Rohstoffe sind in unserem Alltag allgegenwärtig. So kann allein ein Smartphone oder Tablet-Rechner rund 50 verschiedene Metalle enthalten. Hybridmotoren kommen nicht ohne Lithium und verschiedene Seltenerdmetalle aus. Und Brennstoffzellen für den elektrischen Antrieb mit Wasserstoff benötigen Platin. Kurzum: Viele wichtige Zukunftstechnologien sind von einer Vielzahl von Rohstoffen abhängig. Wichtige Wirtschaftszweige in Europa – wie beispielsweise die Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt und erneuerbare Energien – sind in hohem Maße auf Rohstoffe angewiesen. Und auf der anderen Seite der Medaille ist die Verfügbarkeit von Rohstoffen prinzipiell begrenzt und die Vorkommen sind regional stark konzentriert. Die hohe Konzentration und die hohe Relevanz in den Industrieländern haben zur Konsequenz, dass viele Rohstoffe zum Instrument strategischer Handelspolitik geworden sind.
Es ist keine neue Erkenntnis, dass vor allem die Verfügbarkeit von Rohstoffen sowie die Entwicklungen bei Rohstoffpreisen eminent wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg sowohl von Industrie- als auch von Schwellen- und Entwicklungsländern sind. Ohne die vielfältigen Rohstoffe kann es auch keine Produktion wichtiger Produkte geben. Insbesondere in rohstoffarmen Ländern basiert der Wohlstand auf dem Import von Rohstoffen. Insbesondere bei vielen Hightech-Rohstoffen sind Deutschland und viele weitere Industrieländer praktisch vollständig vom Import abhängig.
Vor allem Braunkohle, Bausande, Quarzsand, Kalk, Kali, Salze, Feld- und Flussspat werden in Deutschland aus der Erde gefördert. Viele andere Rohstoffe, wie Erdöl, Erdgas, Steinkohle sowie Metalle müssen importiert werden. Insgesamt werden rund ein Viertel der Rohstoffe in Deutschland importiert, knapp drei Viertel wird im Inland gefördert.
In den vergangenen Jahren ist der Wettbewerb um Rohstoffe im globalen Kontext deutlich angestiegen. China ist als zusätzlicher Nachfrager und auch Anbieter auf den Märkten aufgetreten. Die direkte Folge war ein Anstieg vieler Rohstoffpreise seit Mitte des letzten Jahrzehnts. Dies galt vor allem für Edelmetalle sowie Kobalt, Wolfram, Tantal und Seltenerdmetalle wie Yttrium oder Neodym sowie Spezialmetalle wie Niob oder Indium. Begleitet wurde die steigende Nachfrage in China durch eine Strategie der Rohstoffsicherung, die vor allem durch Exportbeschränkungen für eigene Rohstoffe und die Erschließung diverse Rohstoffvorkommen begleitet wurde.
Zusammenhang zwischen Rohstoffmärkten und Innovation
Basierend auf einer repräsentativen Umfrage, die von der Commerzbank vor einigen Jahren durchgeführt wurde, fürchten knapp die Hälfte der mittelständischen Unternehmen, dass der global steigende Ressourcenbedarf zu Rückgängen in der wirtschaftlichen Gesamtleistung oder sogar zu Schwierigkeiten für den Standort Deutschland führen wird. Anlass zur Sorge geben vor allem die nur schwer zu kalkulierenden globalen Risiken. Hierzu zählen die mittelständischen Unternehmen vor allem Finanzspekulation an den Rohstoffmärkten, globales Wachstum und instabile politische Verhältnisse in rohstoffreichen Ländern.
Befragt nach den Folgen der Verknappung von Ressourcen gab über die Hälfte der befragten Mittelständler an, dass die schwieriger werdende Energie- und Ressourcenversorgung Innovationen erzwingt. Die befragten Unternehmen zeigen damit recht deutlich auf, dass sie auch die Chancen der Verknappung erkennen. Nur eine Minderheit von weniger als einem Fünftel fürchtet, dass der technische Fortschritt gebremst werden könnte. Gleichzeitig hat der Mittelstand aber auch die Risiken im Blick. Rund die Hälfte der Unternehmen erwartet unsicherere und schwerer kalkulierbare Geschäfte und eine dauerhafte Belastung der Profitabilität. Insgesamt bereiten teurere Rohstoffe den mittelständischen Unternehmen mehr Sorgen als steigende Energiepreise. Mehr als drei Viertel aller befragten Unternehmen quer durch alle Branchen beziehen Rohstoffe oder rohstoffintensive Vorprodukte. Bei 60 Prozent dieser Unternehmen machen Rohstoffkosten zehn oder mehr Prozent aller Kosten aus. Angesichts solch hoher Werte verwundert es nicht, dass sich die aktuellen Entwicklungen an den Rohstoffmärkten spürbar in den Bilanzen niederschlagen: Bei zwei Dritteln der Unternehmen wirken sich steigende Rohstoffpreise derzeit negativ auf die Geschäfte aus. Dass die Rohstoffpreise steigen, ist das eine Problem. Fast genauso nachteilig wirkt sich die Volatilität der Rohstoffpreise aus – die Hälfte der befragten Unternehmen klagt über schwer kalkulierbare Preise, die ihnen Schwierigkeiten in der Planung bereiten.
Über die Kritikalität von Rohstoffen wurden in den vergangenen Jahren eine Reihe von Studien veröffentlicht. In einem komprimierten Bild besteht weitestgehend Konsens über eine hohe Risikorelevanz der folgenden Rohstoffe: Niob, Palladium, Seltene Erden, Wolfram, Antimon, Germanium, Zinn, Gallium, Bismut, Rhodium, Indium, Kobalt, Platin und Magnesit. Einzelne Untersuchungen bewerten ergänzend die folgenden Rohstoffe als kritisch: Graphit, Magnesium, Fluorit, Chrom, Beryllium und Rhenium.
Liste kritischer Rohstoffe
Erst vor wenigen Tagen hat die Europäische Kommission eine überarbeitete Liste kritischer Rohstoffe veröffentlicht. Die aktualisierte Liste umfasst 13 der 14 Stoffe aus einer veröffentlichten Liste aus dem Jahr 2011. So wurde Tantal aufgrund eines geringeren Versorgungsrisikos aus der Liste herausgenommen. Außerdem sind sechs neue Rohstoffe hinzugekommen, nämlich Borate, Chrom, Kokskohle, Magnesit, Phosphatgestein und Silicium. Die Zahl der von der Europäischen Kommission als kritisch eingestuften Rohstoffe liegt also nunmehr bei 20. Bei den anderen 14 Rohstoffen handelt es sich um: Antimon, Beryllium, Flussspat, Gallium, Germanium, Graphit, Indium, Kobalt, Magnesium, Niob, Metalle der Platingruppe, schwere seltene Erden, leichte seltene Erden und Wolfram.
Nach Ansicht der Europäischen Kommission soll die Liste dabei helfen, einen Anreiz für die Erzeugung kritischer Rohstoffe in Europa zu schaffen und die Aufnahme neuer Abbau- und Recyclingtätigkeiten zu fördern. Darüber hinaus wird die Liste dazu verwendet, den vorrangigen Bedarf und entsprechende Maßnahmen zu ermitteln – damit handelt es sich um ein Instrument eines präventiven Rohstoff-Risikomanagements. So kann die EU-Kommission sich beispielsweise auf sie stützen, wenn sie Handelsabkommen aushandelt, gegen handelsverzerrende Maßnahmen vorgeht oder Forschung und Innovation fördern will. Auch für Unternehmen, die besser einschätzen möchten, ob ihre eigene Versorgung mit Rohstoffen als kritisch einzustufen ist, kann sie als Informationsquelle für das eigene Risikomanagement dienen.
Rohstoffe werden dann als kritisch bezeichnet, wenn das mit ihnen verbundene hohe Versorgungsrisiko in erster Linie darauf zurückzuführen ist, dass sich die weltweite Produktion zum großen Teil in wenigen Ländern konzentriert. In vielen Fällen kommt noch hinzu, dass sich der Rohstoff nur schwer ersetzen lässt und seine Recyclingquote gering ist. Bei der Einschätzung, ob ein Rohstoff kritisch ist, werden im Wesentlichen zwei Parameter berücksichtigt: seine wirtschaftliche Bedeutung und das Versorgungsrisiko. Die wirtschaftliche Bedeutung wird danach beurteilt, in welchem Umfang die einzelnen Stoffe in bedeutenden Industriezweigen auf Ebene der Europäischen Union eingesetzt werden.
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