?
In der Bilanzprüfung, dem Asset Quality Review, wurden in Deutschland nach einheitlichen Vorgaben mehr als 18.000 Kreditakten und 15.000 Sicherheiten geprüft. Die risikoorientiert ausgewählten Portfolien deckten rund zwei Drittel der risikogewichteten Kreditpositionen je Bank ab. Diese Positionen erwiesen sich zum allergrößten Teil als werthaltig und angemessen bilanziert – sowohl im Kredit- als auch im Handelsgeschäft. Im gewichteten Durchschnitt lag der im Asset Quality Review festgestellte Wertberichtigungsbedarf in Deutschland bei 0,3 Prozent der risikogewichteten Aktiva. Dieser niedrige Wertberichtigungsbedarf macht deutlich, dass die deutschen Institute konservativ bilanziert haben, zumal der Asset Quality Review in einzelnen Bereichen Anforderungen gestellt hat, die deutlich strenger waren als die geltenden Rechnungslegungsvorschriften. Der Wertberichtigungsbedarf in Deutschland ließ sich größtenteils auf diese aufsichtlichen Anforderungen zurückführen, dieser wird also nicht bilanziell wirksam. "Dieses Ergebnis entspricht unseren Erwartungen. Die zusätzlichen aufsichtlichen adjustments machen deutlich, dass in einzelnen Marktsegmenten weiterhin Vorsicht geboten ist", führte König aus. Dies gelte insbesondere für die Schiffs- und Immobilienfinanzierung.
Zusätzlich zu diesem Asset Quality Review (AQR) führte die EZB in Zusammenarbeit mit der EBA auch Stresstests durch, bei denen mögliche Szenarien simuliert und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Stabilität der Institute abgeschätzt wurden. Die Szenarien umfassen ein sogenanntes Basisszenario ("baseline scenario"), bei dem ein typischer Konjunkturverlauf über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg simuliert wurde, sowie ein adverses Szenario, bei dem ein besonders ungünstiger und weniger wahrscheinlicher Konjunkturverlauf angenommen wurde.
Institute, bei denen im Rahmen der umfassenden Prüfung Kapitallücken aufgedeckt wurden, erhalten zwei Wochen Zeit, um einen Plan vorzulegen, wie sie diese Lücken schließen wollen. Den Plan für Lücken aus dem AQR oder dem Basisszenario müssen die Institute innerhalb von sechs Monaten umsetzen. Lücken, die bei dem adversen Szenario deutlich geworden sind, müssen sie innerhalb von neun Monaten schließen.
Wenn die Risikotragfähigkeit nicht ausreicht?
Ist es einem Institut nicht möglich, seinen Kapitalbedarf aus eigener Kraft – beispielsweise durch Kapitalerhöhungen am Markt – zu decken, so müssen die Behörden des jeweiligen Mitgliedstaates eingreifen. Da es in nationaler Verantwortung liegt, die Altlasten zu bereinigen, steht die Wahl der dabei eingesetzten Instrumente prinzipiell im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates. Allerdings müssen sie dabei die Vorgaben des europäischen Beihilferechts beachten. Dieses verlangt, dass zunächst die Anteilseigner und nachrangigen Gläubiger in die Pflicht genommen werden, ehe Rekapitalisierungen mit öffentlichen Mitteln vorgenommen werden dürfen. Sofern erforderlich, kann der Mitgliedstaat das Institut auch abwickeln.
In Deutschland stünden für externe Stabilisierungsmaßnahmen der mit öffentlichen Mitteln finanzierte Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) zur Verfügung sowie der aus Bankenabgaben finanzierte Restrukturierungsfonds. Im Sinne des Grundsatzes, dass primär die Investoren die aus ihrer Investition folgenden Risiken und Verluste tragen sollten, sollte der SoFFin aber nur als Ultima Ratio herangezogen werden.
Neun italienische Banken haben Stresstest nicht bestanden
Neun Banken aus Italien haben den Stresstest der Europäischen Zentralbank nicht bestanden. Deren Kapitallücken addierten sich per Jahresende 2013 auf zusammen knapp 10 Milliarden Euro. Allerdings haben fünf der Kreditinstitute ihren Kapitalbedarf bis zum Stichtag 30. September gedeckt. Die anderen vier Häuser haben nun zwei Wochen Zeit, um ihre Pläne für die Schließung der Finanzlöcher zu präsentieren.
Bei ihnen handelt es sich um Banca Monte dei Paschi di Siena SpA, Banca Carige SpA, Banca Popolare di Milano SCARL und Banca Popolare di Vicenza ScpA, die zusammen zusätzliches Kapital von 3,3 Milliarden Euro nachlegen müssen, so die italienische Zentralbank.
Jene Banken, die die Lücken bereits gefüllt haben, sind Banco Popolare SC, Banca Popolare dell'Emilia Romagna SC, Banca Popolare di Sondrio SCpA, Veneto Banca SCpA und Credito Valtellinese SC.
Aus Sicht der Banca d'Italia ist der Kapitalbedarf allerdings kleiner als es auf den ersten Blick scheine. Werden auch Kapitalstärkungsmaßnahmen wie der Verkauf von Aktiva und Bilanzierungsänderungen einbezogen, verringere sich der Bedarf auf 2,9 Milliarden Euro. Banca Carige ist beispielsweise derzeit dabei, zwei Versicherungsaktivitäten zu verkaufen, um so die Lücke von 814 Millionen Euro zu füllen.
"Die Ergebnisse bestätigen die Solidität des italienischen Bankensystems, trotz der wiederholten Konjunkturschocks, denen das Land in den vergangenen sechs Jahren ausgesetzt war", heißt es wörtlich in der Mitteilung.
Die größten Probleme liegen bei Italiens drittgrößter Bank Monte dei Paschi. Dort muss das Kapital um 2,11 Milliarden Euro aufgepolstert werden. Darin eingeschlossen sind Mittel, mit denen ein staatlichen Kredit teilweise zurückgezahlt werden soll. Die beiden größten Banken des Landes, UniCredit SpA und Intesa Sanpaolo SpA, haben den Stresstest dagegen ohne Beanstandungen bewältigt.
Ziel ist vor allem Transparenz
"Die Bilanzprüfung und der Stresstest schaffen eine bisher nie dagewesene Transparenz", sagte der für die Bankenaufsicht zuständige Bundesbankvorstand Andreas Dombret. Zudem sei diese Übung auch deshalb ein Erfolg, weil sie viele Institute bereits im Vorhinein motiviert habe, ihre Kapitalisierung quantitativ und qualitativ deutlich zu verbessern. Die hier betrachteten deutschen Institute haben von Jahresbeginn bis Ende September 14,4 Mrd. Euro hartes Eigenkapital (CET1) aufgenommen.
Deutsche Bankenaufseher sind zufrieden mit dem Abschneiden deutscher Institute bei der umfassenden Prüfung durch die Europäische Zentralbank (EZB) und European Banking Autority (EBA). Die Chefin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Elke König, verwies darauf, dass die harte Eigenkapitalquote deutscher Banken bei 15 Prozent liege. "Die meisten der 25 deutschen Teilnehmer sind schon jetzt in der Lage, zentrale Basel-III-Anforderungen zu erfüllen, und nicht erst im Jahr 2024, wie in Europa vorgesehen", sagte sie laut vorab verbreitetem Redetext in Frankfurt.
Bundesbank-Vorstandsmitglied Andreas Dombret lobte einerseits, dass die deutschen Institute das Rezessionsszenario des Stresstests mit einer harten Eigenkapitalquote von 9,1 Prozent bestanden hätten. Nachholbedarf sah Dombret dagegen bei der ungewichteten Kapitalquote, der sogenannten Leverage Ratio. Zwar erfüllten von den 25 untersuchten Banken 20 bereits heute die Vorgabe zur Leverage Ratio von 3 Prozent, die erst ab 2018 gelte, aber im europäischen Vergleich zeige sich, dass die deutschen Banken hier immer noch Nachholbedarf hätten, sagte Dombret laut Redetext.
Der Bundesbank-Vorstand forderte die Banken auf, ihre im europäischen Vergleich sehr schwache Profitabilität zu steigern und regte außerdem eine Konsolidierung an. "Wenn zu viele Läufer auf der Strecke sind, behindern sie sich gegenseitig. Gerade im deutschen Bankensektor könnten Fusionen daher vorteilhaft sein - der Fokus sollte dabei natürlich immer auf der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells liegen", sagte er.
Ergebnisse Comprehensive Assessments
Als einzige deutsche Bank erreichte lediglich die Münchener Hypothekenbank zum Stichtag 31.12.2013 nicht die erforderliche harte Kernkapitalquote, sondern nur 6,3 Prozent. Die Kapitallücke von 229,11 Millionen Euro wurde jedoch per 30.9.2014 rechnerisch gedeckt. Dazu hatte der genossenschaftliche Immobilienfinanzierer bei seinen Eigentümern, den Volks- und Raiffeisenbanken sowie anderen genossenschaftliche Instituten, 400 Millionen Euro eingesammelt.
Nicht bestanden per 31.12.2013, Kapitallücke per 30.9.2014 rechnerisch gedeckt
- Münchener Hypothekenbank eG
Bestanden
- Aareal Bank AG
- Bayerische Landesbank
- Commerzbank AG
- DekaBank Deutsche Girozentrale
- Deutsche Apotheker und Ärztebank EG
- Deutsche Bank AG
- DZ Bank Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank
- HASPA Finanzholding
- HSH Nordbank AG
- Hypo Real Estate Holding AG
- Landesbank Baden-Württemberg
- Landesbank Berlin Holding AG
- Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale
- Landeskreditbank Baden-Württemberg-Förderbank
- Landwirtschaftliche Rentenbank
- Norddeutsche Landesbank-Girozentrale
- NRW.Bank
- SEB AG
- Volkswagen Financial Services
- WGZ Bank
- Wüstenrot Bank
- Wüstenrot Bausparkasse
Anforderung | AQR, 8,00% | Basis-Szenario, 8,00% | Stress-Szenario, 5,50% |
---|---|---|---|
Aareal Bank | 16,29% | 16,48% | 11,76% |
Bayerische Landesbank | 13,19% | 12,41% | 9,37% |
Commerzbank | 10,84% | 11,37% | 7,96% |
Deka Bank | 14,03% | 12,26% | 8,01% |
Deutsche Apotheker- und Ärztebank | 16,40% | 17,28% | 14,65% |
Deutsche Bank | 13,33% | 12,55% | 8,78% |
DZ Bank | 8,99% | 8,68% | 5,97% |
HASPA Finanzholding | 12,46% | 12,44% | 10,74% |
HSH Nordbank | 10,00% | 9,41% | 6,06% |
Hypo Real Estate | 16,54% | 18,16% | 10,78% |
IKB | 9,05% | 8,69% | 6,53% |
KfW IPEX-Bank | 12,80% | 11,97% | 9,42% |
Landesbank Baden-Württemberg | 13,47% | 12,29% | 7,42% |
Landesbank Berlin Holding | 9,89% | 10,13% | 6,83% |
Landesbank Hessen-Thüringen | 12,23% | 11,44% | 8,16% |
Landeskreditbank Baden-Württemberg-Förderbank | 13,49% | 13,82% | 11,22% |
Landwirtschaftliche Rentenbank | 16,88% | 16,11% | 12,89% |
Münchener Hypothekenbank* | 6,87% | 5,81% | 2,93% |
Norddeutsche Landesbank | 10,13% | 10,93% | 8,77% |
NRW.Bank | 37,28% | 33,76% | 31,47% |
SEB | 16,92% | 16,96% | 12,78% |
VW Financial Services | 9,30% | 9,78% | 6,96% |
WGZ Bank | 10,00% | 9,71% | 7,26% |
Wüstenrot Bank Pfandbriefbank | 8,59% | 8,02% | 6,50% |
Wüstenrot Bausparkasse | 10,59% | 9,73% | 6,91% |
* = nicht bestanden, aber Kapitalbedarf wurde bis 30. September gedeckt
Lobende Worte aus der Politik und Wirtschaft
Die Ergebnisse des Bankenstresstests der Europäischen Zentralbank (EZB) haben bei Politikern und Wirtschaftsvertretern in Deutschland ganz überwiegend Zufriedenheit ausgelöst. Aus der Politik wurde aber gefordert, dass die Banken nun in ihren Anstrengungen nicht nachlassen und überdies das neue Vertrauen für eine stärkere Kreditvergabe nutzen sollen. Ökonomen wiesen dies zurück und warnten, dass wichtige Probleme weiter ungelöst seien.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach von einer "beeindruckenden Leistung" der Aufsichtsbehörden. "Die Ergebnisse bestätigen meinen Eindruck, dass die deutschen Banken gut vorgesorgt haben", sagte er. Einzelne hätten im Laufe des Jahres weitere Kapitalmaßnahmen vorgenommen. "Für deutsche Banken sind daher keine weiteren Maßnahmen notwendig", konstatierte Schäuble.
Banken, die eine Kapitallücke aufwiesen, bekämen nun zunächst Zeit, diese selbst zu schließen, und danach greife eine klare Haftungskaskade. "Staatliche Mittel stünden dabei an letzter Stelle," hob Schäuble hervor.
Auch andere Vertreter der Großen Koalition in Berlin reagierten erleichtert auf den Stresstest - einige von ihnen forderten aber auch eine stärkere Kreditvergabe durch die einzelnen Banken. "Dies ist ein gutes Ergebnis für das deutsche Bankensystem", sagte Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus. Die Belastungsfähigkeit der deutschen Banken reklamierte er auch als "Erfolg der Regulierungspolitik der CDU/CSU-geführten Koalitionen".
Die Politik wisse, dass die umfassende Begutachtung ein Kraftakt für die beteiligten Banken und die Aufseher gewesen sei. "Allerdings gibt es keinen Grund, in den Anstrengungen nachzulassen", so Brinkhaus. "Die Eigenkapitalsituation und Liquidität der Banken muss weiter verbessert werden." Dass Banken vor allem in Südeuropa durchgefallen seien, biete keinen Anlass zur Beunruhigung, denn es gebe Instrumentarien, um mit solchen Situationen umzugehen.
SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider erklärte, die EZB habe nun alle Voraussetzungen geschaffen, um am 4. November die Aufsicht über Europas Banken und Kreditinstitute zu übernehmen. Er begrüßte, "dass die deutschen Kreditinstitute einen wichtigen Teil ihrer Hausaufgaben gemacht haben und von der EZB als krisenresistent eingeschätzt werden". Jedoch hätten sie dies nur mit erheblicher Hilfe des Bundes geschafft. "Jetzt sind die Banken aufgefordert, dieses neue Vertrauen zu nutzen: Für mehr Kreditvergabe, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, aber auch zur Konzentration auf ihre eigentliche Rolle, der realen Wirtschaft zu dienen", verlangte Schneider.
Auch der SPD-Finanzsprecher Lothar Binding forderte dies. "Wenn ein so gut funktionierendes System seine Hauptaufgabe, Geld für die Realwirtschaft verfügbar zu machen, nicht mehr erfüllt, dann muss man noch mehr darüber nachdenken", sagte er dem Wall Street Journal Deutschland. "Ein System, das gut funktioniert, muss die Realwirtschaft auch gut versorgen." Das sei um so wichtiger, als momentan "eine kleine Delle" im Wachstum zu beobachten sei. "Da kann man natürlich jetzt nach der Politik rufen, aber man kann auch erst einmal nach gutem Management und guten Banken suchen."
Kritische Stimmen aus der Wissenschaft
Volkswirte widersprachen solchen Forderungen allerdings und zeigten eine skeptischere Reaktion auf den Stresstest. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sah in dem Stresstest zwar "einen wichtigen Teilerfolg", der helfe, die Unsicherheit zu reduzieren und das Vertrauen in die europäischen Banken zu verbessern. "Jedoch bleiben wichtige Probleme ungelöst", monierte er und forderte entschlossenere Maßnahmen der Politik. "Der Stresstest alleine wird die Kreditklemme für kleine und mittlere Unternehmen in Südeuropa nicht lösen."
Damit sei auch keine deutliche konjunkturelle Belebung durch den Test zu erwarten. Zu viele Banken seien noch immer zu abhängig von den günstigen Krediten der EZB, und es fehle ihnen an einem nachhaltigen Geschäftsmodell. Es mangele weiter an politischem Willen, Banken zu schließen und die finanzielle Fragmentierung in Europa zu reduzieren. "Die Politik ist nun dringend gefordert, diese Probleme anzugehen, so dass sich sowohl das Angebot als auch die Nachfrage nach Krediten erhöht," verlangte Fratzscher.
Ähnlich kritisch äußerte sich das Kieler Institut für Weltwirtschaft. "Nach dem jetzt durchgeführten Gesundheitscheck für die europäischen Banken dürfte deren Kreditvergabe nicht über Nacht auf Expansionskurs einschwenken", sagte dessen Konjunkturexperte Stefan Kooths.
Denn die Überschuldungspositionen potenzieller Kreditnehmer in den Krisenländern blieben weiterhin ungelöst, die ihren Ursprung in einer übermäßigen Kreditexpansion vor der Krise hätten. "Dies sollte davor warnen, die Banken nach ihrer 'Bilanzreparatur' nun abermals zu einer laxen Kreditvergabe zu verleiten", meinte Kooths.
Der Kieler Institutspräsident Dennis Snower erklärte zudem, die Tatsache, dass 25 Banken den Test nicht bestanden hätten, bedeute, "dass europäische Banken noch immer nicht ruhige Fahrwasser erreicht haben". Er kritisierte das gesamte System der Stresstests, denn durch sie gerate die EZB in ein gefährliches Dilemma, "weil von ihr gleichzeitig erwartet wird, die Solvenz von Banken kritisch zu prüfen, die Preisstabilität im Blick zu behalten, die Stabilität des Finanzsystems zu sichern und die Konjunktur zu steuern". Deshalb forderte Snower, darauf hinzuarbeiten, "Bankenregulierung und Bankenaufsicht unabhängig von der EZB zu betreiben".
Positive Stimmen von den Verbänden
Hingegen erklärte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Stresstest sorge für Transparenz im europäischen Bankensystem. "Er hilft, an den Finanzmärkten und bei den Kunden weiter Vertrauen zurückzugewinnen", sagte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben dem Wall Street Journal Deutschland. "Und er bringt Europa ein Stück vorwärts." Das solide Abschneiden der deutschen Institute sei in dieser Hinsicht "ein ermutigendes Zeichen".
Die bald beginnende Großbankenaufsicht durch die EZB sei im Prinzip richtig. Jedoch dürften die Stärken des deutschen Drei-Säulen-Systems von der neuen Aufsicht nicht in Frage gestellt werden, forderte Wansleben.
Die kreditwirtschaftlichen Verbände lobten die Resultate für Deutschland durchweg. Nach Überzeugung des Bundesverbandes deutscher Banken zeigen die Ergebnisse des Bankenchecks, "dass das europäische Finanzsystem deutlich stabiler geworden ist". Auch zeige sich, dass die deutschen Banken im europäischen Vergleich "verlässlich und solide" aufgestellt seien, erklärte Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer.
Die Präventivwirkung dieses Comprehensive Assessment sei nicht zu unterschätzen. Allein die deutschen Banken hätten seit dem vergangenen Jahr ihre Eigenkapitalpuffer um einen zweistelligen Milliardenbetrag aufgestockt - diese Maßnahmen würden in den Ergebnissen jedoch nicht vollständig reflektiert. "Nicht jede Bank, für die Kapitalbedarf berechnet wurde, hat diesen auch tatsächlich," betonte Kemmer deshalb. Unabhängig davon liege aber "noch eine Menge Arbeit vor den europäischen Banken, um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken".
Die deutschen Sparkassen und Landesbanken hoben besonders hervor, dass sie selbst in einer guten Verfassung seien. "Alle öffentlichen Banken in Deutschland haben den EZB-Stresstest bestanden und gehen gestärkt aus dieser intensiven Überprüfung hervor", so die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands, Liane Buchholz. Die Ergebnisse bestätigten, "dass die öffentlichen Banken auf einer soliden ökonomischen Basis krisenfest aufgestellt sind". Die Erwartungen hätten sich daher in vollem Umfang erfüllt. Das nun vorliegende "Vertrauenstestat der EZB" sei ein starkes Signal in den Markt.
Für den Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, hat der Stresstest "in eindrucksvoller Weise die Stabilität des deutschen Finanzmarktes unterstrichen". Dabei hätten die Landesbanken besonderen Anteil am guten Gesamtergebnis. "Die Landesbanken haben in den letzten Jahren ihre Hausaufgaben gemacht und sind heute Stabilitätspfeiler des Finanzmarkts." Für die an dem Test beteiligten zwei Sparkassen zeige das Ergebnis eine Stabilität, die aus einem risikoarmen Geschäftsmodell folge. Künftige europäische Stresstests dürften die Institute nicht noch einmal derart administrativ belasten, forderte der Sparkassen-Präsident aber.
Kommentare zu diesem Beitrag
Die Landesbanken und Sparkassen sind für einen Konjunktureinbruch gewappnet: Alle deutschen Institute aus diesem Bereich, die in die Bilanzprüfung durch die Europäische Zentralbank (EZB) und die European Banking Authority (EBA) einbezogen waren, haben den Test ohne Kapitallücken bestanden. Teilweise übertrafen die harten Kernkapitalquoten der Banken die Anforderungen der Aufseher um das Doppelte.
In einer ersten Reaktion auf die Ergebnisse teilte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Öffentlicher Banken in Deutschland, Liane Buchholz, mit, die positiven Ergebnisse bestätigten, "dass die öffentlichen Banken auf einer soliden ökonomischen Basis krisenfest aufgestellt sind". Ihre Erwartungen hätten sich in vollem Umfang erfüllt.
Knapp war es lediglich bei der DZ Bank, dem Zentralinstitut von mehr als 900 genossenschaftlichen Banken in Deutschland. Mit 6 Prozent lag die harte Kernkapitalquote der Bank im adversen Szenario des Stresstests nur knapp über den von den Aufsehern geforderten 5,5 Prozent. In dem Szenario wurden ein Konjunktureinbruch, schwankende Marktpreise und deren Auswirkung auf Banken in den Jahren zwischen 2014 und 2016 simuliert. Noch im Sommer hatte sich die DZ Bank 1,5 Milliarden Euro frisches Kapital von ihren Mitgliedsbanken besorgt.
Auch die HSH Nordbank kann sich bei ihren Geldgebern für das Bestehen des Tests bedanken. Ihr kamen im Stresstest die im Juli 2013 von sieben auf zehn Milliarden Euro aufgestockten Garantien der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein zugute. Diese hätten zu dem Resultat "entscheidend beigetragen", hieß es in einer Mitteilung der Landesbank. Die harte Kernkapitalquote betrug nach der Bilanzprüfung 10,0 Prozent zuzüglich 2,3 Prozentpunkte Puffer aus einer Kapitalschutzklausel, die durch das laufende Beihilfeverfahren der Bank vor der EU-Kommission besteht.
Im adversen Stressszenario wurde es für die Landesbank indes trotz der Garantien eng: Hier betrug die harte Kernkapitalquote 6,1 Prozent und lag damit nur wenige Prozentpunkte über den geforderten 5,5 Prozent. Im Zuge der Finanzkrise musste die Landesbank 2008 von den beiden Ländern gerettet werden. Die Bank gilt als weltweit größter Schiffsfinanzierer - nur befindet sich dieser Bereich seit Beginn der Finanzkrise ununterbrochen im Krisenmodus.
Die EZB hatte die Schiffskredite im Rahmen der Bilanzprüfung strenger bewertet, als es die Bafin und die Banken selbst bisher getan hatten. Laut einer Mitteilung der HSH hatten die Bewertungsabschläge auf die diskontierten Cash-Flows der Schiffe "deutlich über denen aller anderen Assetklassen" gelegen.
Zahlreiche Schiffskredite hat auch die NordLB in ihrer Bilanz. Dennoch bestand auch die zweite norddeutsche Landesbank den Stresstest. Bei der Bilanzprüfung und im Basis-Szenario des Stresstests lag die harte Kernkapitalquote der Bank über 10 Prozent. Im adversen Szenario waren es 8,77 Prozent.
Die BayernLB wies auf Basis der Zahlen vom 31.12.2013 in der Bilanzprüfung eine harte Kernkapitalquote von 13,2 Prozent auf und übertraf damit die von der EZB geforderten 8 Prozent. Abzüge aufgrund der Qualität und Werthaltigkeit der Risikoaktiva gab es bei der Landesbank durch die mittlerweile verkaufte Beteiligung an der ungarischen MKB, die aber zum Stichtag noch in der Konzernbilanz enthalten war.
Im Stresstest lag die harte Kernkapitalquote im Basis-Szenario bei 12,4 Prozent, auch hier waren mindestens 8 Prozent gefordert. Im adversen Szenario lag die Quote bei 9,4 Prozent und damit ebenfalls über den in diesem Szenario geforderten 5,5 Prozent.
Auch die Helaba, die LBBW sowie die Berliner Sparkasse, die früher als Landesbank Berlin firmierte, haben die Prüfung bestanden. Die harte Kernkapitalquote der Hypo Real Estate (HRE) war im Basisszenario mit 18,16 Prozent mehr als doppelt so hoch wie die geforderten 8 Prozent. Im adversen Szenario lag sie bei 10,78 Prozent. Auch die Deka Bank, das Wertpapierhaus der Sparkassen, ist mit den Ergebnissen zufrieden. Sie erreichte im adversen Szenario eine harte Eigenkapitalquote von 8,01 Prozent.
Als einzige deutsche Bank erreichte lediglich die Münchener Hypothekenbank zum Stichtag 31.12.2013 nicht die erforderliche harte Kernkapitalquote, sondern nur 6,3 Prozent. Die Kapitallücke von 229,11 Millionen Euro wurde jedoch per 30.9.2014 rechnerisch gedeckt. Dazu hatte der genossenschaftliche Immobilienfinanzierer bei seinen Eigentümern, den Volks- und Raiffeisenbanken sowie anderen genossenschaftliche Instituten, 400 Millionen Euro eingesammelt.
Für die Österreichische Volksbanken-AG (ÖVAG), die sich mitten in einer grundlegenden Restrukturierung befindet, hat der europäische Banken-Stresstest eine Kapitallücke ohne Restrukturierungsmaßnahmen von 865 Millionen Euro ergeben. Im Vorfeld war jedoch bereits bekannt, dass der österreichische Volksbanken-Verbund weiteren Kapitalbedarf haben wird.
Die anderen fünf der sechs geprüften Finanzgruppen aus Österreich haben die Anforderungen erfüllt. Erste Group Bank, Raiffeisen Zentralbank, BAWAG PSK, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG, Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien AG wiesen selbst unter dem schärfsten Stressszenario ausreichende Eigenkapitalpuffer aus.
Die ÖVAG ist das teilstaatliche Spitzeninstitut der österreichischen Volksbanken und wird derzeit de facto abgewickelt. Der Volksbanken-Verbund wird neu geordnet und die ÖVAG geteilt. Diese Neuordnung wurde im Stresstest allerdings nicht berücksichtigt.
Die Zentralorganisations- und Servicefunktionen der ÖVAG sollen künftig an eine regionale Volksbank übertragen werden. Nach der Teilung werden in der Rest-ÖVAG im Wesentlichen jene Assets verbleiben, die nicht dem Kernbereich zugeordnet werden können - die Rest-ÖVAG wird damit quasi eine Bad Bank.
Diese soll im ersten Halbjahr 2015 aus dem Haftungsverbund ausscheiden, die Banklizenz zurückgeben und final abgewickelt werden. Das heißt, die Rest-ÖVAg wird in dem Fall kein Mindestkapital mehr benötigen, wie es für Banken eigentlich vorgeschrieben ist, sondern könnte das gesamte Eigenkapital zur Abwicklung verwenden.
Die ÖVAG musste aufgrund der Verluste des Jahres 2011 im April 2012 teilverstaatlicht werden. Damit einher gingen Auflagen der EU-Kommission und der Republik Österreich, in Zuge derer die ÖVAG dramatisch verkleinert und in ihrer strategischen Ausrichtung neu aufgestellt wurde.
Laut dem österreichischen Finanzministerium haben die heute veröffentlichten Stresstest-Ergebnisse keine Überraschungen gebracht. Sie würden vielmehr belegen, dass der österreichische Bankensektor stabil aufgestellt ist. Dies sei allerdings kein Grund, sich zurückzulehnen. Die bisherigen Anstrengungen müssten fortgesetzt werden, um künftigen Herausforderungen zu begegnen und Österreichs Finanzsektor im internationalen Wettbewerb stabil zu halten, mahnte das Finanzministerium an.
Was die ÖVAG anbelangt, so habe diese bereits vor gut einem Monat ein Lösungskonzept vorgelegt. Wie das Finanzministerium hervorhob, ist dabei entscheidend, dass zur ÖVAG-Restrukturierung kein Steuergeld nötig sein wird. Der Volksbanken-Sektor wiederum könne sich künftig wieder auf sein Kerngeschäft, die Finanzierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen und privaten Haushalten, konzentrieren.