9. Fachtagung Corporate RiskManagement der Schleupen AG


Bereits zum neunten Mal veranstaltete die Schleupen AG ihre Fachtagung „Corporate RiskManagement“. Die bemerkenswerte Resonanz (im Frankfurter Interconti-Hotel hatten sich annähernd 70 Teilnehmer versammelt) belegt, dass sich diese Veranstaltung inzwischen als feste Größe in der deutschen Risikomanagement-Community etabliert hat.

Nach der Begrüßung durch Arno Petzoldt (Schleupen AG) stellten Stephan Chrobok und Christian Buechler (Ernst &  Young AG) eine repräsentative Studie zum Stand des Risikomanagements in deutschen Unternehmen vor. Als wesentliches Ergebnis der Untersuchung lässt sich festhalten, dass die Potenziale des Risikomanagements vielfach noch nicht ausreichend genutzt werden. Vielmehr sind die Risikomanagement-Systeme häufig viel zu sehr an der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben orientiert, während die Einbindung in die wertorientierte Unternehmensführung, die Berücksichtigung von Chancenaspekten oder die Förderung der Risiko-Kultur noch als stark verbesserungswürdig angesehen werden müssen.

Als zweiter Referent beschrieb Dr. Roland Franz Erben (Risk Management Association e. V.) wichtige Standards und Normen im Bereich des Risikomanagements. Er betonte, dass von Standards wie der ON-Regel 49000 ff., dem australisch-neuseeländischen Standard AS/NZS 4360 oder dem „Enterprise Risk Management Integrated Framework“ der COSO wichtige Impulse für die Entwicklung des eigenen Risikomanagements ausgehen können. Allerdings weisen die einzelnen Regelwerke jeweils ganz spezifischen Stärken und Schwächen auf, so dass eine 1:1-Übertragung in aller Regel nicht möglich sei. Auch die Risk Management Association e. V. arbeite derzeit an einem eigenen Standard-Entwurf, der die Vorteile der bereits existierenden Normen in sich vereinen soll.

Nach der Kaffeepause stellte Gerhard Kohlenz (Grammer AG) den Risikomanagement-Ansatz seines Hauses dar. Als Besonderheit sind beim Sitzhersteller Grammer Risikomanagement und Revision in einer organisatorischen Einheit gebündelt. Laut Herrn Kohlenz hat sein Unternehmen mit dieser Organisationsform bisher durchaus positive Erfahrungen gemacht. Zwar weise das System aufgrund dieses Ansatzes einen stärkeren „Muss-Charakter“ auf und schüre bisweilen auch die Verlustängste anderer Abteilungen (wie etwa des Controlling). Allerdings ergeben sich durch die enge Verzahnung von Risikomanagement und Revision erhebliche Vorteile aufgrund der „kurzen Wege“ und ein größerer Nachdruck, die erkannten Risiken auch tatsächlich zu steuern.

Abgeschlossen wurde der Vormittag von einem Vortrag von Wolfgang M Frontzek (Wilo AG), der die Implementierung eines Risikomanagement-Prozesses in seinem Unternehmen aufzeigte. Der traditionsreiche Konzern mit den Geschäftsfeldern Heizungs-, Kälte-, Klimatechnik  sowie Wasserver- und -entsorgung sieht im Risikomanagement mehr als nur die Erfüllung einer gesetzlichen Pflichtübung. Als wesentliche Erfolgsfaktoren nannte Herr Frontzek in diesem Zusammenhang u. a. die aktive Beteiligung der Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen und die reibungslose Integration des Risikomanagements in die bestehenden Unternehmensprozesse.

Im Anschluss an die Mittagspause gab Ulrich Palmer (Schleupen AG)  einen Überblick der aktuellen Projekte in seinem Hause. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund aktueller gesetzlicher Entwicklungen (wobei hier v. a. das Bilanzrechtsreformgesetz zu nennen ist) wird eine integrierte Sicht der Risiken und Chancen immer wichtiger. Anhand des Schleupen RMIS R2C Risk to Chance demonstrierte Palmer, wie die Chancenperspektive als „andere Seite der Medaille“ in ein Risikomanagementsystem integriert werden kann. Weitere Schwerpunkte seines Vortrags betrafen die Verzahnung von Unternehmens- und Projektrisikomanagement sowie bei der Implementierung eines risikoorientierten Prüfungsansatzes durch die interne Revision. Palmer betonte, dass sich die Sichtweisen von Risikomanagern (mehrdimensional quantitativ) und Revision (eindimensional qualitativ) häufig stark unterscheiden und eine Zusammenführung der unterschiedlichen Sichtweisen eigentlich nur auf der Ebene der Unternehmensprozesse erfolgen kann. Zudem ist ein Abgleich der verwendeten Systeme erforderlich.

Dem Themenkomplex „quantitative Risiko-Bewertung“ widmete sich Adrian K. Flückiger (Swisscom AG). Als wesentliche Gründe für eine möglichst weit reichende Quantifizierung von Risiken nannte er hierbei u. a. die Tatsache, dass erst die zahlenbasierte Bewertung die unterschiedlichen Risiken priorisierbar und aggregierbar mache. Auch Veränderungen der Risiko-Landschaft lassen sich umso besser feststellen, je genauer die quantitative Bewertung erfolgt. Schließlich ist die umfassenden Risiko-Bewertung auch eine unverzichtbare Voraussetzung für die Entwicklungen für Szenarien und Plausibilitätschecks (etwa um Fragen zu beantworten wie: „Ist unsere Risiko-Bewertung im Hinblick auf den geplanten EBIT plausibel?“ oder „Stehen höheren Risiken auch entsprechend höhere Erträge gegenüber?“). Nach Ansicht von Flückiger stellt die Bewertung von Risiken mit „harten Zahlen“ somit ein wichtiges Fundament im Rahmen der wertorientierten Unternehmensführung dar. Nach Darstellung der unterschiedlichen Möglichkeiten zur Risiko-Quantifizierung (Szenariobasierte Bewertung von Einzelrisiken und Risiko-Aggregation mit Hilfe der Monte-Carlo-Simulation) wurde auch vor den Fallen der quantitativen Risiko-Bewertung gewarnt. Konkret sprach Flückiger hierbei u. a. die oftmals unzureichende Berücksichtigung von Korrelationen und unterschiedlichen Verteilungsfunktionen an. Zudem bestehe die Gefahr, dass die (scheinbar) exakte Bewertung von Risiken zu einer ungerechtfertigten Modellgläubigkeit des Managements führe.

Abgeschlossen wurde die Fachtagung mit einem Vortrag von Dr. Peter Hager (ccfb – Prof. Wiedemann Consulting GmbH & Co. KG) zum Thema „Steuerung von Marktpreischancen“. Dr. Hager machte klar, wie mit Hilfe von dynamischen Ansätzen wie der Cash-Flow-/Earnings-at-Risk-Methode eine Verknüpfung zwischen der Entwicklungen auf den Absatz-, Beschaffungs- oder Devisenmärkten und dem Unternehmenserfolg hergestellt werden kann. Anhand eines Beispiels zeigte er anschaulich, wie sich unterschiedliche Strategien zur Absicherungsstrategien auf das erwartete Unternehmensergebnis auswirken. In diesem Zusammenhang wurde sehr schnell deutlich, dass in der Regel nicht alle Handlungsalternativen gleichermaßen effizient sind, da einige die Risiken u. U. zwar stark reduzieren, damit aber auch die Chancen unverhältnismäßig stark einschränken. Das Problem einer Maßnahmenkombination für ein optimales Hedging ist somit keineswegs trivial, kann aber mit Hilfe entsprechender Simulationstools befriedigend gelöst werden.

Insgesamt vermittelte auch die 9. Fachtagung Corporate RiskManagement einen sehr guten Überblick über Stand und Entwicklungstendenzen des Risikomanagements. Als bemerkenswert kann hierbei insbesondere der Trend bezeichnet werden, dass das Risikomanagement mehr und mehr als integriertes Instrument zur Sicherung und Steigerung des Unternehmenswertes gesehen und eingesetzt wird. Positiv ist außerdem zu vermerken, dass trotz der relativ großen Teilnehmerzahl immer wieder intensive Diskussionen zwischen Referenten und Teilnehmern bzw. innerhalb des Auditoriums entstanden.

 

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